Rede von Canan Bayram Zu Protokoll: Mindeststrafen bei Besitz kinderpornografischer Inhalte

16.05.2024

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Der Gesetzesentwurf, den wir heute beschließen wollen, ist eine Korrektur einer Gesetzesänderung von 2021. Die Große Koalition hatte § 184b StGB zum Verbrechenstatbestand mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe hochgestuft. Schon damals wurde dieser Schritt von Sachverständigen aus der Justiz kritisiert. Dadurch wurde eine Einstellung der Verfahren verunmöglicht. Das Ergebnis sind Fälle wie der von der Mutter aus Hannover, die wegen Verbreitung kinderpornografischer Inhalte verurteilt wurde, weil ihre Tochter entsprechendes Material auf ihr Handy gesendet bekommen hatte und die Mutter daraufhin eine Lehrerin konsultierte. Klar ist, dass Fälle wie dieser nicht strafwürdig sind, weil die Mutter nicht mit krimineller Energie handelte, sondern so, wie wohl jede Mutter in so einer Situation gehandelt hätte.

Wie aus der Justiz gefordert, senken wir die Mindestfreiheitsstrafen deswegen wieder ab. Verfahren nach § 184b StGB als Vergehen können somit wieder durch die Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Das erhöhte Höchstmaß von zehn Jahren bleibt hingegen bestehen, sodass eine tat- und schuldangemessene Bestrafung weiterhin möglich ist.

Eine Alternative wäre das Einführen eines minderschweren Falls. Die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU schlagen vor, den Strafrahmen nicht herunterzusetzen. Stattdessen sollen verschiedene Tatbestandsalternativen eingefügt werden. Es soll eine gesetzliche Regelung in Form einer Privilegierung auf Tatbestandsebene für die drei in der Praxis aufgetretenen Problemfälle geschaffen werden, nämlich für die sogenannten Eltern- oder Warnfälle, für die Taten von Jugendlichen und für niederschwellige Fälle. Dies würde jedoch zu einer Ausuferung führen. Die aufgezählten Fälle kommen aus der Praxis. Und die Praxis wird noch weitere Fälle hervorbringen, die wir heute noch nicht bedenken können, die dann wieder nicht erfasst sein werden. Man müsste den Tatbestand ständig nachjustieren.

Unsere Justiz braucht jedoch rechtssichere Regelungen. Und deswegen ist der richtige Weg, die Mindeststrafe abzusenken und somit zu erreichen, dass Verfahren eingestellt werden können gemäß §§ 153, 153a StPO. Und ja, dies setzt selbstverständlich voraus, dass vorher ermittelt wurde. Wir geben der Justiz somit ein Instrument an die Hand, welches flexibel auf alle Fälle anwendbar ist – mit dem Ziel, aufzuklären und anzuklagen. Sie sehen: Der Gesetzesentwurf schafft Rechtssicherheit und Rechtsfrieden.

Klar ist, dass das Verbreiten von Missbrauchsabbildungen effektiv verfolgt werden muss. Dabei unterstützen wir Justiz und Strafverfolgungsbehörden, indem wir sie da entlasten, wo kein strafwürdiges Verhalten vorliegt. Besorgte Eltern und Pädagoginnen und Pädagogen und auch die Jugendlichen selbst sind nicht diejenigen, die wir bestrafen wollen. Die Unionsfraktion ist eingeladen, gemeinsam mit uns ihr misslungenes Gesetz von 2021 zu korrigieren.