Rede von Frank Bsirske Zu Protokoll: Sozialversicherung

01.12.2022

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der aus 34 Artikeln bestehende Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg in Richtung eines digitalisierten Sozialversicherungssystems. Ziel dieser gesetzlichen Veränderungen ist es, bestehende Verfahren der Sozialversicherung weiterzuentwickeln und neue Verfahren im Sinne der Digitalisierung und Entbürokratisierung voranzutreiben. Hierfür sollen elektronische Meldewege ausgestaltet und optimiert werden.

Die Veränderungen verbessern nicht nur den Datenaustausch zwischen den Sozialversicherungsträgern, sie justieren auch zahlreiche Datenübermittlungsverfahren zwischen Arbeitgebern und den Sozialversicherungen neu. Damit reduziert die Ampel den Verwaltungsaufwand und entlastet die Unternehmen von Bürokratie.

Wir alle haben durch die Coronarettungsprogramme erfahren, wie nötig es ist, eine gezielte Unterstützung unterer Einkommensgruppen zu ermöglichen. Bisher fehlen dafür die technischen Voraussetzungen. Die Ampel ist dabei, diese zu schaffen und das Sozialsystem zukunftsfähig zu machen. Daran kommen wir auch wegen des demografischen Wandels nicht vorbei. Denn auch vor den Sozialversicherungen wird dieser nicht haltmachen. Auch deshalb müssen wir in den kommenden Jahren unsere Energie in die Verbesserung der Prozesse und eine weitgehend digitalisierte Aufgabenerbringung, einen weniger peniblen Datenschutz und eine vertrauenswürdige Bundes-Cloud investieren.

Die Ampel reformiert mit diesem Gesetz zudem die vermögensrechtlichen Vorschriften der Sozialversicherungen. Diese passen wir an veränderte Rahmenbedingungen an. Es wird festgelegt, dass die Sozialversicherungen bei ihren Anlagen Klimabelange und soziale Belange zu berücksichtigten haben.

In der Künstlersozialversicherung verstetigen wir die während der Pandemie geschaffenen Hinzuverdienstmöglichkeiten aus nichtkünstlerischer Tätigkeit. Ich finde es absolut sinnvoll, dass Künstler/-innen in einkommensarmen Phasen die Möglichkeit bekommen, auch nichtselbstständige Tätigkeiten zu verrichten, ohne dass sie ihren Status als Künstler/-in verlieren. Die Prüfmöglichkeiten der Künstlersozialkasse gegenüber Versicherten erweitern wir, und wir gestalten die Bagatellgrenze, bis zu der Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten nicht zu einer Abgabepflicht führen, übersichtlicher.

Wir haben zahlreiche Bürgerbriefe, Anrufe, Mails und Petitionen bekommen, in denen darum gebeten wurde, die Hinzuverdienstgrenze für Bezieher/-innen einer vorgezogenen Altersrente abzuschaffen. Diesen Bitten kommen wir nach, sorgen für unbegrenzte Hinzuverdienstmöglichkeiten und stellen sicher, dass es sich lohnt, auch nach Eintritt in die Rente weiter zu arbeiten. Damit leisten wir auch einen Beitrag im Kampf gegen Fachkräftemangel und machen es Menschen möglich, auch neben dem Bezug ihrer Rente am Arbeitsleben teilzuhaben, ohne auf ihre erarbeiteten Rentenansprüche warten bzw. verzichten zu müssen. Das ist ein Baustein für eine flexiblere Gestaltung des Renteneintritts und ein Teil der Fachkräftestrategie der Bundesregierung.

Ganz wichtig ist, dass auch die Hinzuverdienstgrenze für Erwerbsminderungsrentner/-innen auf ein praktikables Maß heraufgesetzt wird. Eine Erwerbsminderung ist nicht zwangsläufig eine Erwerbsunfähigkeit. Es gibt Menschen, die zwar nur noch wenige Stunden pro Woche arbeiten können, aber noch in der Lage sind, einer Tätigkeit nachzugehen. Insbesondere für Menschen ist das wichtig, die vorübergehend stark erwerbsgemindert waren und deren Zustand sich dann langsam bessert. Sie können nun selbstbestimmter einen fließenden Übergang zurück ins Erwerbsleben gestalten. Andere, deren Erwerbsfähigkeit nachlässt, sind nun nicht mehr so streng vor die Wahl gestellt, ihre bisherige Arbeitsstelle ganz aufgeben zu müssen, um eine Erwerbsminderungsrente erhalten zu können. Wir schaffen eine praktikablere und besser auf die konkreten Bedürfnisse der Menschen zugeschnittene Regelung.

Mit dem Gesetzentwurf sichern wir auch die Handlungsfähigkeit der Bundesagentur für Arbeit, die nach den Coronajahren noch knapp 1 Million Vorgänge bei der Kurzarbeit zu prüfen hat. Diese Prüfungen beschleunigen wir, indem wir eine Bagatellgrenze in Höhe von 10 000 Euro einführen. Damit setzen wir die Bundesagentur für Arbeit in die Lage, die Prüfungen noch im kommenden Jahr abzuschließen.

Aufgrund von Urteilen des Bundessozialgerichts regeln wir die Berechnung von Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld für Grenzgänger/-innen neu und stellen diese auf eine solide gesetzliche Grundlage.