Rede von Johannes Wagner Zu Protokoll: WHO-Pandemieabkommen

22.02.2024

Johannes Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich möchte die heutige Debatte für einen Appell nutzen: Lassen Sie uns unaufgeregt über das Thema Pandemievertrag diskutieren, nicht als Feindbild und nicht als Mittel zur parteipolitischen Profilierung, sondern als das, was es ist: ein wichtiger internationaler Prozess, in den Deutschland sich zu Recht einbringt und dessen Erfolg für Deutschland wichtig ist.

Um unaufgeregt zu diskutieren, müssen wir uns natürlich auf einen Grundkonsens einigen: Wie entstehen Pandemien? Welchen Schaden richten sie an? Und wie wollen wir ihnen entgegentreten?

Erstens. Pandemien entstehen in der Regel durch Zoonosen, also Erreger, die vom Tier auf den Menschen übergehen. Diese werden wegen zerstörter Ökosysteme und bestimmter Tierhaltungsformen immer wahrscheinlicher.

Wir haben mit dem Parlamentskreis One Health, den ich mit meiner Kollegin Tina Rudolph gegründet habe, letztes Jahr eine Führung durch den Berliner Zoo gemacht. Professor Christian Drosten hat uns dabei erklärt, von welchem Tier die nächste Pandemie ausgehen könnte. Stehen geblieben sind wir nicht nur bei den exotischen Tieren, sondern vor allem auch bei Hühnern und Schweinen. Denn unsere Massentierhaltung ist wie eine tickende Zeitbombe für Pandemien – einer von vielen Gründen, unsere Landwirtschaft endlich nachhaltig zu verändern, für die Landwirtinnen und Landwirte, für die Tiere, aber auch für die Gesundheit von uns allen.

Zweitens. Der potenzielle Schaden durch Pandemien ist groß, und zwar nicht nur aus Sicht der Gesundheit, sondern auch für die Wirtschaft. Häufig wird so getan, als ob Gesundheit und Wirtschaft auf zwei völlig verschiedenen Seiten stünden. Die Wahrheit ist: Sie gehören zusammen. Denn ohne gesunde Menschen funktioniert auch keine Wirtschaft. Deswegen ist das A und O in der Pandemiebekämpfung die Prävention.

Drittens. Wir müssen den Pandemien gemeinsam entgegentreten. Ein Virus macht nicht an nationalen Grenzen halt. Während Corona gab es genug nationale Alleingänge. Aber wirklich erfolgreich bekämpfen kann man eine Pandemie nur in internationaler Zusammenarbeit: durch das Teilen von Daten, Impfstoffen und Medizinprodukten.

Das sind die Punkte, bei denen ich mir einen Konsens wünsche. Und ich mache mir nichts vor: Dieser Konsens wird ein Konsens unter Demokratinnen und Demokraten werden. Die Klimaleugner/-innen und Nationalistinnen und Nationalisten dieses Parlaments sind hier eindeutig nicht mitgemeint.

Zum Schluss einige Punkte zum Antrag der Union. Ich stimme Ihnen bei vielem sogar zu. Es ist gut, dass auch Sie die Bedeutung des One-Health-Ansatzes betonen. Es ist wichtig, dass auch Sie auf die Gefahr durch antimikrobielle Resistenzen hinweisen. Und es ist richtig, dass auch Sie sich für eine finanzielle Stärkung der WHO aussprechen. Aber: Was in Ihrem Antrag fehlt, ist der Aspekt der globalen Gerechtigkeit. Impfstoffhersteller wie BioNTech haben Hunderte von Millionen an öffentlichen Geldern erhalten. Und auch wenn sie mit der Entwicklung des Impfstoffs ohne Zweifel Großartiges geleistet haben: Wir müssen auch darüber sprechen, welchen Beitrag solche privaten Unternehmen im Falle eines globalen Gesundheitsnotstands leisten müssen, damit ein weltweit gerechter Zugang zu Medikamenten gesichert werden kann.

Der Pandemievertrag ist ein elementares Instrument zur Pandemiebekämpfung, der solche Fragen regeln soll. Durch Covid-19 haben Menschen und Regierungen erkannt, was auf dem Spiel steht. Dadurch hat sich ein Möglichkeitsfenster geöffnet. Lassen Sie es uns nutzen.