Medizinethik

Vorschläge zur Regelung von Sterbehilfe

Eine Hand einer jüngeren Frau liegt auf der Hand einer älteren Frau.
2020 hat das Bundesverfassungsgericht das bestehende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Im Bundestag wurde über zwei Anträge abgestimmt, mit der die Sterbehilfe reguliert werden sollte. Keiner der Anträge fand eine Mehrheit. pixabay/sabinevanerp
06.07.2023
  • 2020 hat das Bundesverfassungsgericht das bestehende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt.
  • Nach fast einem Jahr der Diskussion stimmte der Bundestag über zwei verschiedene Vorschläge zur Regulierung der Suizidhilfe ab. Keiner der Anträge fand eine ausreichende Mehrheit.
  • Einen gemeinsamer Antrag beider Gruppen mit Forderungen zur Verbesserung der Suizidprävention wurde hingegen angenommen.

Im Februar 2020 hat das Bundesverfassungsgericht die Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung in §217 StGB für verfassungswidrig erklärt. Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, auch in Anspruch zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund debattierte der Bundestag seit vergangenem Herbst, wie das Recht auf selbstbestimmtes Sterben gesichert werden kann und unter welchen Voraussetzungen hierbei Dritte, wie zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte, helfen können. Wie bei medizinethischen Themen üblich, konnten die Abgeordneten quer zu den Fraktionsgrenzen Gruppeninitiativen vorlegen. Ursprünglich lagen drei Gesetzesinitiativen vor, die jeweils auch von einigen Abgeordneten der grünen Fraktion mitgetragen wurden. Im Zuge der Beratungen schlossen sich zwei der drei Gruppen zusammen und legten einen gemeinsamen Gesetzentwurf vor.

In der Abstimmung am 5. Juli 2023 fand keiner der Gesetzentwürfe eine Mehrheit. 

Gesetzentwurf 1

von Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU), Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), Benjamin Strasser (FDP) und Kathrin Vogler (Linke) u.a.

Anbieter geschäftsmäßiger Suizidhilfe machen sich nach diesem Gesetzentwurf strafbar, wenn sie sich nicht an ein Schutzkonzept halten. Unter bestimmten Bedingungen ist die Suizidhilfe nicht rechtswidrig. Hierzu müssen grundsätzlich zwei psychotherapeutische oder psychiatrische Untersuchungen im Abstand von mindestens drei Monaten zu dem Ergebnis kommen, dass das Sterbeverlangen freiwilliger, ernsthafter und dauerhafter Natur ist. Ergänzend ist eine ergebnisoffene Beratung zu den Aspekten des Sterbewunsches notwendig. Zwischen der letzten Untersuchung und der Suizidhilfe dürfen maximal zwei Wochen und höchstens zwei Monate liegen. In Härtefällen ist auch eine Untersuchung ausreichend. Ein Härtefall liegt laut dem Entwurf zum Beispiel vor, wenn der Betroffene an einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung leidet.

Gesetzentwurf 2

von Katrin Helling-Plahr (FDP), Renate Künast (Grüne), Helge Lindh (SPD), Petra Sitte (Linke) Till Steffen (Grüne) u.a.

Für den Suizid geeignete Arznei- oder Betäubungsmittel können nach diesem Entwurf grundsätzlich durch ärztliche Verschreibung abgegeben werden, sofern der autonom gebildete, freiverantwortliche Wille ärztlich festgestellt wurde, eine medizinische Aufklärung erfolgt ist und zuvor eine Beratung durch eine anerkannte Beratungsstelle durchgeführt wurde. Zwischen Beratung und Verschreibung müssen mindestens 3 Wochen liegen. In Härtefällen kann auf diese Frist verzichtet werden. Ein besonderer Härtefall ist laut dem Gesetzentwurf gegeben, wenn sich die suizidwillige Person gegenwärtig in einem existentiellen Leidenszustand befindet, wie zum Beispiel bei Vorliegen einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung und zugleich begrenzter Lebenserwartung.

Gemeinsamer Antrag zur Suizidprävention

Beide Gruppen haben einen gemeinsamen Antrag eingebracht, der die Verbesserung der Suizidprävention zum Ziel hat. Gefordert werden darin beispielsweise Maßnahmen zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung sowie Präventionsprojekte für besonders gefährdete Menschen wie etwa Jugendliche oder junge Erwachsene. Dieser Antrag wurde vom Bundestag angenommen.