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Queerfeindlichkeit: Vielfalt schützen, Diskriminierung beseitigen

  • Es ist CSD-Saison und es gab deutschlandweit noch nie so viele Paraden und Straßenfeste wie in diesem Jahr. Das ist großartig. Leider sind sie gleichzeitig immer stärker Ziel rechtsextrem motivierten Störungen und Bedrohungen. So wurden bereits einige Veranstaltungen beeinträchtigt oder gar verhindert. Queerfeindlichkeit ist kein Randphänomen im Rechtsextremismus, sondern fester Bestandteil seiner Strategie.
  • Queerfeindliche Hasskriminalität sowie die Diskriminierung queerer Menschen sind eine Bedrohung für unsere Demokratie und unsere offene Gesellschaft. Staat und Gesellschaft sind aufgefordert, diesen Angriffen auf die Sicherheit und die Grundrechte queerer Menschen überall klar und entschieden entgegenzutreten.
  • Gerade jetzt muss der Bundestag Flagge zeigen, auch mit der Regenbogenfahne auf dem Reichstagsgebäude zum CSD. Die Bundesregierung muss den Nationalen Aktionsplan „Queer Leben“ konsequent weiterführen. Weiter bestehende rechtliche Diskriminierungen müssen endlich fallen. Dazu haben wir einen umfassenden Antrag in den Bundestag eingebracht. 

Der Staat muss Sicherheit für alle gewährleisten, muss Freiheit schützen, gleiche Rechte vollenden, Diskriminierung bekämpfen und Akzeptanz stärken. Deshalb ist im gegenwärtigen Klima der Verrohung Aufgabe der öffentlichen Institutionen mit gutem Beispiel voranzugehen und ihren Anteil zu leisten, die Sichtbarkeit queeren Lebens zu erhöhen und sich solidarisch mit denen zu zeigen, die derzeit angefeindet und auch angegriffen werden. Hier hat die neue Bundesregierung bislang völlig versagt. Der für die innere Sicherheit zuständige Innenminister Dobrindt schweigt zu den Angriffen auf CSD-Veranstaltungen.

Gerade jetzt braucht es, wie seit 2022 geschehen, das Hissen der Regenbogenflagge auf dem Reichstagsgebäude. Dass Bundestagspräsidentin Julia Klöckner trotz zunehmender Queerfeindlichkeit dieses Zeichen der Solidarität verweigert, ist ein fatales Signal. Im vergangenen Jahr kam es bei Pride Veranstaltungen zu rechtsextrem motivierten Störungen, digitalen Hasskampagnen, Körperverletzungen und Einschüchterungsversuchen, etwa in Flensburg, Aurich, Bautzen, Hannover, Paderborn, Dresden, Leverkusen, Pinneberg, Bayreuth, Neustrelitz, Emden, Ravensburg, Brandenburg an der Havel, Gifhorn, Stollberg, Überlingen, Bernau, Weimar, Köln, Berlin, Köthen, Mannheim, Braunschweig oder in Essen. Auch im Jahr 2025 wurden bereits CSD-Veranstaltungen durch Bedrohungslagen beeinträchtigt oder gar verhindert, zum Beispiel in Gelsenkirchen und Regensburg. 

Um die Freiheit und Sicherheit alle Menschen zu gewährleisten, müssen queere Veranstaltungen ungehindert stattfinden können

Hinzu kommt, dass sich Unternehmen zunehmend aus dem Sponsoring von CSDs zurückziehen, was auch die Finanzierung und Durchführung der Veranstaltungen selbst unter Druck setzt. Dies ist zum Teil auf (Droh-)Schreiben der US-Botschaft an Unternehmen in Sachen Diversitätsprogramme zurückzuführen.

Um die Freiheit und Sicherheit alle Menschen zu gewährleisten, müssen queere Veranstaltungen ungehindert stattfinden können. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, in Zusammenarbeit mit den Ländern CSD-Demonstrationen durch die Sensibilisierung von Sicherheitsbehörden und die Entwicklung von effizienten Schutzkonzepten vor Gewalt und Hetze zu schützen.

Queere Menschen sehen sich aber insgesamt einem besonders hohen Gewaltrisiko ausgesetzt, welches in den vergangenen Jahren sogar noch zugenommen hat. Die Gesamtzahl der erfassten Hasskriminalität – also von Taten, die durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit motiviert sind – stieg laut dem Bundeskriminalamt im Jahr 2024 um 28 Prozent auf 21.773 Delikte. Darunter befinden sich 1.765 Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung (plus 17,75 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) sowie 1.152 aufgrund geschlechtsbezogener Diversität (plus 34,89 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).

Dazu hat der Arbeitskreis zur „Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt“ im Auftrag der Innenminister*innenkonferenz ausführliche Empfehlungen erarbeitet (insbesondere in Bezug auf Verbesserung der Erfassung, Ausbau von Unterstützungsangebote, sowie Ansprechstellen in Behörden und in der Justiz sowie Änderungen im materiellen und prozessualen Strafrecht). Diese Empfehlungen der Expert*innen aus den Sicherheitsbehörden, den Ländern, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft müssen nun umgesetzt werden. 

Demokratiefördergesetz als bundesgesetzliche Grundlage ist längst überfällig

Die Beseitigung bestehender rechtlicher Diskriminierungen und die Weiterentwicklung des Antidiskriminierungsrechts sind dringend geboten und wirken auch in die Gesellschaft hinein als ein wichtiges Zeichen gegen Queerfeindlichkeit. Mit dem Nationalen Aktionsplan „Queer leben“ hatte die letzte Bundesregierung einen Plan zur Stärkung von queerem Leben vorgelegt. Nun muss der Aktionsplan mit verbindlichen Maßnahmen, angemessener finanzieller Ausstattung und konsequenter Umsetzung engagiert weitergeführt werden. 

Um eine langfristige Perspektive für die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Arbeit im Bereich der Demokratieförderung, der Verteidigung einer vielfältigen Gesellschaft, der Prävention von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und der politischen Bildung zu schaffen, ist ein Demokratiefördergesetz als bundesgesetzliche Grundlage längst überfällig. Damit soll die Finanzierung von Projekten der Demokratieförderung von den bisher zeitlich begrenzten Programmlaufzeiten entkoppelt, eine dauerhafte Förderung sichergestellt und auch eine institutionelle Unterstützung ermöglicht werden. 

Darüber hinaus müssen alle queeren Menschen den vollen grundgesetzlichen Schutz vor Diskriminierung haben. Dafür muss der Art. 3 Abs. 3 GG um ein explizites Verbot der Diskriminierung aufgrund der „sexuellen Identität“ endlich ergänzt werden. Gleichzeitig sollte klargestellt werden, dass trans- und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen vom grundgesetzlichen Schutz für das Merkmal „Geschlecht“ erfasst sind, wie es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht.

Gute und diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung

Queere Menschen haben ein Recht auf gute und diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung. Deshalb sollen unter anderem die Kostenübernahme durch die Krankenkassen für medizinische Transitionsmaßnahmen für alle Betroffenen diskriminierungsfrei gewährleistet sowie Beratungsangebote ausgebaut werden.

Das 2021 beschlossene Gesetz zum Operationsverbot für intergeschlechtliche Kinder soll novelliert werden. Es soll unter anderem ein Bundeszentralregister der Operationen eingerichtet, das den Kindern erleichtern würde, mehr über die an ihnen vorgenommenen Behandlungen zu erfahren, und die geltenden Verjährungsfristen und Aufbewahrungsfristen für Gerichtsakten verlängert werden.

Das Leid, das trans- und intergeschlechtlichen Menschen widerfahren ist (Zwangsoperationen, Zwangssterilisationen, Zwangsscheidungen), muss anerkannt und entschädigt werden.

Und nicht zuletzt müssen wir der besonderen Situation von queeren Geflüchteten gerecht werden, indem sie EU-weit als „besonders schutzbedürftige“ Gruppe anerkannt und aus den Grenzverfahren herausgenommen werden. Aufnahmeprogrammen für verfolgte LSBTIQ-Personen sollen umgesetzt und auch künftig feste Kontingente sowie die Erteilung humanitärer Visa in dringenden Einzelfällen vorsehen.

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