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Verfassungsschutz-Gutachten: Mögliche Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD
- Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Zuvor war die Partei bereits Verdachtsfall, was Gerichte auch als rechtmäßig bestätigt haben.
- Das Gutachten ist ein klares Signal gegen die Normalisierung der Alternative für Deutschland, gegen die wir Grünen im Bundestag uns seit Jahren stemmen.
- Auch ein Antrag auf ein Partei-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht steht im Raum. Unsere Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann haben die anderen demokratischen Fraktionen im Bundestag eingeladen, die Einleitung eines solchen Verfahrens gewissenhaft und gemeinsam zu prüfen.
Folge zunehmender Radikalisierung
Die Einstufung der Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ kommt nicht überraschend, da die AfD sich seit Jahren kontinuierlich radikalisiert, immer hetzerischer ganze Bevölkerungsgruppen abwertet und mittlerweile in Gänze mit unserer Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung auf Kriegsfuß steht.
Die AfD ist eine für unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat insgesamt brandgefährliche Partei. Aus der deutschen Geschichte wissen wir, wie schrecklich sich die Verhältnisse entwickeln können, wenn Rechtsextreme, Nationalisten und Demokratiefeinde die parlamentarische Demokratie angreifen und in politische Verantwortung kommen.
Im Übrigen klagt die AfD grundsätzlich gegen die Einstufungen der Verfassungsschutzämter. Daher befassen sich deutsche Gerichte regelmäßig mit den Gutachten. Auch dort ist der Tenor klar: Die Gerichte haben bislang alle Einstufungen bestätigt. Noch im Juli scheiterte die AfD mit einer sogenannten Nichtzulassungsbeschwerde am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, wo sie Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes NRW zur Einstufung als rechtsextremistischer „Verdachtsfall“ einlegen wollte.
Politische Folgen: Keine Normalisierung, keine Zusammenarbeit
Als Folge der Hochstufung sollten die Sicherheitsbehörden die AfD weiterhin mit allen rechtsstaatlichen Mitteln beobachten und antidemokratischen Entwicklungen entgegentreten. Außerdem darf es keine weitere Normalisierung der Partei geben.
Zurecht hat sich die große Mehrheit der Abgeordneten in demokratischer Wahl dafür entschieden, dass ein Vertreter einer „gesichert rechtsextremistischen Bestrebung“ nicht den Bundestag im Präsidium repräsentieren sollte.
Wer weiterhin eine ‚Normalisierung‘ fordert, verharmlost eine Partei, die unsere Verfassung angreift. Insbesondere die Union mit Friedrich Merz und Jens Spahn muss sich den Gefahren endlich stellen, die von dieser Partei ausgehen, und sich klar positionieren.
Partei-Verbotsverfahren – Ja oder Nein?
Mit der Hochstufung stellt sich auch die Frage nach einem möglichen Partei-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Einen Automatismus gibt es hier zwar nicht, der Deutsche Bundestag hat vor dem Hintergrund unserer geschichtlichen Verantwortung aber die rechtliche und politische Pflicht, sich ernsthaft mit der Einleitung eines Partei-Verbotsverfahrens zu befassen, wenn ein entsprechender Anlass besteht. Bei der Entscheidung handelt es sich aber auch um eine politische Abwägung, bei der die Erfolgsaussichten eines Verfahrens eine Rolle spielen.
Wir möchten die Möglichkeit der Einleitung eines Verbotsverfahrens gewissenhaft und gemeinsam mit den anderen demokratischen Fraktionen im Bundestag besprechen. Daher haben wir die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU, SPD und Linke am 4. September in einem Brief zu einem zeitnahen Treffen eingeladen. Die Spitzen von SPD und Linke haben bereits ihre Bereitschaft zu einem Treffen erklärt. Die CDU/CSU-Fraktion scheint sich zu verweigern.
Um zu einer Entscheidung zu kommen, fordern wir Grünen im Bundestag eine umgehende Prüfung des BfV-Gutachtens und die Zusammenführung von Informationen aus Bund und Ländern. Bei einem entsprechenden Ergebnis sollte die rechtssichere Einleitung eines Verbotsverfahrens folgen. Gleichzeitig setzen wir den politischen Kampf gegen Rechtsextremismus innerhalb und außerhalb des Parlaments und gegen seine menschenverachtende Ideologie ungemindert fort.
Folgen für Beamten-, Disziplinar- und Waffenrecht
Wir haben dazu einen Antrag in den Bundestag eingebracht.
Unabhängig von der Einleitung eines Verbotsverfahrens nehmen wir den gesamten Instrumentenkoffer der wehrhaften Demokratie in den Blick – vom Beamten- und Disziplinarrecht, über das Waffenrecht, aber auch die Parteien- und Stiftungsfinanzierung.
Wer den demokratischen Staat ablehnt oder bekämpft, kann ihm nicht dienen. Beamt*innen müssen jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten. Doch auch nach der Hochstufung der AfD besteht kein Automatismus der Entfernung aus dem Staatsdienst. Es handelt sich weiterhin um Einzelfallprüfungen. Eine AfD-Mitgliedschaft lässt aber zumindest an der Verfassungstreue von Beamt*innen zweifeln. Das gilt umso mehr, wenn es sich um Personen handelt, die über die bloße Mitgliedschaft hinaus Funktionen, Ämter oder Mandate für eine gesichert rechtsextremistische Partei wahrnehmen.
In der vergangenen Wahlperiode haben wir mit der Reform des Disziplinarrechts die Möglichkeit geschaffen, Verfassungsfeinde schneller als früher aus dem Staatsdienst zu entfernen. Wir erwarten daher, dass die notwendigen Überprüfungen durchgeführt und wenn nötig Konsequenzen gezogen werden. Die Menschen in unserer vielfältigen Gesellschaft müssen darauf vertrauen können, dass sie von staatlicher Verwaltung diskriminierungsfrei behandelt werden und nicht etwa ein ausgrenzendes Volksverständnis Entscheidungen prägt.
Ähnliches gilt für das Waffenrecht. Im Waffengesetz ist geregelt, dass Verfassungsfeinde nicht legal in den Besitz von Waffen kommen dürfen. Waffen in den Händen von Personen mit gesichert rechtsextremistischen Bestrebungen sind eine sehr reale Gefahr für Menschen in unserem Land. Hier ist es aus unserer Sicht nun geboten, AfD-Mitgliedern die waffenrechtliche Erlaubnis zu versagen oder zu entziehen. Dazu haben sich die Fraktionen von Union und SPD auch in ihrem Koalitionsvertrag bekannt. Wir werden nachdrücklich darauf drängen, dass das zügig und rechtsstaatlich korrekt umgesetzt wird.
Auch bei der Parteien- und Stiftungsfinanzierung, die ebenfalls vom Bundestag in der vergangenen Wahlperiode reformiert wurde, kommt es nun darauf an, genau hinzuschauen und notwendige Konsequenzen aus der jüngsten Hochstufung der AfD zu ziehen.
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