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Strategische Ausrichtung der Grünen in der Opposition, Klima- und Hitzeschutz sowie Familie
Nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann zu den Themen strategische Ausrichtung der Grünen in der Opposition, Klima- und Hitzeschutz sowie Familie.
Katharina Dröge:
„Der Schwerpunkt der Klausur des Fraktionsvorstandes, an der auch die beiden Bundesvorsitzenden teilnehmen, wird die strategische Ausrichtung der Grünen in der Opposition sein.
Gemeinsam mit den beiden Bundesvorsitzenden arbeiten Britta Haßelmann und ich schon seit Wochen daran, und heute geht es darum, unsere Vorschläge mit dem Fraktionsvorstand zu diskutieren. Am Dienstag laden wir die gesamte Bundestagsfraktion in einer Schalte ein und werden dann auch mit den Fraktionsvorsitzenden aus den Bundesländern über diese Ausrichtung sprechen. Wir beide haben auch in den letzten dreieinhalb Jahren mit Verantwortung getragen für die Grünen und wir sind stolz auf das, was wir Grüne erreicht haben in der letzten Bundesregierung. Wir sagen wirklich sehr selbstbewusst: Das Regieren hat sich gelohnt, wir haben das Land klimaneutraler, gerechter, fortschrittlicher gemacht. Aber jetzt braucht es eine Neuaufstellung der Grünen in der Opposition. Und das heißt auch, dass wir in Zukunft Dinge anders machen werden.
Wofür wir werben, gerade in einer Zeit wie dieser, ist die Lust, nach vorne zu gehen, nicht dann zurückzuschreiten, wenn es harten Gegenwind gibt. Gerade dann, wenn Konservative und vor allen Dingen aber auch Rechtspopulisten versuchen, das, was wir als liberale Gesellschaft begreifen, unter Druck zu setzen. Es ist erklärte Strategie von der AfD und anderen Parteien, alles, was fortschrittliche Gesellschaftsbilder sind, infrage zu stellen. Und dagegen braucht es aus unserer Sicht eine Politik, die keine Zeit für Pessimismus hat, sondern eine Politik, die Optimismus wagt. Eine Politik, die sagt: Dieses Land lebt Veränderung jeden Tag. Niemand hat Lust, in einer Welt ohne Impfstoffe zu leben. Und dieses Land kann auch die Krisen unserer Zeit nur lösen, wenn es sie angeht und wenn es verändern will. Dafür werben wir, für einen neuen gesellschaftlichen Aufbruch. Und dafür müssen auch wir Grüne Dinge anders machen. Da sind wir sehr entschieden.
Das eine ist: Man muss gerade in schwierigen Debatten mit Selbstbewusstsein nach vorne gehen. Wir Grüne haben manchmal ein bisschen dann, wenn es richtig hart wurde, so gewirkt, als würden wir eher einen Schritt zurück machen oder uns sogar entschuldigen für das, was wir vorschlagen. Aus unserer Sicht gewinnt man so keine Debatten.
Wir werden auf der anderen Seite aber auch sehr selbstbewusst unsere Oppositionsrolle beschreiben. Wir werden nicht eintreten in den Wettbewerb um die schrillste These, sondern wir treten ein in den Wettbewerb um die klügste Oppositionsarbeit. Aus unserer Sicht ist unser Job, da, wo Friedrich Merz Fehler macht – und er macht erstaunlich viele –, den Finger so in die Wunde zu legen, dass es wehtut.
Und natürlich, deswegen stehen wir als Grüne hier, schauen wir auf diese Woche. Es werden 39, 40 Grad, die Menschen leiden unter Hitze. Ältere Menschen müssen wir in dieser Hitze vor den erheblichen gesundheitlichen Risiken schützen. Und trotzdem spielt Klimaschutz nicht die Rolle, die er haben sollte. Wir betrachten es als unseren Job, das wieder in den Mittelpunkt der politischen Debatte zu rücken. Auch dafür wollen wir Dinge ändern.
Als Erstes, und das ist unser wichtigster Punkt, müssen wir Grüne unsere Haltung zum Thema Veränderung klären. Auch wir sind in der Vergangenheit oft nicht klar gewesen: Sollen wir klar aussprechen, dass Klimaschutz Veränderung bedeutet? Oder sollen wir lieber beruhigen und sagen: Alles kann so bleiben, wie es ist, nur in Grün? Wir werben dafür, sehr klar zu sagen: Klimaschutz gibt es nur mit Veränderung. Aber Veränderung ist etwas, womit man auch Sachen besser machen kann.
Das Zweite ist, Machtfragen in den Blick zu nehmen, denn wir werben dafür, ehrlich auszusprechen, was ist. Es gibt sehr, sehr viele Unternehmen in diesem Land, für die Klimaschutz eine große Chance ist. Aber es gibt auch Unternehmen, deren Geschäftsmodelle enden müssen. Das Verbrennen von fossiler Energie muss enden, damit Deutschland klimaneutral werden kann. Und natürlich stellt sich damit eine Machtfrage darüber, welche Wirtschaft dieses Land in Zukunft haben wird. Und nur, wer diese Machtfragen klar hat, ist auch vorbereitet auf die Auseinandersetzungen, die anstehen. Dann kann man aber auch gemeinsam nach vorne gehen mit den ganzen Unternehmen in diesem Land, die Klimaschutz als Chance sehen, und sagen: Da sind unsere Partner.“
Britta Haßelmann:
„Wenn wir bei der Frage sind „Sagen, was ist!“, dann geht es zum Beispiel gerade in diesen Tagen beim Hitzeschutz darum: Wie sind denn die Städte und Gemeinden darauf vorbereitet? Was können sie tun für ihre Bürgerinnen und Bürger? Wie sind sie ausgestattet? Was tun Bund und Länder in ihrer Verantwortung dafür, dass Städte und Gemeinden sich auch auf den Weg machen, den Hitzeschutz, die Klimasituation, in der gerade große Städte sich befinden, auch wirklich nachhaltig abzusichern für ihre Bürgerinnen und Bürger, für die alten Menschen, die mit dieser extremen Hitze kaum klarkommen, für die vielen Kinder und Familien, die sich vielleicht keinen Urlaub leisten können, aber auf wenigstens ein Schwimmbad angewiesen sind? Wie ist da die Ausstattung?
Wir diskutieren in diesen Tagen, dass die neue Bundesfrauenministerin den Genderstern nicht nutzen will: Warum reden wir eigentlich nicht darüber, dass 40 Prozent der Alleinerziehenden – in erster Linie Frauen – sich nicht mal eine Woche Urlaub leisten können? Dass das der Alltag von Menschen ist, wo wir anknüpfen müssen? Warum bieten wir hier nichts an? Steuergutschriften beispielsweise für Alleinerziehende, die Beruf und Familie miteinander verbinden. Oder die Frage der Entlastung von pflegenden Angehörigen – 90 Prozent Frauen. Stattdessen leisten wir uns solche Debatten, die in Schlagzeilen münden: Die neue Bundesfrauenministerin nutzt den Genderstern nicht. Welche Frau interessiert das? Das hat mit der Lebenswirklichkeit von jemandem, die alleinerziehend ist, sich nach der Decke strecken muss, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, und möglicherweise sich eben noch nicht mal eine Woche Urlaub leisten kann, nichts zu tun.
Wir haben uns fest vorgenommen, wir werden ganz konkret auf den Alltag der Menschen bezogen Vorschläge machen, wie etwa die Steuergutschrift für Alleinerziehende, die arbeiten, oder aber auch die Unterstützung der Städte und Gemeinden. Denn das ist nicht nur eine Floskel, das muss gefüllt werden: Wie unterstützen wir Städte und Gemeinden bei dieser Klimasituation, dem Umgang mit Hitze, dem gesundheitlichen Schutz vor dieser Hitze und eben auch in möglichen Umgestaltungs- und Umbaumaßnahmen? Wie gelingt es eigentlich, dass Städte und Gemeinden genügend Schwimmbäder haben, die offen sind für die Kinder und Familien, die nicht in die Ferien fahren? All solche Fragen haben konkret mit der Lebenssituation von Menschen zu tun. Sie sind im Alltag spürbar. Und deshalb sind sie relevant, auch wenn sie in der politischen Debatte immer wieder nach hinten gerückt werden.
Wir haben uns fest vorgenommen: Dieser Alltag von Menschen muss im Konkreten verändert werden. Auch nicht nur durch die große Botschaft und die große konzeptionelle Idee, sondern in kleinen Schritten gehen wir hier voran. Unser Anspruch ist es, dies natürlich auch in Gestaltung zu tun. Denn wir wissen, dass überall da, wo Grüne regieren und Teil von Regierungen sind, wir ganz konkret an dieser Alltagssituation von Menschen auch arbeiten können.
Deshalb ist es unsere Aufgabe, uns darauf mit Blick auf 2029 vorzubereiten. Das wollen wir mit den Menschen tun, weil wir glauben, es liegen große Potenziale in unserem Land, in unserer Gesellschaft. Viele Menschen engagieren sich, haben Lust, sich einzubringen. Und mit all denen wollen wir diskutieren darüber, wie wir das Land zu einem besseren machen können.“