Was Kommunalpolitiker*innen jetzt wissen müssen

Flüchtende aus der Ukraine

Ein Junge steht einem Mann gegenüber und sucht sich Lebensmittel aus
Hunderttausende Menschen suchen in Deutschland Schutz vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Viele Kommunen haben schon zahlreiche Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen. Wir fassen zusammen, was wir als grüne Bundestagsfraktion machen und wie Kommunal- und Regionalpolitiker*innen unterstützen können. picture alliance / SULUPRESS.DE | Vladimir Menck/SULUPRESS.DE
02.06.2022
  • Hunderttausende Menschen suchen in Deutschland Schutz vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine.
  • Viele Kommunen haben in den vergangenen Monaten zahlreiche Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen und sind bereit, dies auch in Zukunft zu tun.
  • Wir zeigen hier auf, was wir von Bundesebene aus tun, um die Aufnahme Geflüchteter zu unterstützen und fassen kommunale Handlungsoptionen zusammen, denn Kommunal- und Regionalpolitiker*innen sind hier oft die ersten Ansprechpartner*innen.

Bereitstellung von Wohnraum

Zur Unterbringung der Geflüchteten müssen frühzeitig entsprechende Erstunterkünfte und Wohnungen gesucht und/oder saniert werden. Vor allem werden auch barrierefreie, familiengerechte Wohnungen benötigt. Alle Bedarfe müssen beim Thema Wohnraumbeschaffung mitbedacht werden. Dabei stellt die Kurzfristigkeit, mit der die Menschen in Deutschland ankommen, eine große Herausforderung dar. Daher sind Städte und Kommunen darauf angewiesen, dass Geflüchtete in privaten Unterkünften untergebracht werden. Die Koordination läuft meist über digitale Plattformen von gemeinnützigen Organisationen. Unterkunft Ukraine vermittelt beispielsweise Unterkünfte bei Privatpersonen an Geflüchtete aus der Ukraine. 

Außerdem haben wir Grüne im Bundestag gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern beschlossen, die bestehenden baurechtlichen Erleichterungen zur Unterbringung von Geflüchteten zu ergänzen. Um eine leichtere Unterbringung zu gewährleisten, wurde der Absatz 14 im Paragraph 246 „Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte“ des Baugesetzbuches bis 2024 befristet reaktiviert. Die Verlängerung der Regelung bis 2027 wurde bereits vom Kabinett beschlossen.

Dieser ermöglicht es den Kommunen, leichter von Bebauungsplänen abzuweichen oder Nutzungsänderungen durchzuführen. Die Regelung kommt nur dann zur Anwendung, wenn in einer Gemeinde dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten für Geflüchtete nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

Unterbringung und Versorgung von Waisenkindern

Ein besonderer Bedarf an Wohnraum besteht bei der Unterbringung von Waisenkindern, da diese oftmals in großen Gruppen in Deutschland einreisen. Die Bundesregierung und SOS-Kinderdorf haben eine Meldestelle zur Koordinierung der Aufnahme ukrainischer Waisenkinder eingerichtet. In der Ukraine leben rund 100.000 Waisen- und Heimkinder. Von ihnen befinden sich auch einige Gruppen bereits in Deutschland. Ziel ist es, diese Gruppen gemeinsam mit ihren Betreuer*innen unterzubringen. Bei der Telefon-Hotline 0800/1260612 können sich beispielsweise Hotels oder Landschulheime melden, um verfügbare Kapazitäten anzuzeigen. Angedacht ist die Hotline aber auch für Personen, die Waisenkinder aus der Ukraine hergebracht haben oder Personen die Waisenkinder unterbringen möchten. Auch das BMFSFJ informiert auf seiner Website über die Unterbringung von Waisenkindern.   

Ehrenamtliches Engagement 

Viele ehrenamtliche Helfer*innen beteiligen sich an der Erstversorgung und Koordination der ukrainischen Geflüchteten in Deutschland. Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt unterstützt Personen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen. Informationen zu Engagementplattformen und Freiwilligenagenturen sowie allgemeine Informationen der Bundesregierung finden sich auf der Überblicksseite der Bundesstiftung Ukraine - Ehrenamt hilft gemeinsam. Vielerorts sind bereits individuelle Plattformen zur Koordination von Hilfsangeboten eingerichtet. Informationen findet man auf den Internetseiten der jeweiligen Städte und Gemeinden. Auf der Seite Can’t Stop Me finden sich viele Unterstützungsangebote von Menschen in verschiedenen deutschen Städten. Von kostenloser Kinderbetreuung bis hin zur Hilfe beim Deutsch lernen.

Auch die ehrenamtliche Arbeit verlangt den Freiwilligen einiges ab. Bei akuten Belastungen wie Überforderung, Zweifeln oder Stress kann neben der psychosozialen Beratung durch Psycholog*innen die Initiative Redezeit für Dich Freiwilligen ein offenes Ohr schenken und ein kostenloses telefonisches Coaching anbieten.

Integrations- und Sprachkurse

Die Bundesregierung hat entschieden, Angebote der Sprachförderung für Geflüchtete aus der Ukraine zu öffnen. Der Besuch des Integrationskurses ist für diese Personen kostenfrei. Um Eltern mit Kindern im nicht schulpflichtigen Alter die Teilnahme an einem Integrationskurs zu erleichtern, wurde das Bundesprogramm “Integrationskurs mit Kind: Bausteine für die Zukunft" ins Leben gerufen.

Gesundheitsversorgung

Mit der Aktivierung der sogenannten „Massenzustromrichtlinie“ hat die EU dafür gesorgt, dass Geflüchtete aus der Ukraine unbürokratisch und schnell Hilfe bekommen. In Deutschland erhalten sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz. Seit dem 1. Juni 2022 haben sie Zugang zur Grundsicherung, dies beinhaltet den Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung. Die grüne Bundestagsfraktion setzt sich dafür schon lange ein. Es ist gut für die Menschen und entlastet die Behörden erheblich.

Über die Website Jameda können ukrainisch sprachige Ärzt*innen gesucht und Termine online vereinbart werden. Auch kostenlose Behandlungen für Ukrainer*innen werden dort vermittelt. Geflüchtete können sich außerdem in Impfzentren, bei Ärzt*innen und ausgewählten Apotheken kostenfrei gegen Covid-19 impfen lassen. Terminvereinbarung gibt‘s hier: Zusammen Gegen Corona.

Angebote zur psychosozialen Betreuung Geflüchteter

Geflüchtete können auf verschiedene Art und Weise psychosoziale Betreuung in Anspruch nehmen. Die "Nummer gegen Kummer" bietet in Zusammenarbeit mit dem Bundesfamilienministerium die kostenlose Telefonberatung "Helpline Ukraine" unter der Nummer 0800/5002250 an. Bei IPSO Care können sie sich beispielsweise anonym, online und kostenlos beraten lassen.

Unterstützung von LSBTIQ* in der Ukraine und unter den Geflüchteten

Das Regenbogenportal informiert über verschiedene Unterstützungsangebote sowohl für LSBTIQ*, die nicht aus der Ukraine ausreisen können, als auch für Geflüchtete, die bereits in Deutschland angekommen sind, in deutscher und englischer Sprache.

Unterstützung von Studierenden und Wissenschaftler*innen

Der Deutsche Akademische Austauschdienst fasst auf seiner Website zentrale Hilfsangebote für Studierende und Wissenschaftler*innen aus der Ukraine zusammen und stellt weiterleitende Links zur Verfügung. Es handelt sich beispielsweise um Stipendien zur Weiterführung von Forschungsprojekten oder die Fortführung eines in der Ukraine begonnenen Studiums in Deutschland.

Sachspenden

Auch die Versorgung mit Kleidung steht gemeldeten Kriegsgeflüchteten zu. Helfen kann dabei das zuständige Sozialamt. Möchte man Geflüchtete in Deutschland oder auch Menschen in der Ukraine unterstützten, empfiehlt die Caritas sowie das Aktionsbündnis “Deutschland Hilft” vorrangig Geld zu spenden, da die Bedarfe sich schnell ändern. Möchte man lieber Sachgüter spenden, empfiehlt es sich gezielt und tagesaktuell den Bedarf für Geflüchtete zu erfragen. Zur Unterstützung gibt es beispielsweise die App WasWohin. Sie vermittelt Annahmestellen für Spenden im Umkreis des Nutzers und gibt an, was dort aktuell benötigt wird.

Städtepartnerschaften

Viele Städte möchten sich mit Städten in der Ukraine solidarisch erklären und neue Städtepartnerschaften aufbauen. Durch sogenannte Huckepack Partnerschaften kann sich eine Kommune an eine bestehende Städtepartnerschaft anhängen und diese somit finanziell und logistisch unterstützen. Dies ist auch möglich für Partnerschaften mit Städten in Nachbarländern der Ukraine wie beispielsweise in Moldau, Polen oder Rumänien. Die Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) unterstützt im Auftrag des BMZ deutsch-ukrainische Städtepartnerschaften, um Institutionen auf kommunaler Ebene zu stärken. Sie bietet Informationsangebote sowie personelle und finanzielle Unterstützungsinstrumente. Die Website Cities4Cities bringt die Bedürfnisse ukrainischer Städte mit dem Know-how und dem Angebot anderer europäischer Städte zusammen, dadurch sollen lokale und regionale Politiker*innen in Zeiten des Krieges unterstützt werden.

Informationsdienst Grüne Kommunalpolitik

Die Redaktion der Fachzeitschrift Alternative Kommunalpolitik trägt Anfragen und Anträge grüner Kreistags-, Stadtrats- und Gemeinderatsfraktionen sowie weitere Links im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg zusammen und kann Kommunen einen Überblick über laufende Anträge zum Thema Krieg in der Ukraine verschaffen. 

Websites zur allgemeinen Orientierung 

Germany4Ukraine ist die offizielle Online-Plattform des BMI, die allgemeine Informationen zusammenfasst. Auch eine gleichnamige App wurde vom BMI erstellt. 

ProAsyl bietet allgemeine Hinweise für Geflüchtete aus der Ukraine.

Handbook Germany stellt Informationen zu allgemeinen Fragen wie Hilfen vom Staat oder zur Gesundheitsversorgung bereit.

Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuz unterstützt Geflüchtete kostenfrei bei der Suche nach Familienangehörigen, zu denen der Kontakt auf der Flucht abgebrochen ist.

DIJuF stellt Informationen für unbegleitete minderjährige Geflüchtete zur Verfügung.