Rede von Sascha Müller Zu Protokoll: Zusammenarbeit der Steuerbehörden in der EU

10.11.2022

Sascha Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzen wir die DAC-7-Richtlinie um und modernisieren gleichzeitig das Steuerverfahrensrecht. Hier hatte eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gut vorgelegt, die Bundesregierung hat auf dieser Basis einen Gesetzentwurf vorgelegt, und im parlamentarischen Verfahren hat die Ampel dieses Gesetz noch besser gemacht.

Bereits im Regierungsentwurf waren Elemente wie die Einführung von digitalen Schnittstellen, das Vorziehen der Prüfungsanordnung und die neu eingeführten Teilabschlussbescheide enthalten, die geeignet sind, Betriebsprüfungen schneller, effizienter und rechtssicherer zu machen. Auch wenn wir mit dem Vorziehen der Prüfungsanordnung der Finanzverwaltung gerade in der Übergangsphase einiges zumuten, sorgt diese Regelung für eine signifikante Beschleunigung. 

Ziel des Gesetzes ist es auch, Steuerpflichtige und die Finanzverwaltung jeweils ausgewogen in die Pflicht zu nehmen. Die Ampel hat sich noch mal auf einige Nachbesserungen geeinigt, damit auch die jeweiligen Anforderungen bei verschiedenen Betriebsgrößen besser berücksichtigt werden können. 

Speziell kleinen und mittleren Unternehmen sind wir entgegenkommen. Wir haben uns für das qualifizierte Mitwirkungsverlangen auf eine vorherige sechsmonatige Karenzzeit geeinigt, ehe es überhaupt eingeleitet werden kann. Kooperative kleine Unternehmen – deren Betriebsprüfung in aller Regel nur sehr kurz dauern – werden damit gegenüber dem Ursprungsentwurf bessergestellt. Es ist vielfach kritisiert worden, auch in der Anhörung, dass bei Fristversäumnissen während des qualifizierten Mitwirkungsverlangens ein Mitwirkungsverzögerungsgeld in Höhe von 100 Euro am Tag verhängt werden könne. Dadurch, dass viele kleine und mittlere Unternehmen im Normalfall nun überhaupt nicht mehr in das qualifizierte Mitwirkungsverlangen kommen, wird die für viele dieser Unternehmen sehr harte Sanktion vermieden.

Dieses Mitwirkungsverzögerungsgeld in Höhe von 100 Euro am Tag haben wir zudem auf 75 Euro abgesenkt. Auch dies kommt gerade kleinen und mittleren Unternehmen entgegen, ebenso, dass dieses Mitwirkungsverzögerungsgeld nicht verhängt wird, wenn dem Mitwirkungsverlangen „nicht vollständig“ wie im bisherigen Entwurf, sondern „nicht hinreichend“ nachgekommen wird. So ist ausgeschlossen, dass zwar fehlende, aber für die Prüfung unwesentliche Unterlagen zu einer Sanktion führen.

Auf der anderen Seite haben wir aber den im Ermessen stehenden Zuschlag von 10 000 Euro am Tag auf 25 000 Euro pro Tag erhöht und die Zeitspanne, in der diese Sanktion verhängt werden kann, von 100 auf 150 Tage verlängert. Und bei einer zwischenstaatlichen Amtshilfe erhöht sich die Ablaufhemmung, in der die Betriebsführung beendet werden muss, von eigentlich fünf Jahren um die Dauer dieser Amtshilfe mindestens um ein Jahr. Beides ist wichtig, um bei der Betriebsführung auch großen Konzernen, die aggressive und eben möglicherweise illegale Steuergestaltung betreiben, auf die Schliche zu kommen. In der ersten Lesung habe ich betont, dass die Ablaufhemmung von fünf Jahren selber kein Hemmnis sein darf, um einen etwaigen neuen Cum-ex- oder Cum-cum-Skandal aufzudecken. Diese von den Ampelfraktionen eingebrachten Regelungsänderungen tragen dazu bei.

Wir haben noch an der einen oder anderen Stelle nachgeschärft und konkretisiert. Beim qualifizierten Mitwirkungsverlangen wird zum Beispiel die Möglichkeit für eine Fristverlängerung konkretisiert, um hier die Anfechtbarkeit zu reduzieren.

Insgesamt ist das Gesetz nun eine wirklich runde Sache geworden und wird die Betriebsprüfungen in Deutschland modernisieren und deutlich beschleunigen. Einen Aspekt kann das beste Gesetz nicht mitbringen: Selbstverständlich hängen Dauer und Qualität von Betriebsprüfungen auch von gut ausgestatteten Finanzbehörden ab. Hier müssen wir noch landauf und landab besser werden.