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Islamhass entschieden bekämpfen – Vielfältiges muslimisches Leben schützen und fördern
Zur Veröffentlichung des zivilgesellschaftlichen Lagebilds zu antimuslimischem Rassismus von CLAIM erklären Lamya Kaddor, Religionsbeauftragte, und Schahina Gambir, Mitglied im Innenausschuss:
Die Verrohung der Sprache und die Verschiebung des Diskurses haben enorme Auswirkungen auf Menschen in diesem Land: Das Niveau an antimuslimischen Vorfällen im Jahr 2024 ist nach den heute veröffentlichen Zahlen von CLAIM, der Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit, mit 3080 dokumentierten Fällen um 60 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Damit erreicht die Anzahl antimuslimischer Vorfälle einen neuen traurigen Rekord. Unter dieser erschreckenden Entwicklung leiden fast 6 Millionen Menschen tagtäglich– auf dem Wohnungsmarkt, bei Behörden, in der Schule, auf der Straße oder im Netz.
Parallel zu den ebenso besorgniserregend angestiegenen antisemitischen Vorfällen tragen der 7. Oktober und seine Folgen ganz maßgeblich zur wachsenden Ausgrenzung und Diskriminierung sowie dem Rassismus gegen als muslimisch gelesene Menschen bei. Sie werden unter Generalverdacht gestellt, beschimpft und bedroht.
Unser Grundgesetz garantiert allen Menschen Würde, die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die freie Ausübung der Religion und den Schutz vor Diskriminierung. Wir drohen diesem Anspruch gerade bei Muslim*innen nicht gerecht zu werden. Wer nicht mehr ohne Angst sein Gotteshaus besuchen kann, oder aufgrund seiner Religionszugehörigkeit Diskriminierung erfährt und gar verbal oder körperlich angegriffen wird, der zweifelt an der Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft. Gerade deswegen gilt es, ein gemeinsames Verständnis eines deutschen Islams zu entwickeln und die Teilhabe von Muslim*innen zu stärken.
Die heutigen Zahlen verdeutlichen, dass wir endlich eine entschlossene Gesamtstrategie gegen antimuslimischen Rassismus brauchen – mit Monitoring, um faktenbasierte Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, Anlaufstellen für Schutz und Unterstützung und klare politische Verantwortung auf allen Ebenen. Unsere Gesellschaft darf nicht akzeptieren, dass Mitbürger*innen benachteiligt werden. Vielfältige Perspektiven und Beteiligung stärken unsere Demokratie und machen unsere Gesellschaft gerechter. Jeder Mensch in unserem Land hat das Recht auf Sicherheit, Schutz, Teilhabe und Solidarität – unabhängig von Herkunft, Religion, Sexualität oder Aussehen.
Die Zahlen zeigen ein erschreckend ansteigendes Misstrauen gegenüber staatlichen und auch zivilgesellschaftlichen Institutionen. Dieses Vertrauen kann nur durch die Stärkung der Stellen zurückgewonnen werden, dafür müssen sie nachhaltig unterstützt und finanziert werden. Die Verabschiedung eines Demokratiefördergesetz ist deshalb dringender denn je. Außerdem ist es notwendig, die muslimische Selbstorganisation und deren Angebote in der Sozial-, Nachbarschafts- und Jugendarbeit endlich besser zu fördern und rechtlich anzuerkennen.