Rede von Dr. Tobias Lindner Fortsetzung Sea-Guardian-Einsatz im Mittelmeer

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03.03.2021

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Reden wir mal über das, worüber sich viele in diesem Hause bei Sea Guardian einig sind. Herr Kollege Kiesewetter, Sie haben gesprochen von Seeraumüberwachung, Lagebilderstellung, besserer Kooperation zwischen EU und NATO und – da hat der Kollege Höhn recht; schauen wir uns nur das Verhältnis zwischen Griechenland und Türkei oder den Zwischenfall mit der französischen Fregatte und einem türkischen Schiff an – besserer Kooperation auch innerhalb der NATO. Über all das können wir miteinander reden. Bei vielem kann meine Fraktion auch erkennen, dass es durchaus Sinn macht. Ich habe ein Interesse an einem Lagebild im Mittelmeer. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, für all das, was praktisch tagtäglich bei Sea Guardian gemacht wird, bräuchte es kein Mandat, um ehrlich zu sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vieles davon wird von der Standing NATO Maritime Group 2, die im Mittelmeer kreuzt, Tag für Tag ebenfalls gemacht.

Sie legen hier aber ein Mandat vor. Und ja, das, was Sie da hineingeschrieben haben, ist mandatspflichtig. Sie sprechen von Terrorbekämpfung und der Möglichkeit der Ausbildung von Küstenwachen in Anrainerstaaten. Das geschieht zwar nicht in dieser Sea-Guardian-Mission, aber dadurch, dass Sie es hineinschreiben, wird der Text, den Sie uns heute vorlegen, mandatspflichtig. Man könnte auch sagen: Sie bauen hier ein Mandat auf, um ein Symbol des Deutschen Bundestags zu haben, und nennen es dann gelebte Solidarität mit dem Mittelmeer. – Das ist nicht gelebte Solidarität, liebe Kolleginnen und Kollegen; was Sie uns hier vorlegen, ist in Wahrheit ein Pappkamerad.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will noch einen zweiten Punkt nennen. Mandatierung von Auslandseinsätzen unserer Bundeswehr ist ja kein Selbstzweck. Mandatierung dient der parlamentarischen Kontrolle, wo die Bundesregierung deutsche Soldatinnen und Soldaten einsetzt. Mandatierung bedeutet, dass Mandate klar, präzise und – das will ich hinzufügen – so eng wie möglich gefasst werden müssen. Was Sie uns heute vorlegen, wäre in einem Bekleidungsgeschäft ein „One size fits all“-Produkt, also ein Mandat, mit dem Sie alles machen können. Es umfasst das komplette Mittelmeer. Es umfasst die Anrainerstaaten. Sie könnten alles machen, was Sie beispielsweise in der Mission Irini machen. Dieses Mandat, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist an Unklarheit nicht zu überbieten. Schon allein aus diesem Grund muss man es ablehnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer es mit parlamentarischer Kontrolle ernst meint, kann ein solches Mandat nicht beschließen.

Bei alldem dürfen wir in der heutigen Debatte nicht vergessen, was die Sicherheitsrisiken im Mittelmeer sind: Es sind die inhärenten Probleme, die NATO-Länder wie Griechenland und die Türkei miteinander haben. Es ist das Problem, dass die Kontrolle eines Waffenembargos gegen Libyen nicht effektiv funktioniert, weil NATO-Staaten – die NATO begreift sich ja als Wertebündnis – die Kontrolle von Schiffen verweigern. Es ist das Problem, dass immer noch nicht genug gegen das Ertrinken im Mittelmeer getan wird. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch das Problem, dass Deutschland immer noch Rüstungsexporte in Länder genehmigt, von wo diese Waffen am Ende des Tages in Konfliktregionen wie Libyen, aber auch im Jemen landen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias Höhn [DIE LINKE])

An diese Probleme sollten wir herangehen. Dieses Mandat ist keine Lösung dafür.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Lechte [FDP]: Waren das jetzt die Friedensangebote an die Linken?)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Danke. – Das Wort geht an Dr. Joe Weingarten von der SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)