Rede von Katharina Beck Fristenballung bei steuerberatenden Berufen (zu Protokoll)

17.03.2022

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die CDU hat mit Ihrem Antrag ein wichtiges Thema aufgerufen: Hinter dem vielleicht etwas sperrig wirkenden Titel „Fristenballung bei steuerberatenden Berufen auflösen“ verbirgt sich eine zeitliche Entlastung, die nicht nur die knapp 90 000 Steuerberater/-innen in Deutschland betrifft. Sie verspricht auch eine Erleichterung für die vielen (Solo-)Selbstständigen und Unternehmen. Von den knapp 4 Millionen gestellten Anträgen seit Beginn der Pandemie waren seit Juni 2020 circa 1,8 Millionen Anträge verpflichtend mit Unterstützung durch Steuerberatung zu stellen.

Grundsätzlich finde ich das Anliegen dieses Antrags sehr gut. Denn es ist tatsächlich so: Durch die Coronahilfen entsteht deutlich mehr Arbeitsaufwand. Diese Anträge sind zeitaufwendig. Die Bedingungen der Hilfen sind je nach Programm zum Beispiel für Novemberhilfe, Ü1 oder Ü4 unterschiedlich; jeder Einzelfall bedarf einer individuellen Prüfung, und mit einer Antragseinreichung allein ist es nicht getan. Wirkliche Beratung gehört dazu, teilweise komplizierte IT. Auch die Abwicklung und Beratung von und zu teilweisen Rückforderungen nehmen schon jetzt viel Zeit in Anspruch. Jetzt die Fristen für die Abgabe von Steuererklärungen weiter zu verlängern, ist einfach sinnvoll.

Der Antrag der CDU/CSU ist aber nicht umfassend genug. Anders als im Unionsantrag haben wir in der Ampel im von uns vorgeschlagenen 4. Corona-Steuerhilfegesetz drei Punkte besser ausgearbeitet:

Erstens. Wir sehen nicht nur kurzfristig für das Besteuerungsjahr 2020 weitere Fristverlängerungen vor – wie es die Union vorschlägt –, sondern wir verlängern die Fristen auch für die Besteuerungsjahre 2021 und 2022. In den Folgejahren erfolgt dann die Rückführung zum Normalzustand der Fristen sukzessive. Durch diese mehrjährige Entzerrung der Fristen verhindern wir einen erneuten Stau von Arbeit im kommenden Jahr. Wir entspannen dadurch die Lage und ermöglichen auch bis ins Jahr 2024 hinein nun Planungssicherheit.

Zweitens. Vorausschauende Politik – das ist aus meiner Sicht gute Politik.

Drittens. Wir verlängern nicht nur, wie von der Union vorgeschlagen, die Fristen für die beratenen Steuerpflichtigen, sondern auch für diejenigen, die keine Steuerberatung in Anspruch nehmen. Auch diese Personen sind auf diverse Weise, und sei es durch vermehrte Kinderbetreuung, zu Hause, ebenfalls durch die Coronapandemie weiterhin belastet, und auch hier entlastet eine Entzerrung der Fristen das Leben. Mir ist es ein Herzensanliegen, Politik, wo es geht, für alle und nicht nur für ausgewählte Gruppen zu machen. Und das ist hier unser Ansatz als Ampel.

Viertens. Zudem beinhaltet unser Regierungsentwurf im Gegensatz zum Unionsantrag auch eine Anpassung der zinsfreien Karenzzeit für nachträgliche Vorauszahlungen. Das bedeutet, auch hier bieten wir eine Entlastung an, indem durch die Verzögerungen im Ablauf der Bearbeitung von Steuererklärungen dann nicht auch noch Zinsen auf möglicherweise verspätete Nachzahlungen gezahlt werden müssen. Im Jahr 2020 verlängern wir die Karenzzeit um sechs Monate, 2021 um vier und 2022 um zwei Monate. Auch hier gehen wir also den klugen Weg der vorausschauenden Politik mit einer planbaren Abschmelzung der Fristverlängerungen.

Die Coronapandemie stellt die Angehörigen der steuerberatenden Berufe und ihre vielen Klientinnen und Klienten weiterhin vor große Herausforderungen. Steuerberater/-innen unterstützen Unternehmer/-innen nicht nur bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten, sondern auch bei der Beantragung und gegebenenfalls Bearbeitung von Rückzahlungsforderungen von staatlichen Coronahilfsleistungen.

Es ist gut, die Fristenballung bei der Steuererklärung weiter zu entzerren. Es ist noch besser, dies auch vorausschauend und handwerklich umfassend zu tun. So wie wir es als Ampel machen. Im Gegensatz dazu kann der zu kurz greifende Antrag der Union hier heute guten Gewissens abgelehnt werden.