Rede von Bruno Hönel Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Epl. 17)

Bruno Hönel MdB
30.01.2024

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die parlamentarischen Haushaltsberatungen fast abgeschlossen waren, hat, einen Tag vor der Bereinigungssitzung, das Bundesverfassungsgericht ein sehr weitreichendes Urteil gefällt, das nicht nur den Bund, sondern gleichermaßen auch die Länder betrifft, und zwar unabhängig davon, welche Farbe die jeweilige Landesregierung hat. Beim Umgang mit diesem Urteil bewegen wir uns jenseits von parteipolitischen Grenzen.

Das Urteil zeigt, dass die aktuellen Schuldenregeln ein Update brauchen, um den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden. Wir müssen mehr in unser Land investieren, damit wir den immensen Zukunftsaufgaben gerecht werden können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Eine dieser großen Zukunftsaufgaben ist der gesellschaftliche Zusammenhalt, der aktuell auf eine wirklich harte Probe gestellt wird. Wir erleben eine zunehmende Polarisierung. Die Angriffe auf unsere Demokratie nehmen zu. Gezielte Desinformationskampagnen sollen die Menschen aufwiegeln.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja! Sie sprechen von „Correctiv“! Davon sprechen wir auch!)

Lügen werden als Wahrheiten verkauft, und es wird versucht, mit den Sorgen und Ängsten der Menschen zu spielen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Genau!)

– Es ist exemplarisch, dass sich Beatrix von Storch hier angesprochen fühlt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ja, diese Entwicklungen sind besorgniserregend. Aber die Mehrheit der Menschen in diesem Land stellt sich dem entgegen. Das haben Hunderttausende Menschen überall in Deutschland in den letzten Wochen klargemacht. Bei mir im Wahlkreis, in Lübeck, waren so viele Menschen auf der Straße wie seit Jahrzehnten nicht. Sie stehen auf für eine offene Gesellschaft, für unsere wehrhafte Demokratie, die wir gegen ihre Feinde verteidigen werden,

(Beatrix von Storch [AfD]: Lesen Sie mal „Psychologie der Massen“!)

zivilgesellschaftlich auf der Straße, aber auch hier im Parlament, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der Etat des BMFSFJ, unseres Gesellschaftsministeriums, ist zentral für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für die Demokratiebildung und die Stärkung ehrenamtlicher Strukturen in unserem Land. Deswegen haben wir genau darauf auch einen Fokus, eine Priorität in diesem Haushaltsverfahren gelegt.

Gemäß Regierungsentwurf sollten 13,35 Milliarden Euro im Einzelplan 17 zur Verfügung stehen. Heute, einige turbulente Wochen später, haben Sie einen Haushaltsplan vorliegen, der zusätzliche 521 Millionen Euro an Barmitteln ausweist, davon 161 Millionen Euro allein im Programmbereich. Ich glaube, das ist richtig so. Das ist ein wichtiges Signal, auch an all die Menschen, die aktuell auf die Straße gehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Trotz Konsolidierungsdruck, trotz Milliardenloch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts kürzen wir eben gerade nicht bei Kindern und Jugendlichen, wir kürzen gerade nicht bei der Demokratieförderung und auch nicht bei der Förderung des Ehrenamtes. Ganz im Gegenteil: Wir stärken diese Bereiche, und wir priorisieren sie, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Lieber Herr Lehrieder, Sie haben jetzt hier im Plenum von einer Kürzungsorgie gesprochen.

(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ja!)

Herr Middelberg meinte gerade eben noch: Wir leben über unsere Verhältnisse, wir geben viel zu viel Geld aus in diesem Land. – Da passt einiges nicht zusammen in Ihren Reden, und das haben wir auch im Haushaltsausschuss gesehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Sie haben beispielsweise der Erhöhung der Mittel für die Freiwilligendienste nicht zugestimmt, sondern sich enthalten – die Union, die größte Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, also haltungslos in einer Zeit, in der wir gerade von Demokraten so viel mehr Haltung bräuchten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich habe es gerade angesprochen: Das größte Plus haben wir mit 80 Millionen Euro zusätzlich zur Sicherung der Freiwilligendienste bewirken können. Das sind im Endeffekt sogar 2 Millionen Euro mehr, als noch 2023 zur Verfügung standen. Das ist wichtig; denn die Freiwilligendienste geben jungen Menschen die Möglichkeiten, sich auszuprobieren, sie helfen bei der beruflichen Orientierung, und sie sind ein Paradebeispiel für zivilgesellschaftliches Engagement.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Darüber hinaus haben wir 49 Millionen Euro zusätzlich für den Kinder- und Jugendplan zur Verfügung gestellt, insgesamt 244 Millionen Euro. Da stecken zahlreiche wichtige Maßnahmen und Projekte drin, beispielweise die Jugendmigrationsdienste, die „Respekt Coaches“, der Garantiefonds Hochschule, aber eben auch Vorhaben wie die Juniorwahlen oder das Projekt Off Road Kids, das gezielt junge Obdachlose erreicht und unterstützt. Wir haben also die Kinder- und Jugendpolitik insgesamt gestärkt.

Wegen der schwierigen Haushaltssituation gab es – das gehört zur Wahrheit dazu – bei vielen Zuwendungsempfängern natürlich Sorgen um wichtige Programme und Projekte. Ich glaube aber, mit diesem Haushalt geben wir da jetzt Sicherheit, und wir machen deutlich, dass wir auch in Zeiten der Haushaltskonsolidierung genau zu diesen Programmen und Projekten stehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Weil es angesprochen wurde, möchte ich noch ganz kurz auf das Elterngeld zu sprechen kommen, wo bereits im Regierungsentwurf Einsparungen vorgenommen werden mussten, weil Konsolidierungsauflagen erfüllt werden mussten. Den ursprünglichen Vorschlag, die Einkommensgrenze abzusenken, haben wir aufgegriffen, aber eben eine schrittweise Senkung daraus gemacht, sodass die Grenze nicht bei 150 000 Euro liegen wird, sondern im Endeffekt bei 175 000 Euro. Das sind ungefähr 200 000 Euro brutto. Das betrifft also einen winzigen Anteil bisher leistungsberechtigter Personen, unter 2 Prozent der betroffenen Eltern, und nicht die große Mehrheit der Familien, die unbedingt auf das Elterngeld angewiesen sind; sie bekommen das Elterngeld weiterhin in gleicher Höhe, und das ist richtig und das ist gerecht so, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Gleiche gilt für diesen Haushalt, für den Einzelplan 17. Deswegen können Sie unbesorgt zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat die Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)