Veröffentlicht am
NATO-Gipfel in Den Haag
Anlässlich des am 24. und 25. Juni 2025 in Den Haag stattfindenden NATO-Gipfels erklären Sara Nanni, Sprecherin für Sicherheitspolitik, und Deborah Düring, Sprecherin für Außenpolitik:
Die NATO trifft sich in den Haag unter komplexen Vorzeichen. In den vergangenen Wochen haben die Mitgliedstaaten versucht, die USA an Bord zu halten und das Programm, das Statement und die Forderungen sehr stark daran orientiert, was Donald Trump gern hören möchte. Das ging so weit, dass nachdem in einem ordentlichen Prozess die NATO drei Jahre lang eine Verteidigungsplanung für die Ostflanke aufgestellt hat, die mit einem Finanzbedarf von zirka 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Mitgliedstaaten einhergeht, Generalsekretär Rutte nun eine konzeptionelle Öffnung der Investitionsquote vorgenommen hat, um plausibel auf die von Trump geforderten 5 Prozent zu kommen. Wie genau diese weiteren 1,5 Prozent ausgegeben werden sollen, bleibt weiterhin den Mitgliedstaaten überlassen. Eine echte Orientierung oder gar Kalkulation gibt es dafür NATO-seitig öffentlich bisher nicht. Diese hohe Zahl hat schon zu Spannungen unter anderem mit Spanien geführt, wodurch die NATO als Bündnis insgesamt nicht geschlossen dasteht.
Klar ist: Wir müssen mehr in militärische und zivile Verteidigung investieren und Deutschland sollte sich mit den Fähigkeiten in der NATO einbringen, die in der Planung vorgesehen sind. Für Deutschland fehlt es da aber an Grundsätzlichem: Wir brauchen ein Fähigkeitsplanungsgesetz, eine Personalentwicklungsstrategie und eine Einkaufspolitik, die kostensensibel ist und nicht auf ein schnelles Erfüllen der 3,5 Prozent allein setzt. Denn abschreckend wirkt nicht die hohe Ausgabe, sondern das, was man damit an Kapazitäten aufbaut. Für unsere Sicherheit braucht es auch mehr Investitionen in alle anderen Sicherheitsaspekte – wie Diplomatie, internationalen Klimaschutz, Krisenprävention und Entwicklungszusammenarbeit.
Gleichzeitig scheint all das Bemühen um die Gunst von Präsident Trump gerade durch die Entwicklungen im Nahen Osten torpediert zu werden. Der Präsident hat andere Prioritäten und ob er persönlich auf dem Gipfel erscheinen wird, bleibt unklar. Die USA haben zudem mit ihrem Vorgehen gegen den Iran auch NATO-Staaten in Bedrängnis gebracht. Alle NATO-Staaten, die in der Region mit den USA auf Basen stationiert sind, sind durch iranische Vergeltungsmaßnahmen gefährdet. Die Entwicklungen zeigen ganz klar, wie die Machtverhältnisse innerhalb der NATO-Mitgliedstaaten sind und wie gut Europa beraten wären, die Bedingungen für mehr europäische Eigenständigkeit zügig zu verbessern.
Es war ein wichtiges Zeichen, dass die NATO einen Sonderbeauftragten für die Südlichen Partnerschaften ernannt hat, um die Beziehungen mit den Staaten im Globalen Süden voranzutreiben. Bei künftigen Gipfeln müssen sie auch besser einbezogen werden.
In diesem Kontext sind die Herausforderungen für Deutschland, das ökonomisch stärkste Land des europäischen Teils der NATO, enorm, sich der Realität zu stellen. Die Anstrengungen, die es in allen Bereichen der Sicherheit bedarf, erfordern ein großes Maß an Ernsthaftigkeit und Disziplin in der Ausgabenpolitik und echte europäische Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Außenpolitik.