07 Feb 2023

Hybride Veranstaltung Ein Schutzschirm für die Natur

Mehrere Personen sitzen an einem langen Tisch
Im Rahmen unseres Fachgesprächs haben wir mit Expert*innen diskutiert, welche Maßnahmen nun auf den Weg gebracht werden müssen und wie die Umsetzung des Biodiversitätsabkommens von Kunming-Montreal national und international schnell gelingen kann. Heye Jensen
  • Bei der Weltnaturkonferenz in Montreal wurde am 19. Dezember 2022 ein Rahmenabkommen zum Schutz der globalen Biodiversität verabschiedet.
  • Das Abkommen ist ein Meilenstein für den Erhalt der Arten und ein wichtiges Signal des Aufbruchs.
  • Im Rahmen unseres Fachgesprächs haben wir mit Expert*innen diskutiert, welche Maßnahmen nun auf den Weg gebracht werden müssen und wie die Umsetzung des Biodiversitätsabkommens von Kunming-Montreal national und international schnell gelingen kann.

Auf Einladung der grünen Bundestagsfraktion nahmen am 7. Februar 2023 circa 120 Gäste am Fachgespräch „Ein Schutzschirm für die Natur – Umsetzung des neuen UN-Rahmenabkommens zum Erhalt der Biodiversität“ im Paul-Löbe-Haus und online teil.

Gemeinsam mit Magdalene Trapp, Referentin für Biodiversitätspolitik und Naturschutz beim Naturschutzbund Deutschland (NABU), Daniel Schreiber von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), sowie Bettina Hoffmann, der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), diskutierten aus der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen die Abgeordneten Julia Verlinden, Harald Ebner und Jan-Niclas Gesenhues über die Ausgangslage nach dem Biodiversitätsabkommen von Kunming-Montreal sowie über die nächsten Schritte bei der nationalen und internationalen Umsetzung der Beschlüsse.

Montreal als Durchbruch für den Schutz unserer Lebensgrundlagen

Nachdem die Weltnaturkonferenz in den letzten Jahren mehrmals verschoben worden war und auch zu Beginn der Konferenz in Montreal ein Scheitern im Raum stand, waren sich alle Beteiligten des Fachgesprächs einig, dass mit dem „Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework“ ein echter Durchbruch im Kampf gegen die zweite große ökologische Krise unserer Zeit gelungen ist. Auch wenn der Schutzschirm für die Natur beispielsweise bei den Umsetzungsmechanismen oder bei der finanziellen Berichterstattung noch Lücken aufweise, könne das Abkommen mitsamt seiner Mission, bis 2030 den Biodiversitäts-Verlust zu stoppen und umzukehren, laut Daniel Schreiber und Magdalene Trapp als „Kompass“ für den Biodiversitätsschutz angesehen werden.

Dabei betonte Julia Verlinden, dass es sich bei der Frage um eine intakte Natur keineswegs um ein optionales „nice-to-have“ handele. Vielmehr betreffe der globale Biodiversitätsschutz unser aller Lebensgrundlagen, unsere Umwelt und unsere Gesundheit, weswegen die Aussterbekrise in der Öffentlichkeit viel mehr Aufmerksamkeit bekommen und nun alles darangesetzt werden müsse, schnellstmöglich in die Umsetzung der Beschlüsse von Montreal zu gelangen. Schließlich, so Harald Ebner, schütze die Natur uns nur, wenn auch wir sie schützten.

Unsere Hausaufgaben in Deutschland und der EU

Dabei sei sich die Bundesregierung einig, dass die Umsetzung der Beschlüsse von Montreal einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe entspreche, betonte Bettina Hoffmann. Sie unterstrich die partizipative Ausgestaltung des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK), das eine große Rolle in der Bekämpfung der als Zwillingskrisen anzusehenden Klimakrise und Biodiversitätskrise spielen wird. Für das ANK hat die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode vier Milliarden Euro bereitgestellt. Die Mittel sollen durch Fördermaßnahmen und Anreize gemeinsam mit Kommunen, Landnutzer*innen und Beteiligten aller Sektoren in Projekte des Natürlichen Klimaschutzes, wie zum Beispiel die Wiedervernässung von Mooren, investiert werden. Wie Magdalene Trapp klarmachte, käme es daher nun besonders auch auf Transparenz an, denn nur so könne die Bevölkerung effektiv mit in die Prozesse eingebunden werden. Wichtig wäre demnach, dass Fortschritte beim Biodiversitätsschutz leicht zugänglich auf einer Website nachvollzogen werden könnten.

Des Weiteren wurden von den Panelist*innen die zügige Implementierung der EU-Biodiversitätsstrategie, die Aufnahme von Ökosystemleistungen in das novellierte Bundeswaldgesetz, das Umsteuern in der EU-Agrarpolitik weg vom System der Direktzahlungen nach Betriebsgröße sowie das Aufstellen eines Aktionsplans Schutzgebiete zur Verbesserung der Qualität und des Managements von Schutzgebieten angemahnt. Jan-Niclas Gesenhues verwies zudem auf die große Wichtigkeit des EU-Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur und das mitunter übersehene, aber nicht weniger wichtige Ziel des neuen Biodiversitätsabkommens, bis 2030 30 Prozent der geschädigten Ökosysteme an Land und im Meer zu renaturieren. Darüber hinaus brachte Magdalena Trapp ein eigenes nationales Biodiversitätsgesetz mit klaren Regeln und Umsetzungshilfen für die verschiedenen Sektoren ins Spiel.

Internationale Biodiversitäts-Partnerschaften

Da sich die weltweiten Hotspots biologischer Vielfalt zu großen Teilen in Ländern des Globalen Südens wie zum Beispiel Brasilien oder der Demokratischen Republik Kongo befinden, sei es wichtig, dass sich Deutschland auch als Vorbild und Partner für eben diese Länder anbiete. Während das Montrealer Abkommen hierzulande sehr positiv aufgenommen worden wäre, sei dies nicht überall so der Fall gewesen. Deshalb machte Daniel Schreiber darauf aufmerksam, dass in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo zuallererst auch Überzeugungsarbeit gefragt sei, um die Regierungen und Bevölkerungen auf dem Montrealer Weg mitzunehmen.

Optimistisch stimmen können dabei bei der COP in Montreal initiierte Biodiversitätspartnerschaften (National Biodiversity Strategies and Action Plans (NBSAP) Accelerator Partnerships) mit Ländern wie Kolumbien. Sie ermöglichen es Deutschland und anderen Industriestaaten, ihre Partnerländer bei der Umsetzung der Biodiversitätsbeschlüsse zu unterstützen. Im Gegenzug kann Deutschland beispielsweise vom Wissen und der Kooperation mit indigenen Gruppen profitieren, die ihrerseits oftmals die Hüter*innen der Biodiversität sind und für die Erreichung der Montreal-Ziele unbedingt miteinbezogen werden müssen.

Weitere Herausforderungen und Rückenwind für die nächsten Jahre

Während das Bundesumweltministerium in diesen Tagen laut Christiane Paulus, Abteilungsleiterin Naturschutz im BMUV, die ersten Eintragungen von Flächen zur Erreichung des 30-Prozent-Schutzziels in Brüssel tätigt, stehen in den nächsten Jahren noch viele Anstrengungen auf allen Ebenen an, um die Ziele von Montreal Realität werden zu lassen. Auch wenn der Umweltschutz laut Harald Ebner hierzulande unter anderem aufgrund der Konsequenzen des russischen Angriffskriegs zuletzt immer wieder drohte, in die Ecke gedrängt zu werden, sahen die Teilnehmer*innen auf dem Panel auch ein Umdenken mit vielen positiven Anzeichen hinsichtlich der Wichtigkeit des Artenschutzes. Immer deutlicher werde Jan-Niclas Gesenhues zufolge klar, dass es bei der Umsetzung des Montrealer Biodiversitätsabkommen um nichts weniger als um unsere eigene Lebensversicherung ginge.  

Hintergrund

Mit dem Abschluss des „Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework“ auf der Weltnaturschutzkonferenz COP15 in Montreal endete das Jahr 2022 aus Umweltsicht mit einem positiven Highlight. So einigten sich die 196 teilnehmenden Staaten, bis zum Jahr 2030 ein Drittel der weltweiten Land- und Meeresflächen unter effektiven Schutz zu stellen. Der Einsatz von Pestiziden soll halbiert und 500 Milliarden Euro an umweltschädlichen Subventionen abgebaut werden. Darüber hinaus stärkt das Abkommen die Rechte von indigenen Gemeinschaften und stellt ganz konkret Unterstützung für die Länder des Globalen Südens zur Umsetzung von Natur- und Artenschutz in Aussicht.

Uhrzeit Programm
18.00

Anmeldung & Get Together

18.30

Begrüßung

Dr. Jan-Niclas Gesenhues MdB
Sprecher für Umweltpolitik
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Dr. Julia Verlinden MdB
stellv. Fraktionsvorsitzende
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

18.45

Diskussion mit

Stefan Tidow
Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)

Ingrid-Gabriela Hoven
Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Magdalene Trapp
Expertin für internationale Biodiversitätspolitik
beim Naturschutzbund Deutschland (NABU)

Moderation: Jan-Niclas Gesenhues MdB

19.55

Ausblick

Harald Ebner MdB
Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt,
Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

20.00 Get together
21.00 Ende der Veranstaltung