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EU-Lieferkettengesetz: Massive Abschwächung mit rechter Mehrheit
- Mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments schrumpft das EU-Lieferkettengesetz in seiner Wirkung auf ein Minimum zusammen und damit der Schutz vor Kinder- und Zwangsarbeit sowie Ausbeutung oder Umweltzerstörung entlang der Lieferketten.
- Menschenrechte und die Widerstandsfähigkeit unserer Lieferketten werden mit dieser Entscheidung geschwächt, da nur noch ein Bruchteil der Unternehmen von dem Gesetz betroffen ist. Die Absenkung der Nachhaltigkeitsstandards steht im Widerspruch zum Ziel, die Richtlinie als Beitrag zur geopolitisch erforderlichen strategischen Resilienz Europas anzuerkennen.
- Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir uns in unserem Antrag „Globale Verantwortung mit EU-Lieferkettenrichtlinie stärken – Schutzstandards hochhalten, Bürokratieabbau vorantreiben“ klar und deutlich für ein starkes Europäisches Lieferkettengesetz ausgesprochen. Der Schutz von Menschenrechten ist kein „nice to have“!
Kurz vor Weihnachten wurde der letzte Nagel in den Sarg des EU-Lieferkettengesetztes und der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung geschlagen. Das Europaparlament hat am 16. Dezember 2025 dem Ergebnis des Trilogs zum sogenannten „Nachhaltigkeitsomnibus“ zugestimmt – mit einer Mehrheit, die erneut nur durch die bewusste Zusammenarbeit der Konservativen mit den extremen Rechten zustande kam. Das ist formal gravierend, denn die Brandmauer in Brüssel gegen Rechtextreme ist damit endgültig Geschichte. Auch inhaltlich ist diese Entscheidung erschütternd, denn sie schrumpft die EU-Richtlinien auf ein Minimum zusammen: Nur noch ein Bruchteil der Unternehmen wird zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette verpflichtet. Damit wird der Schutz der Rechte von Arbeitnehmer*innen vor Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen massiv erschwert. Auch wird es im Falle des EU-Lieferkettengesetz keine einheitliche Regelung zu zivilrechtlicher Haftung geben. Dadurch entsteht ein Flickenteppich aus Regularien in Europa. Anstatt einheitlicher und fairer Wettbewerbsbedingungen („Level Playing Field“) für Unternehmen im EU-Binnenmarkt, droht im Umkehrschluss ein Aufwuchs an Bürokratie und eine Schwächung der wirtschaftlichen Sicherheit Europas.
Die Menschen in Deutschland wollen keine Kinderarbeit in ihrer Schokolade und keine Zwangsarbeit in ihren T-Shirts. Während die Union hierzulande eine Brandmauer zur AfD beschwört, stimmt sie in den Trilog-Verhandlungen zur EU-Lieferkettenrichtlinie bewusst mit den Rechtsextremen - und setzt so Menschenrechte und Demokratie aufs Spiel.
Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir uns in unserem Antrag „Globale Verantwortung mit EU-Lieferkettenrichtlinie stärken – Schutzstandards hochhalten, Bürokratieabbau vorantreiben“ klar und deutlich für ein starkes Europäisches Lieferkettengesetz ausgesprochen. Der Schutz von Menschenrechten ist kein „nice to have“!
Nachhaltige Lieferketten sind heute strategische Standortpolitik. Sie stärken Europas Wettbewerbsfähigkeit, schützen vor geopolitischen Risiken und machen verantwortungsbewusste Unternehmen zu Gewinnern der Transformation.
Gerade in einer Welt voller geopolitischer Risiken müssen sich Unternehmen mit ihren Lieferketten auseinandersetzen, Risiken früh erkennen und verantwortungsvoll steuern – sonst drohen Lieferausfälle, Skandale, Rechtsunsicherheit und teure Preisschocks für die Verbraucher*innen. Im Trilog-Ergebnis einzig positiv hervorzuheben ist, dass Unternehmen im Rahmen des EU-Lieferkettengesetz auch weiterhin ihre gesamte Lieferkette durchleuchten müssen. Das ist gut und wichtig, da Menschenrechtsverletzungen überwiegend am Anfang der Lieferkette passieren. Das muss in der Folge auch im deutschen Lieferkettengesetz national angepasst werden. Trotz des schlechten Deals gilt es nun, die für Unternehmen notwendige Planungs- und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die Umsetzung in Deutschland muss lückenlos und unbürokratisch erfolgen. Darauf haben sich viele Unternehmen verlassen, die sich bereits vorausschauend auf den Weg hin zu mehr Fairness in den Lieferketten gemacht haben. Denn eine sozial-ökologische und resiliente Marktwirtschaft braucht fairen Wettbewerb und bringt Vorteile für die Wertschöpfung von morgen mit sich.
Für uns als Grüne Bundestagsfraktion steht fest: gut gemachter Bürokratieabbau heißt nicht Deregulierung, sondern Vereinfachung bei Erhalt des Schutzniveaus – ohne Aushöhlung von menschen-, arbeits- und umweltrechtlichen Standards führen („Simplification not Deregulation“). Bürokratieabbau und Schutzstandards dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Grundsätzlich muss das globale Wirtschafts- und Handelssystem gerechter werden und interne Kosten dürfen nicht mehr unbegrenzt auf Kosten von Menschen und Natur externalisiert werden – auch mit Blick auf die internationale Glaubwürdigkeit der EU. Lieferkettentransparenz schützt Menschen vor Ausbeutung, schont natürliche Ressourcen und verringert operative und politische Risiken in Lieferketten.
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