Rede von Anja Liebert Zu Protokoll: Erneuerbare Energien im Städtebaurecht

01.12.2022

Anja Liebert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit der Gesetzesnovelle „zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht“ haben wir als Ampelkoalition in kurzer Zeit viel erreicht. Einige Hürden für den Ausbau der erneuerbaren Energien, im Bereich Wind- und Solarenergie und der Wasserstoffproduktion und Stromspeicherung, wurden genommen.

Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von SPD und FDP haben wir schnell, fair und konzentriert an dem Gesetzentwurf gearbeitet – an dieser Stelle mein herzlicher Dank für die gute Zusammenarbeit. Mit einem Beschluss heute können wir daher einen deutlichen Schub für die erneuerbaren Energien erzielen.

Um eine Beschleunigung hin zum 2-Prozent-Flächenziel pro Bundesland beim Ausbau der Windenergie zu erreichen, geben wir mit einer Verordnungsermächtigung den braunkohlefördernden Ländern die Möglichkeit, die Braunkohletagebauflächen für erneuerbare Energien zu öffnen. Die Rekultivierungspläne dieser Tagebauflächen finden weiterhin ihre Berücksichtigung. Somit haben wir für beides gesorgt: den Ausbau der Erneuerbaren und die Berücksichtigung der Arten- und Naturschutzbelange. Das ist ein doppelter Beitrag zum Klimaschutz. Die Tagebauflächen sind zudem konfliktarme Flächen und schnell verfügbar.

Im Rahmen der Diskussion des Gesetzentwurfes haben wir für die Privilegierung von Freiflächenphotovoltaik noch weitere Flächen hinzugefügt, und zwar entlang der Autobahnen und Schienenwege des übergeordneten Netzes mit mindestens zwei Hauptgleisen. Diese PV-Flächen können sich auf bis zu 200 Metern Entfernung erstrecken, gemessen vom Rand der Fahrbahn. Bei einer Bauverbotszone von 40 Metern Entfernung zum Fahrbahnrand bleiben dann privilegierte Flächen von 160 Metern Breite für PV übrig. Welch enormes Flächenpotenzial für erneuerbare Energien haben wir hier in die Wege geleitet!

Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Akzeptanz von Windenergieanlagen ist die Frage, welche Entfernungen zu bebauten Gebieten gelten. Wir haben daher für die sogenannte „optisch bedrängende Wirkung“ von Windenergieanlagen eine dringend benötigte Klarstellung geschaffen. Als Abstand zu Wohnbauten wurde 2 H festgelegt. Das bedeutet, der Abstand zwischen Windrad und Wohnbauten muss mindestens die zweifache Höhe des Windrads betragen. Damit ist eine „atmende“ Abstandsregelung geschaffen, die sich dynamisch der Höhenentwicklung von Windrädern anpasst, nicht immer wieder neu festgelegt werden muss und neben der ohnehin bestehenden 600-Meter-Abstandsvorgabe aus dem Immissionsschutzgesetz einen ausreichenden Schutz für das Wohngebiet darstellt. Zudem wird der Ausbau von Windenergie nicht gefährdet, was bei einer größeren Abstandsregelung nach Meinung vieler Expertinnen und Experten der Fall wäre!

Auch hinsichtlich der Flächenbeitragswerte pro Bundesland zum Ausbau der Windenergie gibt es nun zur Anrechenbarkeit der ausgewiesenen Tagebauflächen eine klare Ansage: Der Anrechnungsfaktor von 0,5 wurde bestätigt, wodurch der Anreiz für die Länder, die Tagebauflächen mit erneuerbaren Energien zu entwickeln, gegeben ist, jedoch auch sichergestellt wird, dass in anderen Regionen die Windenergie ausgebaut wird!

Der zweite wesentliche Baustein des § 249a BauGB ist die „Sonderregelung für Vorhaben zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien“. Die Regierungskoalition sorgt ganz technologieoffen dafür, dass die Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik noch besser genutzt werden kann. Wenn Wind- oder PV-Anlagen bisher „abgeriegelt“ werden mussten, weil zu viel Strom gleichzeitig produziert wurde oder die Einspeisung in das Stromnetz nicht rentabel war, kann der Strom durch Elektrolyseure in Wasserstoff umgewandelt und vor Ort gespeichert werden.

So kommen wir dem Ziel näher, den Wasserstoff für den industriellen Verbrauch oder der Wiedereinspeisung in das Stromnetz verfügbar zu machen. Es handelt sich hierbei um Grünen Wasserstoff, da durch technische Vorkehrungen und Direktleitung sichergestellt wird, dass der Strom für die Wasserstoffanlage aus der Windkraft und PV direkt von nebenan kommt.

Die Wasserstoffanlage ist als Nebenanlage zu verstehen. In ihrer Anlagengröße ist diese begrenzt auf 100 Quadratmeter Grundflächen und 3,5 Meter Höhe, um sicherzustellen, dass diese zum einen klein genug ist, dass es zu keiner Netzüberlastung und ‑engpässen kommen kann und die Zersiedelung im Außenraum vermieden wird. Zum anderen ist die Anlage von ihrer Größe leistungsstark genug, um deren Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten.

Diese kleine Änderung des Baugesetzbuches kann Großes bewirken: Beschleunigung, Privilegierung und somit ein starkes Angebot zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Gemeinsam mit den Ländern können wir so einen wichtigen Beitrag leisten, um uns schneller unabhängig von fossilen Energien zu machen. Daher freue ich mich auf breite Unterstützung.