Rede von Maria Klein-Schmeink Zu Protokoll: Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

20.04.2023

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Innerhalb eines gerechten und solidarischen Absicherungssystems, das alle Bürger/-innen und alle Einkünfte umfasst, wäre es durchaus denkbar, einen sehr niedrigen Mindestbeitrag prozentual zum Einkommen zu haben.

Mit einer Bürgerversicherung wären alle in die Solidarität einbezogen. Der Webfehler heute ist es, dass ausgerechnet die Gutverdienenden nicht in die Solidarität der gesetzlich Versicherten einbezogen sind. Folge des Nebeneinanders von gesetzlich und privat Versicherten ist, dass Schutzmechanismen eingezogen wurden, um die Versichertengemeinschaft in ihrer Solidarität nicht zu überfordern.

Das Leistungsversprechen der GKV ist umfassend; es ist ein gesetzlicher Anspruch auf umfassende, bedarfsgerechte Leistungen auf dem aktuellen Stand der medizinischen Entwicklung – unabhängig davon, wie viel ich einzahle. Kinder und nicht erwerbstätige Partner sind beitragsfrei versichert.

Eine Absenkung der Mindestbemessungsgrenze bedeutet höhere Kosten für die GKV. Im derzeitigen System leiden unter höheren Kosten zuverlässig immer diejenigen am stärksten, die wenig verdienen. Darum müsste eine solche Regelung durch die Einbeziehung aller bzw. durch einen fairen Ausgleich zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung flankiert werden. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben sollten gar nicht durch die Solidargemeinschaft finanziert werden, sondern durch die Allgemeinheit, sprich: durch Steuern.

Sicher, man könnte argumentieren, am allerwenigsten verdienen Geringverdiener/-innen wie Minijobber, wenn sie nichts anderes haben als den Minijob, oder kleine Soloselbständige. Aber das sind nicht existenzsichernde Arbeitsverhältnisse. Im Vordergrund sollten zur Absicherung von Geringverdienerinnen und Geringverdienern deshalb ganz andere Maßnahmen stehen, allen voran die existenzsichernde Entlohnung. Auch kleine Selbständigkeit braucht existenzsichernde Entgelte. Regelhaft prekäre Kleinselbstständigkeiten und Arbeitsverhältnisse am Rande des Existenzminimums oder darunter dürfen nicht durch gutgemeinte und vermeintliche Entlastungen gefördert werden.

Es darf keinen Wettbewerb nach unten geben. Wir sollten die Instrumente für existenzsichernde Arbeitsverhältnisse und die solidarische Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung durch alle Bürger/-innen ausbauen, statt die Fundamente der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung weiter aufzulösen, ohne dass die Betroffenen davon wirklich profitieren.