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Humanitäre Hilfe nicht länger kriminalisieren

Zur Bilanz der Seenotrettungsorganisationen United4Rescue, Sea-Watch, Sea-Eye und SOS Humanity anlässlich 10 Jahre ziviler Seenotrettung auf dem Mittelmeer erklären Marcel Emmerich, innenpolitischer Sprecher, und Filiz Polat, Parlamentarische Geschäftsführerin: 

Das Mittelmeer ist zur tödlichsten Außengrenze Europas geworden. Allein 2024 sind bereits mindestens 1719 Menschen ums Leben gekommen – die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher. Menschen fliehen vor Krieg, Verfolgung und Elend. Schlepper pressen Geflüchtete in seeuntaugliche Boote und überlassen sie ihrem Schicksal.

Seit zehn Jahren springen zivile Seenotrettungsorganisationen ein, wo die EU versagt, und retten Menschenleben. Mit 28 koordinierten Schiffen haben sie über 175.000 Menschen vor dem Ertrinken bewahrt – und das oft gegen den politischen Widerstand europäischer Regierungen. Statt Unterstützung gibt es Behinderung, Festsetzungen von Schiffen und die Kriminalisierung humanitärer Helfer*innen. Das Sterben auf dem Mittelmeer muss endlich aufhören. Deshalb setzen wir uns für legale und sichere Fluchtwege ein. Seenotrettung ist keine Straftat, sondern eine humanitäre Pflicht. Wir fordern eine staatlich organisierte EU-Seenotrettungsmission. Solange es diese nicht gibt, müssen zivile Organisationen finanziell unterstützt werden.

Die Kriminalisierung von Hilfe für Schutzsuchende – ob auf dem Mittelmeer oder an Land – ist ein inakzeptabler Angriff auf die Humanität. Besonders in Italien zeigt sich derzeit, wie drastisch staatliche Repression gegen zivilgesellschaftliches Engagement vorgeht: Rettungsschiffe werden festgesetzt, Einsätze verzögert oder unterbunden, Seenotretter*innen mit absurden Geldstrafen und Verfahren überzogen. Wer Menschen vor dem Ertrinken bewahrt oder Geflüchteten an Land beisteht, handelt nicht kriminell – sondern im Einklang mit dem Völkerrecht und dem moralischen Gebot, Leben zu retten. Diese Form der Hilfe darf niemals strafbar sein. Es braucht endlich klare rechtliche Schutzmechanismen: Ein ausdrücklicher Tatbestandsausschluss im Strafrecht muss sicherstellen, dass humanitäre Hilfe nicht länger kriminalisiert wird. Niemand darf vor Gericht landen, weil er oder sie Menschenleben rettet.

Deutschland und die EU brauchen dringend eine menschenwürdige Migrationspolitik. Statt rechtspopulistischer Abschottungspolitik, müssen Menschenrechte an den EU-Außengrenzen gewahrt werden.