Rede von Nyke Slawik zu Protokoll: Lärmschutz an Bundesstraßen

19.05.2022

Nyke Slawik (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Desaster um die Rahmedetalbrücke ist die Konsequenz einer jahrelangen, verfehlten Verkehrspolitik der Union. Die hat im Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer und den Vorgängern Hunderte neue Autobahnprojekte wie Ausbauten und Erweiterungen vorangetrieben. Die Sanierung des bestehenden Straßennetzes ist dabei unter die Räder geraten. Das dicke Ende kommt gerade erst. Die Rahmedetalbrücke ist eine von Hunderten Brücken in Deutschland, die extrem marode ist.

Tausende von Autofahrer/-innen, die diese Strecke täglich genutzt haben, aber auch der Güterverkehr, sind nun von der Sperrung der Brücke betroffen. Anwohnende an Umleitungsstrecken leiden enorm unter den gestiegenen Lärm- und den Schadstoffbelastungen, so unter anderem die Menschen in Lüdenscheid, wo ein unerträglicher Stop-and-go-Verkehr von Lkw Tag und Nacht die Menschen leiden lässt.

Dieser Lärm ist gesundheitsschädlich und gefährlich; deswegen müssen wir als Regierungskoalition etwas dagegen tun. Der Bund ist hier in der Pflicht, weil die A 45 eine Bundesfernstraße ist. Und deswegen ist es richtig, dass wir nun für Anwohnende von Umleitungsstrecken, die unter der dem Umleitungsverkehr in ihren Ortschaften leiden, einen Erstattungsanspruch einführen. Durch die vorliegende Gesetzesänderung können Anwohnende sich nun bald Lärmschutzmaßnahmen wie schalldämmende Fenster erstatten lassen. Das ist gut und richtig so.

Als Grüne unterstützen wir diese Maßnahme des Verkehrsministeriums ausdrücklich. Allerdings muss ich auch auf einige Probleme hinweisen, die von den anderen Fraktionen nicht ausreichend adressiert werden. Ich sprach vorhin bereits von den Hunderten maroden Autobahnbrücken. Hier braucht es eine viel deutlichere Richtungsentscheidung, dass wir Schluss machen mit ausufernden Neubau- und Ausbauprojekten von Autobahnen in Deutschland. Lassen Sie mich da auf die 850 km geplante neue Autobahn im Bundesverkehrswegeplan bis 2030 hinweisen. Wichtig ist doch, dass wir endlich die bestehende Infrastruktur in Deutschland vernünftig instand setzen. Sonst passiert das, was gerade im Rahmedetal und in Lüdenscheid die Anwohnenden, aber auch die lokale Wirtschaft verzweifeln lässt. Wir dürfen es nicht zulassen, dass weiter bestehende Straßen gesperrt werden, weil sie marode sind, und andernorts Wälder gerodet werden oder Häuser abgerissen werden, weil man eine neue Autobahn bauen will. Das ist doch irre. Lassen Sie uns doch erst mal erhalten, was wir bereits haben. Deshalb: Erhalt vor Neubau!

Und dann noch ein paar Sätze zum Lärmschutz: Passiver Lärmschutz wie schalldämmende Fenster sind toll. Sie schützen aber Anwohnende nur im Innenbereich. Wer auf dem Balkon oder im eigenen Garten sitzt, ist weiterhin massivem Lärm ausgesetzt. Da müsste eigentlich noch nachgelegt werden; denn auch im Außenbereich verdienen Anwohnende Schutz vor Lärm.

Daher führt kein Weg am aktiven Lärmschutz vorbei. Dafür sollten geeignete Maßnahmen wie Temporeduzierungen geprüft werden oder Maßnahmen, die den Verkehr aktiv reduzieren. Das würde nicht nur den Lärm für Anwohnende reduzieren, es wäre auch eine aktive Maßnahme für bessere Luft in der Region und für mehr Klimaschutz. Also lassen Sie uns daran arbeiten, dass wir Lärmschutz nicht nur mit schalldämmenden Fenstern verbinden, sondern auch an den Ursachen des Lärms, dem Verkehr an sich, arbeiten.