Rede von Stefan Schmidt Caravaning-Tourismus

07.07.2022

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Tourismus in Deutschland kommt langsam wieder – endlich –; ein schöner Lichtblick für die geschundene Tourismusbranche nach zwei sehr langen, knallharten Coronajahren.

Vor allem das Camping steht ganz weit oben. Die Menschen wollen raus in die Natur und die lauen Sommernächte möglichst draußen verbringen. Und wo kann man das besser als auf dem Land, fernab vom Trubel der Städte? Unsere ländlichen Räume haben so viel Tourismuspotenzial, vor allem für nachhaltigen Tourismus,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

für Tourismus im Einklang mit Umwelt und Klima. Und das ist unser Ziel: den nachhaltigen Tourismus, den Tourismus im ländlichen Raum zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Camping ist dabei eine der nachhaltigsten Urlaubsarten, noch dazu, wenn man im eigenen Land campt, also die Anfahrtswege kurz sind. Die Wertschöpfung bleibt dann in der Region.

Aber Camping ist viel mehr als Caravaning, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union. Warum versteifen Sie sich in Ihrem Antrag darauf, das Reisen in Wohnwagen und insbesondere in Wohnmobilen zu fördern? Während aktuell knapp 770 000 Reisemobile in Deutschland zugelassen sind, besitzen weit mehr als 9,5 Millionen Menschen in Deutschland Ausrüstung fürs Zelten. Zelten ist noch nachhaltiger; darüber hinaus ist es auch etwas für den kleinen Geldbeutel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Das haben wir auch gar nicht gesagt! – Michael Donth [CDU/CSU]: Das steht nicht als Forderung drin!)

Eine sinnvolle Forderung habe ich im Antrag der Union gleichwohl gefunden: das Angebot für ÖPNV- und Sharingangebote auszubauen. Wir brauchen viel mehr Busverkehr, viel mehr Bahnverkehr, vor allem auf dem Land, damit die Reisenden nicht ins Auto oder ins Wohnmobil steigen müssen, um zum nächsten Supermarkt oder ins nächste Restaurant, ins nächste Wirtshaus zu kommen. Genau das haben wir uns in der Ampel auch vorgenommen: die öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver zu machen, die Kapazitäten zu erweitern. Schön, wenn sich die Union hier langsam von ihrem – ich nenne es mal so – Straßenfetisch verabschiedet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Anliegen, den ÖPNV auszubauen, ist berechtigt.

Im Übrigen ist mir der Antrag aber ein Rätsel, lieber Herr Donth, ganz abgesehen von der Frage, ob wir als Bund überhaupt zuständig sind. Wie kann man davon ausgehen, dass wir in Deutschland automatisch mehr Reisemobilstellplätze brauchen, wenn es hierzulande mehr Reisemobile gibt? Statt blind nach mehr zu schreien, wäre es doch schlau, erst mal den Bestand aufzunehmen, den Bedarf zu ermitteln: Wo gibt es Stellplätze? Wie sind die über das Jahr ausgelastet? Welche Stellplätze werden wann nachgefragt, welche werden kaum nachgefragt und warum? Wie ist die Akzeptanz vor Ort? Können wir mit zusätzlichen Stellplätzen die regionalen Wertschöpfungsketten stärken, unsere Regionen attraktiver machen? Viele der Stellplätze stehen doch die meiste Zeit im Jahr leer; die meisten Stellplätze sind nur in den wenigen Wochen der Hauptsaison belegt. Flächendeckend gibt es keine Überbelegung, ganz im Gegenteil. Was wir also brauchen, ist keine blinde Ausbaustrategie, sondern eine kluge Gesamtstrategie,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Anja Karliczek [CDU/CSU]: Haben wir auch gar nicht gesagt! Steht auch so nicht drin!)

die erstens dafür sorgt, dass die Reisemobile besser auf die vorhandenen Stellplätze verteilt werden, die zweitens bewirkt, dass diese auch in der Nebensaison nachgefragt werden, und die drittens auch Camping- und Zeltplätze berücksichtigt. Eine solche Strategie stärkt den nachhaltigen Tourismus und die ländlichen Regionen. Dafür sollten uns starkmachen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Anja Karliczek [CDU/CSU])

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Der nächste Redner ist Mike Moncsek, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)