09.11.2023

Laura Kraft (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Im April 2020, vor über drei Jahren und noch mitten in der Pandemie, warnt das Wissenschaftsmagazin „Spektrum der Wissenschaft“ bereits davor, dass in „einer von Covid-19 verängstigten Welt … die Versuchung groß sein“ werde, „Studien zu verbieten, die als gefährlich gelten“. Und sie fügt hinzu, dass das „nur wenig effektiv, wenn nicht … kontraproduktiv“ sei. Und vor genau dieser prognostizierten Verbotsforderung, eingebracht von der AfD, stehen wir heute.

Ein Antrag, dessen Titel „Wissenschaft verbieten“ lautet, ist schon ein Problem an sich. Die Forschungsfreiheit ist in Deutschland verfassungsmäßig garantiert. Es handelt sich, wie bei der AfD ja üblich, um ein naives und populistisches Verständnis von Wissenschaftspolitik. Hetzerisch soll hier vor großen Gefahren gewarnt werden, und die Konsequenz daraus ist die Forderung nach einem pauschalen Verbot.

Um es ganz deutlich zu machen: Virenforschung ist ein Teilbereich der Gesundheitsforschung, der von unglaublich hoher Relevanz für die Bevölkerung ist. Die Herstellung von Krankheitserregern und die Forschung daran im Labor liefern uns Erkenntnisse darüber, wie sie funktionieren und wie man sie bekämpfen kann. Ohne diese Forschung lassen sich Impfstoffe und Therapien kaum entwickeln. Anhand von im Labor erzeugten Veränderungen der Viruseigenschaften können Angriffspunkte für Medikamente identifiziert werden. Jede Mutation eines Virus hilft uns, diesem Ziel näher zu kommen. Eine Überregulierung der Virenforschung kann also sehr empfindliche Folgen für die Gesellschaft mit sich bringen.

Abseits von den Verschwörungstheorien der AfD lohnt sich dennoch ein ernsthafter Austausch zu Risiken in der Forschung. Die Realität ist komplexer als im Antrag dargestellt. Die Herstellung von Viren, deren Eigenschaften erhöht oder deren Mutationsprozess beschleunigt wird, die sogenannte Gain-of-Function-Forschung, dient dazu, eine bessere Sichtbarkeit der Auswirkungen bei Untersuchungen zu erreichen. Dabei wird in der Tat mit gefährlichen Stoffen gearbeitet. Genau dafür gibt es Sicherheitsbestimmungen in Laboren, und Forschende sind gefordert, sich daran zu halten.

Es handelt sich also nicht, wie von der AfD propagiert, um „unbeherrschbare Risiken“ in der Virologie; vielmehr lassen sich Risiken eindämmen und mögliche Folgen gering halten. Genauso funktioniert Virenforschung. Seit dem ersten Bazillenjäger Robert Koch wird an Sicherheitsbestimmungen in der Virenforschung gefeilt und werden immer höhere Sicherheitsstandards entwickelt.

Es ist einfach unangebracht, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu unterstellen, sie seien nicht ausreichend risikobewusst, und dann ihre Arbeit einzuschränken. Virenforschung ist nicht ganz ohne, es gibt Gefahren; und genau deshalb bin ich den Forscherinnen und Forschern dankbar, dass sie sich einsetzen, um Impfstoffe und Therapien für die Gesundheit der Bevölkerung zu entwickeln. Nicht zu forschen, hat hingegen auf jeden Fall tödliche Konsequenzen für die Bevölkerung!

Forschung dient dazu, Gefahren einzudämmen und nicht zu vergrößern. Die AfD wundert sich in ihrem Antrag, dass an Viren geforscht wird, die seit Jahrzehnten nicht mehr aufgetreten sind. Aber wenn dann eine Krankheit ausbricht, wundert sie sich, wenn nicht im Vorfeld ausreichend dazu geforscht wurde und bestenfalls schon Impfstoffe und Therapien bereitstehen. Und noch weiter realisiert sie offenbar nicht, wieso manche Krankheiten seit Jahrzehnten nicht mehr aufgetreten sind. Verdanken tun wir das genau dieser Virenforschung! Genau wegen dieser hervorragenden Virenforschung können wir uns sicher bewegen, ohne ständig Angst vor Krankheitserregern haben zu müssen. Angstmache und Raunen, mehr ist der Antrag nicht. Das hat mit Forschungspolitik nichts zu tun.

Im Vorfeld des Antrages hat die AfD, worauf auch im Antrag verwiesen wird, Kleine Anfragen an die Bundesregierung zu ähnlichen Themen gestellt und dabei mehr und mehr versucht, Verschwörungstheorien rund um Virenforscherinnen und -forscher zu spinnen. Damit scheitern Sie auf ganzer Linie. Was wir brauchen, ist ein seriöser Umgang mit den Chancen und Risiken der Virenforschung, und den kann die AfD in keiner Weise leisten.