Foto von Tabea Rößner MdB
21.03.2024

Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wider besseres Wissen wird hier von „Zensur“ geredet. Dieses Gesetz hat mit Zensur aber überhaupt nichts zu tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Gar nichts!)

Unwahrheiten werden nicht richtig, indem man sie ständig wiederholt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Das tun Sie!)

Statt Unwahrheiten zu verbreiten, sollten Sie von der AfD vielleicht einmal das Problem mit Ihren 100 rechtsextremen Mitarbeitern im Bundestag lösen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beatrix von Storch [AfD]: Ach, hören Sie doch auf! – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Da muss man ja froh sein, wenn die keine Waffen dabeihaben!)

Heute ist nicht nur der Internationale Tag gegen Rassismus. Heute ist auch ein guter Tag für die Demokratie und den Rechtsstaat.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ein Anschlag auf die Demokratie ist das!)

Denn mit dem Digitale-Dienste-Gesetz stärken wir beides. Politische Meinungen bilden sich immer stärker im Netz. Der Diskurs ist aber zunehmend vergiftet – das kann man hier sehen –,

(Beatrix von Storch [AfD]: Genau!)

und viele Menschen ziehen sich aus Debattenräumen zurück. Deshalb sollen Hass, digitale Gewalt und gezielte Desinformation, also illegale Inhalte, keinen Platz mehr auf Plattformen haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dieses Jahr ist ein Superwahljahr. Und wie der politische Wettbewerb demokratisch und fair funktionieren kann, treibt viele Menschen um. Dazu bekomme ich täglich E-Mails von Bürgerinnen und Bürgern, die sich um unsere Demokratie, um den Erhalt der Meinungsfreiheit und Vielfalt sorgen. Gleichzeitig erleben wir Desinformationskampagnen und Anfeindungen in bisher ungeahntem Ausmaß. Die Verbreitung besonders polarisierender Inhalte, suchtfördernde Designs und eine intransparente Funktionsweise zahlen sich für die Onlineplattformen aus.

(Jörn König [AfD]: „Suchtfördernde Designs“, das müssen Sie mir einmal definieren!)

Sie verfolgen in erster Linie wirtschaftliche Interessen. Der Digital Services Act erlegt den Plattformen nun besondere Sorgfaltspflichten auf, und die Aufsichtsbehörden kontrollieren deren Einhaltung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vergangene Woche haben wir Vertreter/-innen von X im Digitalausschuss mit willkürlichen Sperrungen von Accounts, zum Beispiel von Julija Nawalnaja und von Journalisten konfrontiert, die kritisch über Elon Musk berichtet hatten – ausgerechnet auf dem Netzwerk von Musk, der X gerne als Garant der Meinungsfreiheit preist. Das ist Zensur, Frau von Storch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Es wurde deutlich, welche Auswirkungen es hat, wenn ein Netzwerk keinen Ansprechpartner vor Ort hat und bei der Content-Moderation spart.

(Beatrix von Storch [AfD]: „Content-Moderation“? Das ist Zensur!)

Hier setzt die Gesetzgebung an. Die Plattformen müssen ihre algorithmischen Mechanismen transparent machen und funktionierende Melde- und Abhilfeverfahren bereitstellen. Das heißt, sie müssen ihre Inhaltemoderation deutlich verbessern. Das ist ein großer Fortschritt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: „Moderation“ nennen Sie das jetzt! Zensur!)

Weil Meinungsfreiheit ein Grundrecht ist, müssen wir in unserer Demokratie auch schwer erträgliche Positionen aushalten. Umso wichtiger ist eine aktive Zivilgesellschaft, die sich engagiert und im digitalen Raum widerspricht. Wir wollen Unterstützung für Betroffene, damit sie sich mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Wehr setzen können. Deshalb brauchen wir auch schnellstmöglich das Gesetz gegen digitale Gewalt, dass das Digitale-Dienste-Gesetz flankieren soll.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Beatrix von Storch [AfD]: „Digitale Gewalt“!)

Mit dem DDG setzen wir nun die Vorgaben des DSA um und haben im parlamentarischen Verfahren einiges verbessert. Wir schaffen eine nationale Aufsichtsstruktur, in der zuständige Behörden auf Bundes- und Länderebene zusammenwirken sollen. Uns war wichtig, die Unabhängigkeit der Koordinierungsstelle zu stärken.

(Beatrix von Storch [AfD]: Da kann ja jeder machen, was er will!)

Daher stellen wir hohe Anforderungen an die Leitungspositionen. Die Besetzung erfolgt nach einer öffentlichen Ausschreibung. Ministerien und Bundestag haben da nicht mitzureden. Die Koordinierungsstelle kann frei von Weisungen und politischem wie wirtschaftlichem Einfluss agieren. Das ist Unabhängigkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Da machen sie ja, was sie wollen! Reine Willkür ist das! Wie bei der Stasi!)

Ich freue mich sehr, dass wir den neuen Beirat noch einmal stärken konnten. Er soll eigenständig handeln können und hat weitreichende Informationsansprüche gegenüber den zuständigen Behörden. Empfehlungen des Beirats sollen veröffentlicht werden und insbesondere Mitglieder aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft eine angemessene Aufwandsentschädigung bekommen.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

An dieser Stelle ein Appell an den Haushaltsausschuss: Koordinierungsstelle und Beirat müssen deutlich besser ausgestattet werden. Der Koordinator muss schließlich auf Augenhöhe mit Behörden der anderen Mitgliedstaaten auftreten können, über eine moderne IT-Ausstattung und ein größeres Forschungsbudget verfügen.

Wir haben auch Verbraucherinnen und Verbrauchern den Rücken gestärkt. Das Beschwerdesystem muss leicht zugänglich sein. Jeder soll dort seine Beschwerden unkompliziert eingeben können.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Wir haben die Bußgeldregelung etwas vereinfacht. Die Strafverfolgung im Netz verbessert sich mit dem DDG und bleibt zugleich verhältnismäßig. Wir schaffen Transparenz darüber, welche Daten das Bundeskriminalamt im Rahmen des DSA von den Plattformen entgegennimmt, und präzisieren, wie es als zentrale Meldestelle mit den personenbezogenen Daten umzugehen hat. Profilbildung ist ausgeschlossen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP])

Zum Schluss möchte ich noch einige Befürchtungen ausräumen. Die Koordinierungsstelle darf aus guten Gründen selbst keine Löschung von Inhalten anordnen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Muss sie gar nicht! Die Plattformen zensieren schon selbstständig! Es drohen hohe Strafen!)

Sie koordiniert – der Name ist Programm –, und sie konzentriert sich in erster Linie darauf, dass digitale Geschäftsmodelle rechtskonform ausgestaltet sind. Plattformen müssen gegen illegale Inhalte vorgehen und systemischen Risiken vorbeugen. Nutzer/-innen erhalten Auskunft über Löschung oder Sperrung und können dem widersprechen. Wenn die Begründungen seitens der Plattformen unvollständig sind, kann die Koordinierungsstelle einschreiten.

(Beatrix von Storch [AfD]: Die begründen gar nichts! Wissen Sie doch!)

Wissenschaft und Zivilgesellschaft bekommen Zugang zu Daten, mit denen sie systemische Risiken erforschen und so auch die Meinungsfreiheit stärken können. Das Gesetz schützt also vor wirklichen Sperrungen und schafft mehr Transparenz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Allen Beteiligten, die sich im Vorfeld und bei den Beratungen mit Vorschlägen und Ideen eingebracht haben, möchte ich hier ausdrücklich ganz herzlich danken. Ich danke auch den Berichterstatterinnen und Berichterstattern und der Begleitung durch die Ministerien, insbesondere des BMDV.

Vielen Dank und einen schönen Tag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Maximilian Mordhorst.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)