Rede von Helge Limburg Zu Protokoll: Digitale Verkündung von Gesetzen

22.09.2022

Helge Limburg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was in anderen Ländern und beim Amtsblatt der Europäischen Union längst kein Wort mehr wert ist, was das Saarland bereits 2008 als erstes Bundesland eingeführt hat, kommt nun endlich auch auf Bundesebene an. Die Koalition legt mit dem Gesetz zur Modernisierung des Verkündungs- und Bekanntmachungswesens einen Vorschlag vor, um die Ergebnisse unserer Arbeit hier im Bundestag künftig nicht mehr auf toten Bäumen durch das Land zu verschicken. Fast 175 Jahre nach der ersten Veröffentlichung des Reichsgesetzblattes der Frankfurter Nationalversammlung bricht dies mit einer in Deutschland offenbar liebgewonnenen Tradition.

Natürlich nutzen die allermeisten Menschen schon längst die Möglichkeiten im Internet, das Bundesgesetzblatt einzusehen. Vermutlich wissen sogar viele gar nicht, wo sie überhaupt eine gedruckte Fassung bekommen könnten. Der unentgeltliche Bürgerzugang bietet bislang aber kaum Funktionen. Wer ernsthaft mit dem Gesetzblatt arbeiten will, muss – jedenfalls offiziell – dafür bei einem privaten Verlag bezahlen. Die Ressourcen für den Druck des Bundesgesetzblattes sind also einerseits verschwendet, gleichzeitig müssen die Bürger/-innen für die offensichtlich beliebtere und zugänglichere digitale Fassung bezahlen. Das digitale Bundesgesetzblatt steht also exemplarisch für ein No-Brainer-Projekt, das enorme Vorteile und überhaupt keine Nachteile hat.

Damit dieses Projekt auch ein Erfolg wird, dürfen wir aber nicht einfach nur ein PDF-Dokument ins Internet stellen. Wir wollen kein Gesetz, das den Weg des geringsten Widerstands geht, sondern ein gutes digitales Angebot für alle Interessierten in diesem Land. Es ist daher wichtig, dass die Veröffentlichungen Linked-Open-Data-Standards genügen. Die Gesetze müssen in einem maschinenlesbaren Format zur Verfügung gestellt werden, damit Unternehmen, NGOs und Wissenschaftler/-innen mit den Daten arbeiten können.

Es ist bezeichnend, dass die Vorgängerregierung über Jahre vom Neuland gesprochen hat, als wäre die Digitalisierung eine ferne Zukunft, die es irgendwann zu entdecken gilt. Erst nachdem sich die Open Knowledge Foundation 2018 über die Sperren des privaten Verlags öffentlichkeitswirksam hinweggesetzt und das Bundesgesetzblatt für jede und jeden frei verfügbar gemacht hat, fiel es der GroKo offenbar wie Schuppen von den Augen. Für eine Umsetzung innerhalb der letzten drei Jahre der Legislatur war die Zeit dann aber offenbar zu knapp oder die Priorität zu gering. Stattdessen ist alles, was von der Union bisher kommt, die Frage, welche Gegenleistung sie für ihre Zustimmung zur Verfassungsänderung erwarten könne.

Im Koalitionsvertrag heißt es nicht ohne Grund, dass sich ein digitaler Staat an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürgern ausrichten muss. In einem modernen Staat muss das Gesetzblatt selbstverständlich umfassend, kostenlos und digital zur Verfügung stehen, um damit Transparenz und politische Teilhabe zu schaffen.