Veröffentlicht am
Haushalt und Klimakrise, Spahns Maskenaffäre sowie Grenzkontrollen
Anlässlich der heutigen Fraktionssitzung der Grünen Bundestagsfraktion in der Haushaltswoche nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann zu den Themen Haushalt und Klimakrise, Spahns Maskenaffäre sowie Grenzkontrollen.
Haushalt und Klimakrise
In dieser Woche werden wir uns schwerpunktmäßig mit den Haushaltsplanberatungen und dem Haushalt in all seiner Breite beschäftigen hier im Parlament. Wir wissen aus unserer Zeit der Regierungsverantwortung, wie schwierig es ist, einen Haushalt in einer solchen Situation aufzustellen. Klar ist aber auch: Diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen aus CDU/CSU und SPD haben beste Voraussetzungen, einen guten Haushalt hinzukriegen. Mit der Grundgesetzänderung haben wir Investitionen in die Zukunft, in die Infrastruktur und in den Klimaschutz ermöglicht. Doch diese Regierung nutzt diese guten Voraussetzungen nicht, wie sich auch nach dem Koalitionsausschuss in der letzten Woche gezeigt hat. Im Gegenteil: Das Geld wird nicht investiert in den Klimaschutz und die Sicherung unserer Lebensgrundlagen, den Schutz vor Hitze, Dürre, Wetterextremen und Überschwemmungen. Es wird nicht genutzt, um Unternehmen, Wirtschaft, Handwerk zukunftsweisend zu unterstützen auf dem Weg zur Klimaneutralität. Und es wird auch nicht genutzt, um unsere internationale Verantwortung in der Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe und der Lebens- und Friedenssicherung wahrzunehmen.
Das ist aus unserer Sicht ein schwerer Fehler, denn das Geld ist da. Aber statt sich für diese ganz konkreten Fragen, die die Menschen beschäftigen, zu entscheiden und das Leben bezahlbarer zu machen – etwa durch die Absenkung oder Streichung der Stromsteuer für Bürgerinnen und Bürger, für Handwerk und den kleinen Mittelstand – finanziert diese Regierung und die sie tragenden Fraktionen lieber die großen Unternehmen oder Wahlversprechen der CSU. Ich denke da etwa an die Frage der Mütterrente, an die Gastronomie-Senkung, die ja nicht weitergegeben werden wird an Menschen, die in die Gastronomie gehen. Oder eben die Stromsteuer, die nicht finanziert wird.
Man kann den Eindruck gewinnen, dass Söder hier den Kurs diktiert. Und ich fühle mich darin bestätigt, was ich vor Monaten schon gesagt habe: Wartet ab, dies wird eine betreute Kanzlerschaft von Markus Söder. Insgesamt sind wir auch in den Tagen nach dem Koalitionsausschuss mit einem großen Vielstimmenchor aus Reihen der CDU, der CSU und der SPD konfrontiert. Appelle, was die Stromsteuer angeht, an wen richten die sich? Der Koalitionsausschuss hat sich darauf geeinigt, die Stromsteuer für Privathaushalte, für Familien, für das Handwerk nicht zu senken. Das ist ein großer Fehler. Wenn wir an die notwendigen Investitionen in die Bahn denken – ich weiß nicht, wer von Ihnen in den letzten Tagen oder Wochen mal mit der Bahn gefahren ist – dann sind überall Investitionsnotwendigkeiten spürbar. Sowohl was die Abfederung der Preise angeht – diese irre Idee, Familientickets und Reservierungen zu verteuern – als auch die fehlenden Investitionen in die Bahninfrastruktur.
Wir werden darüber in den nächsten Tagen intensiv diskutieren, Kritik üben, wo es notwendig ist, und Vorschläge machen in der Sache, wie man andere notwendige Prioritäten setzen kann.
Spahns Maskenaffäre
Ein weiteres Thema, das uns auch in dieser Woche wieder beschäftigt, ist die dringend notwendige Aufklärung der Maskenbeschaffungen. Inzwischen liegt uns allen der Sudhof-Bericht mit ungeschwärzten Passagen vor. Ich frage mich, warum die Ministerin hier keine Vernunft hat walten lassen und von vornherein diesen Bericht ungeschwärzt vorgelegt hat, denn es war doch nur eine Frage der Zeit, bis ihn jede und jeder lesen kann. Das wirft Fragen auf. Fragen an die Ministerin, die für die Schwärzungen Verantwortung trägt, denn es ist keine persönliche Entscheidung, welche Passagen man schwärzt und welche man dem Parlament zum Lesen vorlegt. Hier wird sich die Ministerin erklären müssen. Die bisherigen Erklärungsversuche oder -bemühungen reichen bei weitem nicht aus, denn sie erklären nicht, warum ausgerechnet die Passagen geschwärzt wurden, die auch die Rolle von Jens Spahn beleuchten. Aus meiner Sicht hat sich die neue Gesundheitsministerin Nina Warken damit selbst in eine sehr unmögliche und unbequeme Situation gebracht.
Allen voran trägt aber Jens Spahn die Verantwortung, aktiv an der Aufklärung mitzuarbeiten. Ich habe null Verständnis dafür, dass er durch Ablenkungsmanöver oder die Beschimpfung Dritter versucht, von seiner eigenen Verantwortung abzulenken. Wer nichts zu verbergen hat, muss sich vor einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht fürchten. Und wenn es so ist, dass Jens Spahn an der Aufklärung mitarbeiten möchte, dann kann er gerne die Hand reichen und sagen: Ich bin bereit, ich lasse mich auf einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ein, den wir von Bündnis 90/Die Grünen für das richtige Mittel an dieser Stelle halten.
Mit der Vorlage dieses Berichts – auch in ungeschwärzter Form – und den von uns beantragten Befassungen im Gesundheitsausschuss und im Haushaltsausschuss in dieser Woche ist das Kapitel „Jens Spahn und die Maskenbeschaffung“ noch nicht abgeschlossen. Ich erwarte, dass Jens Spahn endlich Verantwortung übernimmt und zur Aufklärung beiträgt.
Grenzkontrollen
Als Drittes möchte ich heute unser gemeinsames Europa ansprechen. Uns ist klar: Die Antwort auf Donald Trumps „America First“ ist „Europe United“. Als jemand, der selbst an der deutsch-niederländischen Grenze aufgewachsen ist, muss ich Ihnen sagen: Es schmerzt mich ungemein, dass ab heute auch von der Seite Polens Grenzkontrollen an der polnischen Grenze stattfinden. Bis zu 5000 Soldatinnen und Soldaten sollen eingesetzt werden, um die Grenzkontrollen durchzuführen. Das ist Polens Antwort auf den nationalen Alleingang von Friedrich Merz. Dass man 40 Jahre nach Schengen Europa an einen solchen Tiefpunkt führt, dafür trägt allen voran Friedrich Merz, aber auch Alexander Dobrindt, die CDU/CSU und die SPD die Verantwortung. Wir haben vor dieser Situation gewarnt und darauf hingewiesen, dass unsere Antwort auf Herausforderungen in Europa nur ein gemeinsames Europa sein kann. Die Maßnahme, zu der Polen greift, ist eine Reaktion auf den nationalen Alleingang der Bundesregierung. Sie ist schlecht für die über zehn Millionen Menschen, die in der Region leben, für die vielen Pendlerinnen und Pendler sowie für Handwerk, Industrie und Wirtschaft in der Region.