Reform Strafprozessrecht

Strafrechtliche Hauptverhandlungen zukunftsfähiger gestalten

Die Strafprozessordnung und mehrere Aktenordner liegen auf einem Tisch.
Strafgerichtliche Hauptverhandlungen werden derzeit nicht vollumfänglich dokumentiert. Das ändern wir mit einem Gesetzentwurf, der die Dokumentation der Hauptverhandlung vorsieht. Zukünftig wird es eine Tonaufzeichnung und ein umgewandeltes Transkript geben. Thomas Frey | picture alliance
17.11.2023
  • Der Bundestag hat am 17. November 2023 den Entwurf eines Gesetzes „zur digitalen Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung“ (Hauptverhandlungsgesetz – DokHVG) nach zweiter und dritter Lesung verabschiedet.
  • Dank unseres Gesetzentwurfs wird allen Verfahrensbeteiligten während der strafgerichtlichen Hauptverhandlung ein verlässliches, objektives und einheitliches Hilfsmittel für die Aufbereitung des Verfahrensgeschehens zur Verfügung gestellt.
  • Die strafgerichtliche Hauptverhandlung wird nunmehr als Audio-Datei aufgezeichnet und die Aufzeichnung dann transkribiert werden. Auch eine Video-Aufzeichnung wird als Option für die Länder möglich sein.

Die Dokumentation der Hauptverhandlung kommt! Nach der öffentlichen Anhörung am 11. Oktober 2023 konnten wir im parlamentarischen Verfahren noch Verbesserungen erzielen. So wird Strafverteidiger*innen zum Beispiel die Weitergabe des Transkripts an die Angeklagten ermöglicht. Außerdem wurden die Vorschriften zum Schutz der Persönlichkeitsrechte noch einmal überarbeitet.

Das derzeitige Problem ist: Die Hauptverhandlung wird nicht vollumfänglich und objektiv dokumentiert. Ein Formalprotokoll hält lediglich den „wesentlichen Inhalt“ fest. Dies erschwert die Arbeit der Prozessbeteiligten. Hierdurch kommt es in den strafgerichtlichen Verhandlungen oft zu Uneinigkeit über die Aussagen von Zeug*innen und Angeklagten. Wenn Verhandlungen sich über Wochen oder sogar Monate ziehen und nicht dokumentiert werden, führt dies dazu, dass Richter*innen ihr Urteil auf ihre eigenen Notizen und ihr Gedächtnis stützen müssen. Durch die Tonaufzeichnung und anschließende Transkription der Hauptverhandlung wird die Qualität der Hauptverhandlungen steigen. Richter*innen werden dadurch entlastet.

Rechte der Verfahrensbeteiligten werden gestärkt

Viele Unklarheiten, die im Laufe verschiedener Verhandlungstermine aufkommen, können durch eine vollumfängliche und objektive Dokumentation ausgeräumt werden. Darüber hinaus werden die Rechte der Betroffenen gestärkt, denn auch diese können anhand einer objektiven Dokumentation die Hauptverhandlungstermine zuverlässig nachvollziehen.

Das Gesetz sieht zudem Regelungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte von Zeug*innen und Angeklagten vor. Hinzu kommt, dass es bei Verhandlungen, die aufgrund von Personen- oder Staatsschutz Geheimhaltungsinteressen unterliegen, nicht zu einer Aufzeichnung kommen soll.

Aufzeichnungen in vielen Staaten bereits die Norm

Durch das Gesetz können wir dem Anspruch gerecht werden, den der Rechtsstaat an die Zuverlässigkeit strafgerichtlicher Verfahren stellt. Unser Ziel ist, dass sich dieser Standard den technischen Möglichkeiten entsprechend weiterentwickelt. Eine Bildaufzeichnung wird als Option für die Länder möglich sein. Das ist ein wichtiger erster Schritt. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Möglichkeit möglichst oft genutzt und zukünftig zum Standard wird. Der Blick in europäische Nachbarländer zeigt dabei: Deutschland bleibt mit seiner aktuellen Praxis weit hinter anderen EU-Staaten zurück. Die Aufzeichnung in Bild und Ton ist in vielen Nachbarstaaten bereits die Norm.