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Bundesregierung weigert sich, antisemitischen Mord als solchen zu benennen
Zum 45. Jahrestag des antisemitisch motivierten Attentats auf Shlomo Levin und Frida Poeschke erklären Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin und Marlene Schönberger, Mitglied im Innenausschuss:
45 Jahre nach dem Mord an Shlomo Levin und Frida Poeschke erkennt die Bundesregierung das rechtsterroristische Attentat weiterhin nicht als antisemitisch an. Dieses Wegsehen ist politisch wie historisch inakzeptabel.
Der Mord an dem jüdischen Verleger, Rabbiner und früheren Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg und seiner Lebensgefährtin ist kein Randereignis. Er ist Teil der Kontinuität rechten Terrors in der Bundesrepublik.
Der Täter war Teil der rechtsextremistischen „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Der Oktoberfest-Attentäter hatte denselben Hintergrund. Der rechte Terror der 1980er Jahre hatte Strukturen – und der Staat hat sie nie konsequent aufgeklärt. Ganz im Gegenteil fielen sogar Politiker*innen wie der damalige bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß durch die Relativierung dieses Terrors auf.
Doch das Versagen zieht sich bis heute durch. In ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lässt die Bundesregierung einen Großteil der Fragen unbeantwortet. Zugleich vermeidet sie es, den Mord an Shlomo Levin und Frida Poeschke als antisemitisch zu bezeichnen.
Diese Weigerung ist beschämend – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des explodierenden Antisemitismus seit dem 7. Oktober 2023 und aktueller antisemitischer Gewalttaten wie in Sydney.
Wir fordern die Bundesregierung auf, das Attentat auf Shlomo Levin und Frida Poeschke endlich als das zu benennen, was es war: ein antisemitisch motivierter Mord. Die Kontinuität des antisemitischen Terrorismus nach 1945 muss einen festen Platz in der bundesrepublikanischen Erinnerungskultur erhalten.