28 Sep 2023

Hybrides Fachgespräch Für mehr Ressourceneffizienz – vom linearen zum zirkulären Geschäftsmodell

Handy, T-Shirt, Waschmaschine: Viele Dinge gehen heute schnell kaputt und landen dann im Müll. Unser hoher Verbrauch an Ressourcen bringt den Planeten an seine Grenzen. Wir wollen raus aus der Wegwerfgesellschaft – und rein in die Kreislaufwirtschaft.

Die Kreislaufwirtschaft ist ein zentraler Baustein, um Klimaziele einzuhalten, unsere Rohstoffsouveränität zu stärken, unseren Wohlstand zu erneuern und die Zerstörung der Natur für den Abbau von Ressourcen zu begrenzen.

Wie diese neue Art des Wirtschaftens aussehen kann, was es dafür braucht und welche Herausforderungen uns noch bevorstehen, darüber haben wir bei einem Fachgespräch mit Expert*innen aus Wirtschaft, Politik und Forschung diskutiert.

Mit Kreislaufwirtschaft Klimaziele erreichen

Eingeladen hatten unser umweltpolitischer Sprecher Dr. Jan-Niclas Gesenhues und unsere wirtschaftspolitische Sprecherin Dr. Sandra Detzer. Gesenhues stellte in seiner Begrüßung heraus, dass wir nur mit einer starken Kreislaufwirtschaft die Klimaziele erreichen können. Gleichzeitig sieht er große Potenziale für die Wirtschaft. Auch Detzer hob die Rolle der Kreislaufwirtschaft als Innovationstreiber hervor. Sie fragte außerdem in die Runde, wie wir als Grüne noch stärker für eine positive Entwicklung einstehen können.

Darauf gab Dr. Bettina Hoffmann, Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, in ihrer politischen Einführung Antworten. Die Weichen für eine echte Kreislaufwirtschaft zu stellen, sei ein zentrales Anliegen für die Regierung. Um eine neue Art des Wirtschaftens zu fördern und voranzutreiben, erarbeitet das Ministerium derzeit eine Nationale Kreislaufwirtschafts-Strategie und verschiedene Gesetzesinitiativen.

Ressourcenverbrauch seit 1970 verdreifacht

Dr. Catharina Bening, Research Lead Circular Economy an der ETH Zürich, beleuchtete die wissenschaftliche Perspektive. Derzeit sei das Wirtschaftswachstum klar an unseren Ressourcenverbrauch gebunden. Dieser habe sich seit 1970 verdreifacht. 99 Prozent der gekauften Produkte werden nur 6 Monate genutzt – mit fatalen Folgen für unsere Umwelt: 90 Prozent des Biodiversitätsrückgangs und 50 Prozent der weltweiten Treibhausgasausstöße gehen darauf zurück.

Die Kreislaufwirtschaft versuche diesen Zusammenhang aufzubrechen – durch weniger Materialverbrauch, längere Nutzung und die Regenerierung natürlicher Ressourcen. Bening zeigte aber auch Fallstricke der Kreislaufwirtschaft auf, etwa die Gefahr von Greenwashing.

Aus der Nische in den Massenmarkt

Im zweiten Teil der Veranstaltung behandelten zwei parallele Panels die Themen Wiederverwendung und Recycling. Katarzyna Dulko-Gaszyna, Nachhaltigkeitsmanagerin bei IKEA Deutschland, machte deutlich, dass IKEA das Thema Kreislaufwirtschaft aus der Nische in den Massenmarkt einführen möchte. Allerdings zeigte sich auch, dass einige der eingeführten Pilotprojekte zu einem Rebound-Effekt führten oder noch nicht hinreichend bekannt sind.

Marc Engelmann, Gründer von Boomerang, stellte sein Unternehmen mit Mehrwegsystem inklusive Logistik und Reinigung vor. Durch die auf europäischer und nationaler Ebene zu erwartenden Regulierungen wird Mehrweg aus seiner Sicht immer mehr zum Standard. Bening von der ETH Zürich konnte dies mit Ergebnissen aus der Empirie einordnen. Sie fasste zusammen: Kreislaufwirtschaft kann alles sein, vom trojanischen Pferd bis zu einer Handreichung.

Potenzial für Mittelstand und Industrie

Dr. Michael Weltzin vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstrich das ökonomische Potenzial der Kreislaufwirtschaft für Mittelstand und Industrie. Für eine erfolgreiche regulatorische Begleitung benötige es eine enge Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure. Als Datengrundlage hierfür kann unter anderem der jüngst veröffentlichte „Recyclingatlas für die Metallerzeugung“ der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) dienen.

Dr. Adriana Neligan vom Institut der Deutschen Wirtschaft sprach über die notwendige Wettbewerbsfähigkeit der zirkulären Geschäftsmodelle, ohne die es für Unternehmen keine Argumente gäbe, aus der linearen Wirtschaft auszusteigen. Björn Bischoff vom Umweltbundesamt fügte hinzu, dass für den Hochlauf der Kreislaufwirtschaft direkt beim Produktdesign angesetzt werden müsse.

Unternehmen sind Verbündete für Nachhaltigkeit

Lilian Schwich, CEO der cylib GmbH, stellte ihr Start-up für nachhaltiges Batterierecycling vor und berichtete von den Herausforderungen, vor denen das Unternehmen steht. Fehlende Investments für eine großindustrielle Produktion, die aktuell noch herrschende Unsicherheit im Markt und lange Genehmigungsverfahren erschweren die Hochskalierung. Andererseits sei der Markt in Europa groß genug und ab 2030 relevante Rücklaufmengen an Batterieschrott zu erwarten, weshalb die Batterierecycling-Industrie einen signifikanten Einfluss auf die Rohstoffverfügbarkeit in Europa haben kann.

Insgesamt zeigte das Fachgespräch: Nur gemeinsam können Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unsere Abhängigkeit von immer neuen Rohstoffen aus zerstörter Natur überwinden. Deutschlands Unternehmen sind wichtige Verbündete für mehr Nachhaltigkeit und viele sind bereit für Veränderung. Die Politik ist jetzt in der Verantwortung, die richtigen Anreize zu setzen und Rechtssicherheit zu schaffen.

 

   
18.30

Begrüßung

Dr. Jan-Niclas Gesenhues MdB
Sprecher für Umweltpolitik
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Dr. Sandra Detzer MdB
Sprecherin für Wirtschaftspolitik
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

18.40

Politische Einführung (digital)

Dr. Bettina Hoffmann MdB
Parlamentarische Staatssekretärin im
Bundesministerium für Umwelt und Verbraucherschutz

18.45

Wissenschaftliche Einführung

Dr. Catharina Bening
Research Lead Circular Economy
Group for Sustainability and Technology ETH Zürich

19.15

Panel: ReUse - Wiederverwendung als Geschäftsmodell 

Katarzyna Dulko-Gaszyna
Sustainability Managerin
IKEA Deutschland

Dr. Catharina Bening
Research Lead Circular Economy
Group for Sustainability and Technology ETH Zürich

Marc Engelmann
Gründer und CEO
Boomerang

Moderation: Dr. Jan-Niclas Gesenhues MdB
Panel ReUse: PLH 2.600

 

Panel: ReCycle - Recycling als Geschäftsmodell

Dr. Michael Weltzin
Referent für Kreislaufwirtschaft
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

Björn Bischoff
Sachgebietsleiter „Produktverantwortung Elektrogeräte, Fahrzeuge und Batterien“
Umweltbundesamt

Lilian Schwich
CEO der cylib GmbH

Dr. Adriana Neligan
Senior Economist für Umwelt, Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit
beim Institut der Deutschen Wirtschaft

Moderation: Dr. Sandra Detzer MdB
Panel 2: PLH 4.600

20.20

Schlusswort

ab 20.30

Informeller Ausklang der Veranstaltung

   

 

Anreise

Zum Paul-Löbe-Haus gelangen Sie mit der U-Bahn bis Haltestelle „Bundestag" oder der U- oder S-Bahn bis Haltestelle „Hauptbahnhof“ oder „Brandenburger Tor“ oder mit dem Bus 100 bis zur Haltestelle „Reichstag/Bundestag“. Über den Eingang West, Konrad-Adenauer-Str. 1 gelangen Sie zum Veranstaltungsort. Um in das Paul-Löbe-Haus zu gelangen, benötigen Sie ein amtliches Personaldokument. Eine namentliche Anmeldung mit Angabe des Geburtsdatums ist im Vorfeld erforderlich.