Veröffentlicht am
Grenzkontrollen, Verbot der Reichsbürgergruppe „Königreich Deutschland“ und AfD-Hochstufung
Anlässlich der heutigen Fraktionssitzung der Grünen Bundestagsfraktion nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann zu den Themen Grenzkontrollen, Verbot der Reichsbürgergruppe „Königreich Deutschland“ und AfD-Hochstufung.
Grenzkontrollen:
Wir im Parlament haben darauf gewartet und kommen nun zur ersten Sitzungswoche in dieser 21. Wahlperiode zusammen. Was hat es vonseiten von Friedrich Merz und auch Lars Klingbeil nicht alles an Versprechungen gegeben: „Ab Tag eins wird geliefert!“ Dabei sehen wir einen denkbar schlechten Start: Eine Kanzlerwahl im zweiten Wahlgang – ein verstolperter Beginn. Und mit Blick auf die Ankündigung von Friedrich Merz, ab dem ersten Tag zu liefern und gutes Regieren unter Beweis zu stellen, sehen wir vor allem Streit um die Rente, um den Mindestlohn oder etwa um die Abschaffung des Lieferkettengesetzes, national und europäisch. Und das Chaos der letzten Tage um die Frage: Was gilt denn nun in Deutschland und Europa? Haben wir es mit Grenzschließungen zu tun? Ist die Notlage nach Artikel 72 ausgerufen oder gibt es verschärfte Grenzkontrollen? Bis heute haben wir keine klare Antwort der Bundesregierung, des Bundeskanzlers oder des Innenministers Dobrindt darauf. Im Gegenteil, der Innenminister sagt: Ja, die verschärfte Grenzkontrollen-Notlage ist da, während der neue Regierungssprecher sagt: Ich dementiere das. Kein Mensch weiß, was nun die Rechtsgrundlage ist und was genau von den vielen Bundespolizistinnen und Bundespolizisten an den deutschen Grenzen eigentlich verlangt wird. Aus meiner Sicht ein verantwortungsloser Zustand, denn man verlagert die Unklarheit und Unentschiedenheit in dieser Rechtsfrage des Verfassungsrechts und Europarechts auf die Bundespolizistinnen und Bundespolizisten.
Für die Menschen in den Grenzregionen ist das ein herber Schlag, denn wir leben dort in den Grenzregionen nicht mit Grenzen, sondern gemeinsam im täglichen Alltag. Wir haben Pendlerinnen und Pendler, die diesseits und jenseits der Grenzen leben und arbeiten. Wir haben in den wirtschaftlichen Beziehungen einen Binnenmarkt, der funktioniert. Und für eine Partei, die sich ab dem ersten Tag die Förderung der Wirtschaft zu ihrem Ziel gemacht hat, wie die CDU/CSU von Friedrich Merz, muss man sagen: Diese verschärften Grenzkontrollen sind ein Schlag ins Gesicht der Wirtschaft und unseres Binnenmarktes. Und dieses Chaos ist bis heute nicht gelichtet.
Auch mit Blick auf die Frage: Wie ist der Umgang mit Schutzsuchenden, die Asyl suchen? Werden sie nun an der Grenze zurückgewiesen, was rechtswidrig wäre, oder werden sie aufgenommen? Die Reaktionen der europäischen Partner auf diesen nationalen Alleingang sind sehr scharf und kritisch, das haben wir aus Polen gesehen und auch aus Österreich. Wir verlangen hier Klarheit und eine Antwort darauf, sowohl der Öffentlichkeit gegenüber als auch dem Parlament, was denn nun gilt.
Verbot der Reichsbürgergruppe „Königreich Deutschland“:
Gut ist, dass Alexander Dobrindt heute die Reichsbürgergruppe „Königreich Deutschland“ verboten hat. Das ist ein wichtiger und notwendiger Schritt im Kampf gegen Feinde der Verfassung. Wir wissen um die Gefahren und die Gefährlichkeit solcher rechtsextremen Gruppierungen. Sie lehnen diesen Staat ab, sie lehnen diese Verfassung ab, die Freiheit und Demokratie, in der wir leben. Und deshalb halten wir es für richtig und gut, dass dieser Schritt durch den Bundesinnenminister heute erfolgt ist.
AfD-Hochstufung:
Auch im Hinblick auf die Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextrem besteht nun Handlungsbedarf. Der Handlungsdruck auf die Verfassungsorgane Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung hat sich mit der Hochstufung des Bundesamtes für Verfassungsschutz erheblich gesteigert. Wir alle wissen, welche Gefahren von der AfD ausgehen: Sie ist eine verfassungsfeindliche Partei und sie hat den Grundwerten, zu denen wir stehen, dem Rechtsstaatsprinzip, dem Demokratieprinzip und der Menschenwürde, den Kampf angesagt. Und deshalb halten wir eine Prüfung und eine Einleitung eines Verbotsverfahrens für notwendig. Wir erwarten, dass jetzt auch Friedrich Merz, die CDU/CSU, genauso wie die SPD, mit uns und den demokratischen Parteien überlegen, was die nächsten Schritte sind. Auch auf diejenigen, die aus Frustration und Enttäuschung die AfD wählen, kann man nicht mit Verharmlosung der AfD reagieren. Man kann sie nur durch gutes Regieren und gute Politik in die Mitte zurückholen. Und diesen Anspruch löst Friedrich Merz bisher nicht ein.