22 Nov 2022

Online-Fachgespräch Womit bauen wir morgen? – Baustoffe der Zukunft

Womit werden wir in fünf, zehn oder zwanzig Jahren bauen? Zum Fachgespräch über die Zukunft des Bauens luden die grünen MdBs Kassem Taher Saleh und Sandra Detzer eine Expert*innen-Gruppe in den Bundestag. Sie diskutierten mit der Lehmbau-Spezialistin Sandra Sondern und dem Bauphysik-Experten Martin Krus vom Fraunhofer-Institut, Ralf Lepski, Obermeister der Dresdner Zimmererinnung und Sebastian Rauscher, Stoffstrommanager bei der Firma Heinrich Feeß in Baden-Württemberg.

"Zukunfts-Baustoffe"

Vier "Zukunfts-Baustoffe", mit denen auch in 20 Jahren noch gebaut werden sollte, nahm die Gruppe dabei genauer unter die Lupe genommen.

  • Erstens der scheinbar veraltete Lehm. Ein großer Vorteil von Lehm ist, dass er immer wieder verwendet werden kann, wenn er mit Wasser in Berührung kommt. Erstaunlich, aber wahr: ein Drittel der Menschheit lebt auch heute noch in Lehmhäusern. Wir kennen es aus Fachwerkhäusern. Lehm weißt zudem hervorragende Brandschutzeigenschaften auf und ist genormt - die überraschende Erkenntnis: Für einen nachhaltigen Wandel müssen wir im Bausektor nichts Neues erfinden.
  • Zweitens die als Baustoff eher unbekannten Materialien Rohrkolben und Schilf. Besonders spannend sind diese Materialien, wenn sie als so genannte Paludi-Kultur auf wiedervernässten Mooren angebaut werden, so wirken sie für das Klima gleich zweimal positiv. Im Torf der Moore sind große Mengen Kohlenstoff gespeichert und die nachhaltigen Rohstoffe können klimaschädliche Baustoffe ersetzen. Aus Schilf und Rohrkolben, auch bekannt als Typha, können sowohl Dämmstoffe als auch Wandelemente hergestellt werden. Rohrkolben sind besonders geeignet, da sie eine einzigartige Struktur aufweisen, die eine hervorragende Voraussetzung für die Nutzung als Wärme- und Schalldämmung und Hitzeschutz bietet.
  • Drittens Deutschlands relevantester nachwachsender Rohstoff Holz, der große Zukunftschancen besitzt, weil er dem Klimaschutz dienen kann. 122 Millionen Kubikmeter Holz wachsen jedes Jahr allein in Deutschland nach, 66 Prozent davon verarbeitet, aber nur 10 Prozent davon verbaut. Das bedeutet auch: Ein Großteil schöner Bäume wird einfach verbrannt. Hier gibt es also viel Nachholbedarf. Die Expert*innen waren sich deshalb auch einig: Es ist Zeit für eine Renaissance des Baustoffes Holz.
  • Viertens gibt es da noch den Recyclingbeton. Die meisten mineralischen Abfälle weltweit fallen in der Bauindustrie an. Schlimm genug, dass es kaum Entwicklungen zum Besseren gibt. Meist werden die Abfälle deponiert oder weg gekippt. Der Ruf nach Kreislaufwirtschaft sollte deshalb gerade für die Betonhersteller*innen unüberhörbar sein. Dann brauchen wir Mittel und Wege, den Beton wieder aufzubereiten. Ja, es ist laut und es ist dreckig. Aber es ist möglich. Und wir müssen aufhören, unsere Primär-Rohstoffe auszubeuten. Recyclingbeton ist ein großes Zukunftsversprechen!

Die Veranstaltung war Teil der dreiteiligen Fachgesprächsreihe „Bauen der Zukunft". In der Reihe wollen wir von Baumaterial über die technische Gebäudeausstattung bis hin zur Kreislaufwirtschaft im Bauen aktuelle Debatten aufnehmen und weiterspinnen. Weitere Veranstaltungen:

06.02.2023: "Wie betreiben wir Gebäude? - Hightech vs. Lowtech“

15.03.2023: „Heute Abfall, morgen Baumaterial? - Kreisläufe schließen“

Uhrzeit Programm
16.30

Kassem Taher Saleh MdB
Berichterstatter für Baumaterial und Kreislaufwirtschaft
im Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung,
Bauen und Kommunen
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

und

Sandra Detzer MdB
Berichterstatterin für Rohstoffe und
Kreislaufwirtschaft im Wirtschaftsausschuss
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Baustoff-Pitch durch Expert:innen:

Sandra Sondern
Architektin und Sprecherin Lehmbau, Architects4future

Martin Krus
Gruppenleiter "Feuchtemanagement und Materialkennwerte"
Fraunhofer Institut für Bauphysik

Ralf Lepski
Obermeister des Landesinnungsverbandes
der Zimmerer- & Holzbaugewerbes Sachsen
Obermeister der Dresdner Zimmererinnung

Sebastian Rauscher
Stoffstromanagement bei der Heinrich Feeß GmbH & Co. KG

Diskussionsrunde mit den Expert:innen

Moderation& Schlusswort: Kassem Taher Saleh MdB
18.00 Ende der Veranstaltung