Rede von Stephanie Aeffner Bürgergeld

Stephanie Aeffner
14.03.2024

Stephanie Aeffner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Sehr geehrter Herr Kollege Reichel, ich finde es ja schön, wenn wir gemeinsam die rechte Seite dieses Parlamentes ausgrenzen.

(Enrico Komning [AfD]: Das ist aber undemokratisch!)

Aber was bitte meinen Sie denn mit der Aussage „Wir schaffen das Bürgergeld ab“? Können Sie diese populistische Forderung auch mit irgendetwas Konkretem hinterlegen?

(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Das Bürgergeld in dieser Form! Das habe ich gesagt!)

Was haben wir bei der Bürgergeldreform getan? Die Regelsatzermittlung ist immer noch die gleiche wie zu Ihren Zeiten. Wir haben Sanktionen entsprechend dem Verfassungsgerichtsurteil verfassungskonform im Gesetz verankert.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Sie sind drunter geblieben!)

Dann haben wir vor allen Dingen die Themen Förderung, Vermittlung und Qualifizierung gestärkt, indem wir gesagt haben: Menschen sollen vorrangig eine Ausbildung und Qualifizierung abschließen können. Es ist doch Irrsinn, Geld in die Hand zu nehmen, um Menschen zu qualifizieren – fehlende Qualifikation ist der häufigste Grund, warum Menschen nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können –, und dann zu sagen: Da ist irgendein prekärer Job, brich die Ausbildung ab! – Das Geld haben wir dann zum Fenster rausgeworfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wollen Sie tatsächlich abschaffen? Das würde mich interessieren. Was meinen Sie mit der Überschrift „Bürgergeld muss weg“? Konstruktive Politik sieht anders aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Abwarten!)

Kommen wir zum Antrag der AfD. Exemplarisch für das AfD-Paradox: Die Leidtragenden sind die Wähler/-innen der AfD. Heute geht es gegen arbeitslose Menschen. Richtig typisch: Die AfD möchte sie gar nicht unterstützen, sondern sie möchte aussortieren. Dabei sind wir doch auf Fachkräfte so dringend angewiesen. Liebe Bürger/-innen, hören Sie mal gut zu, wen die AfD mit diesem Antrag alles aussortieren möchte:

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Wir wollen gar niemanden „aussortieren“!)

Die alleinerziehende junge Verkäuferin, die auf einen Kindergartenplatz wartet – keinen Anspruch mehr auf Qualifizierung und Vermittlung –; den Taxifahrer, der sich das Bein gebrochen hat – keinen Anspruch mehr auf Vermittlung und Qualifizierung –; die Sozialarbeiterin, die seit mehreren Jahren ihren schwerkranken Mann pflegt – keinen Anspruch mehr auf Vermittlung und Qualifizierung –;

(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Wie denn auch? – Enrico Komning [AfD]: Wie soll die Frau denn arbeiten, wenn sie ihren Mann pflegt?)

den Schulabbrecher, der als Kind kranker Eltern bisher andere Sorgen hatte als den Schulabschluss – keinen Anspruch mehr auf Vermittlung und Qualifizierung.

(Enrico Komning [AfD]: Sie erzählen Unsinn da vorn!)

Stellen Sie sich vor: Es ist vielleicht schlau,

(Enrico Komning [AfD]: … mal nachzudenken! Richtig! Mann, Mann, Mann! – Gegenruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie könnten einfach mal Ihren Antrag lesen! Dann würden Sie es verstehen!)

dass zum Beispiel eine Frau, während sie auf einen Kindergartenplatz für ihr Kind wartet, gleichzeitig eine Sprache lernt, sich qualifiziert. Das geht nämlich auch, indem ich Menschen in Teilzeit unterstütze. Sie sortieren sie lieber aus. Diese Zeiten hatten wir in dieser Gesellschaft schon einmal, als wir die Menschen in gute Arbeitskräfte, Zwangsarbeiter und unwertes Leben eingeteilt haben.

(Enrico Komning [AfD]: Was erzählen Sie für einen Unsinn da vorn?)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Stephanie Aeffner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Das hat zu 75 Millionen Toten geführt.

(Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])

Zu dieser menschenverachtenden Politik will ich nie wieder hin.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Frau Kollegin, bitte kommen Sie zum Schluss.

Stephanie Aeffner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir müssen Menschen zusammenführen, anstatt sie weiter auszusortieren.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Nächster Redner ist der Kollege Pascal Kober, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)