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Ukraine, Zurückweisungen an deutschen Grenzen und Klimakrise
Anlässlich der heutigen Fraktionssitzung der Grünen Bundestagsfraktion nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann zu den Themen Ukraine, Zurückweisungen an deutschen Grenzen und Klimakrise.
Ukraine:
Guten Tag auch von meiner Seite. Wir sind heute mit Blick auf die Außenpolitik enttäuscht. Denn ein weiteres Mal haben die Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland kein Ergebnis gezeigt. Russland ist in diese Verhandlung mit Maximalforderungen reingegangen, die unannehmbar waren für die Ukraine. Wir alle wissen, Russland ist der Aggressor, und all das, was zuletzt auf dem Tisch lag, hätte die Souveränität und die Selbstbestimmung der Ukraine gefährdet. Und deshalb konnte es keine Verständigung geben.
Das zeigt einmal mehr, dass wir hier im Land gemeinsam mit den europäischen Partnern in der Verantwortung sind, die Ukraine weiter nach Kräften zu unterstützen, humanitär, wirtschaftlich und auch mit Waffen, denn die Ukraine ist angesichts der Aggression und der brutalen Angriffe Russlands auf die Zivilbevölkerung, auf die Städte darauf angewiesen, dass die Unterstützung weitergeführt wird.
Wir werden in dieser Woche in der Regierungsbefragung die Gelegenheit haben, den Außenminister dazu zu befragen, wie es nun weitergehen soll. Denn klar ist, die Ukraine braucht auch schwerere Waffen zur Unterstützung, denn dieser Versuch von Friedensverhandlungen ist an dieser Stelle bedauerlicherweise wiederum gescheitert.
Zurückweisungen an deutschen Grenzen:
Uns alle beschäftigt in dieser Woche das Thema der Zurückweisungen an deutschen Grenzen, die das Verwaltungsgerichts Berlin gestern für rechtswidrig erklärt hat. Bündnis 90/Die Grünen wird in dieser Woche – schon länger geplant - auch parlamentarisch einen Antrag zu den Grenzkontrollen in den deutschen Bundestag einbringen. Klar ist: Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin ist eine schallende Ohrfeige für Friedrich Merz und seinen nationalen Alleingang. Es ist eine Blamage mit Ansage. Viele Expertinnen und Experten, Europäerinnen, Europäer, wir hier im Deutschen Bundestag haben davor gewarnt, diesen nationalen Alleingang zu gehen, der nicht mit dem Europarecht und unserem Recht zu vereinbaren ist. Weder Dobrindt noch Merz haben sich diesen Argumenten aufgeschlossen gezeigt. Und das ist ein großes Problem, denn damit ist Recht gebrochen worden. Das kann auf keinen Fall so fortgesetzt werden.
Ich bin irritiert darüber, dass ausgerechnet der Verfassungsminister, der Innenminister trotz dieses sehr klaren Beschlusses, der grundsätzlichen Charakter hat, wenn es um die Anwendung des Artikel 72 geht, ankündigt, seine Anordnung zu Zurückweisungen an den deutschen Grenzen weiterführen zu wollen. Es ist nicht nur für Schutzsuchende in unserem Land, für die europäischen Nachbarn, sondern auch für die Bundespolizistinnen und -polizisten in ihrem täglichen Einsatz eine Zumutung, einer solchen Situation ausgesetzt zu sein. Hier hat die Bundesregierung mit Merz an der Spitze und Dobrindt als zuständigem Minister eine Verantwortung, Bundespolizistinnen und -polizisten dieser Situation nicht auszusetzen.
Dieses Muster von Friedrich Merz, Ankündigungen zu machen, die dann ganz schnell wieder kassiert werden, Erwartungen zu wecken, die dann enttäuscht werden, sehenden Auges in eine solche Situation zu gehen, kennen wir nach einem Monat Kanzlerschaft jetzt sehr genau. Und auch Alexander Dobrindt hat bereits einmal mit der Pkw-Maut wider besseren Wissens gegen Europarecht verstoßen und wollte dieses erneute rechtswidrige Projekt der Zurückweisungen dennoch durchziehen. Es hat kaum vier Wochen gedauert, bis auch hier klar wird, dass die Zurückweisungen keinen Rechtsbestand haben. Und deshalb muss er die Anordnung sofort zurücknehmen.
Ich frage mich an der Stelle außerdem: Wo ist eigentlich Lars Klingbeil? Wo ist die SPD? Denn diese rechtswidrige Vorgehensweise, den Artikel 72 und diese Zurückweisungen vorzunehmen, ist eine Entscheidung der gesamten Bundesregierung. Und ich erwarte spätestens nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin, dass wir auch von der Justizministerin und dem Vizekanzler und der SPD eine klare Position in dieser Sache hören können, dass die Bundesregierung diese Praxis nicht fortsetzt. Der Schlüssel für Migration, Flucht, Asyl liegt in einer gemeinsamen europäischen Arbeit und Initiative. Das unterstreicht dieser Beschluss des Verwaltungsgerichts aus meiner Sicht noch einmal.
Klimakrise:
Und als Drittes möchte ich Sie auf ein Thema hinweisen, mit dem wir uns in dieser Woche hier im Parlament beschäftigen, das aber vor allen Dingen die Landwirte und Landwirtinnen, die Bauern massiv beeinträchtigt: Das sind die Auswirkungen der Klimakrise mit Blick auf die Dürre. Es ist seit hundert Jahren im Frühjahr nicht mehr so trocken gewesen wie in diesen Monaten. Darunter leidet die bäuerliche Landwirtschaft, darunter leiden Bäckereien. Es ist schlecht für den Binnenmarkt und die Nachfrage. Und wir werden durch die Ernteausfälle sicher auch mit erhöhten Lebensmittelpreisen rechnen müssen, weil Gemüse und Obst, Getreide, nicht wachsen, nicht produziert werden kann.
Und deshalb, meine Damen und Herren, ist Klimaschutz keine Wohlstandsvernichtung, wie es in diesen Tagen ein Vorstandsmitglied der CDU wieder formulierte. Michael Kretschmer, der Ministerpräsident von Sachsen, verstieg sich ja zu der Aussage, wir müssten die Klimaschutzziele auf 2050 verschieben. Angesichts der Extremwetter, der Auswirkungen der Klimakrise auf unser Leben, auf unseren Alltag, auf unsere Lebensgrundlage eine aus meiner Sicht unverantwortliche Einlassung und Positionierung. Ich hoffe, es bleibt eine Einzelmeinung innerhalb der CDU/CSU und der Union, in der Bundesregierung und hier im Parlament. Denn wir können Wohlstand nur sichern, wenn wir auch Klimaschutz konsequent betreiben. Soweit einmal von mir.