Rede von Kordula Schulz-Asche Pflegestudium

Foto von Kordula Schulz-Asche MdB
19.10.2023

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Borchardt, ich bin Ihnen ausdrücklich dankbar, dass Sie die demografische Situation angesprochen haben; denn wir haben in Deutschland tatsächlich einen enormen Fachkräftemangel, der sich verstärken wird. Deswegen werden wir darüber diskutieren müssen, wie wir in allen Branchen den Fachkräftemangel bekämpfen, aber vor allem auch in der Pflege, weil es in unserer älter werdenden Gesellschaft immer mehr Menschen geben wird, die auf Pflege und Unterstützung angewiesen sind. Die Lösung besteht meiner Meinung nach in einer Zusammenarbeit aller Gesundheitsberufe, unabhängig von der Qualifikationsstufe. Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen. Ich freue mich, dass wir heute über das Pflegestudiumstärkungsgesetz beschließen. Wir schließen so eine Lücke im europäischen Vergleich und kommen zu einer Aufwertung der Fachpflege.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Der Wissenschaftsrat sagt – da sollte nichts anderes behauptet werden –, dass idealerweise bis zu 20 Prozent akademische Pflegekräfte in der Versorgung eingesetzt werden. Wir machen uns auf den Weg, das Pflegestudium zu stärken,

(Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich!)

indem wir die hochschulische Ausbildung zu einem dualen Studium machen und damit sicherstellen, dass die Studentinnen und Studenten eine Vergütung bekommen. Und ich bin mir völlig sicher, dass die Einrichtungsträger von diesen Studenten profitieren werden. Ein guter Arbeitgeber bildet Personal aus. Die Träger und die Menschen, die dort gepflegt werden, werden profitieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir werden für die Ergotherapie, die Logopädie und die Physiotherapie die Modellversuche verlängern und dafür sorgen, dass in den nächsten Jahren entsprechende Berufsgesetze verabschiedet werden. Im Gesundheitsbereich entsteht eine Vielzahl an akademischen Ausbildungsberufen, was die Ausbildung für junge Menschen attraktiver macht. Und wir verbessern übrigens auch die Rahmenbedingungen für die berufliche Ausbildung. Insbesondere möchte ich hier die Integration der Digitalisierung in die Ausbildung und in die Praxis erwähnen; das ist ein wichtiger Punkt, den wir hier in diesem Gesetz angehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Jetzt komme ich zu meinem Lieblingsteil dieses Gesetzes, der Übertragung der Heilkunde in den Bereichen, in denen die pflegerische Expertise von besonderer Bedeutung ist. Ich glaube, dass uns allen klar ist, dass ein Beruf, der solche umfassenden sozialen, medizinischen und pflegerischen Kompetenzen aufweist, auch eine Übertragung heilkundlicher Aufgaben benötigt. Ich bin froh, dass wir diese Übertragung in drei Bereichen vornehmen – ich wünsche mir noch mehr –: bei den diabetischen Stoffwechsellagen, bei den chronischen Wunden – das ist ein zentraler Arbeitsbereich von hochqualifizierten Fachkräften – und im Bereich der Demenz, ein Riesenproblem in unserer Gesellschaft. Es ist gut, dass die Pflege endlich wissenschaftsbasiert auf diese Themen reagieren kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Johannes Wagner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super! Endlich!)

Wir werden auch die eigenständige, gemeindebasierte pflegerische Tätigkeit stärken. Im Koalitionsvertrag ist von der Community Health Nurse die Rede. Auch hier sehen wir ein Pflegestudium als Voraussetzung vor. Die Eigenständigkeit dieses Berufs muss endlich auch in Deutschland anerkannt werden, wie es in den meisten anderen Ländern der Welt ja schon der Fall ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sollten uns auch nicht vormachen, dass wir alleine mit Ausbildung hier bei uns vor Ort das Problem lösen; denn natürlich werden wir weiterhin ausländische Fachkräfte brauchen. Deswegen erleichtern wir die Anerkennungsverfahren. Wir ermöglichen in der Zeit des Wartens auf die Berufsanerkennung, das Sprachniveau zu erhöhen. Denn Sprache ist in der Pflege eine ganz zentrale Fähigkeit, die wir brauchen, um Menschen gut zu pflegen. Das Sprechen miteinander und das Zugehen aufeinander sind zentrale pflegerische Leistungen. Deswegen freue ich mich, dass wir auch hier vorankommen.

Ich glaube, dass wir auch daran denken müssen, mehr junge Menschen aus dem Ausland hier bei uns auszubilden. Das ist jetzt nicht Teil dieses Gesetzes, aber es wird dazu beitragen, dass wir die demografisch bedingte Fachkräftesituation verbessern können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ein weiterer Punkt, der nicht in direktem Zusammenhang mit der Fachpflege und der Qualifikation steht, ist: Wir verbessern endlich auch die Unterstützung berufstätiger Eltern kranker Kinder. Wir werden die Zahl der Kinderkrankentage erhöhen, und zwar pro Kind und Elternteil auf 15 Tage und für Alleinerziehende auf 30 Tage. Ich glaube, das ist ein gutes Zeichen für Familien und wird zu einer großen Entspannung führen, wenn die Kinder krank sind; denn das ist für Eltern immer eine besonders belastende Situation. Das ist ein guter Tag für die Pflege; das ist ein guter Tag für die Familien.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Einen schönen guten Tag von meiner Seite, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches Willkommen den Besucherinnen und Besuchern auf den Tribünen! Erlauben Sie mir heute, besonders die Besuchergruppe aus dem Vogtland recht herzlich willkommen zu heißen.

Wir fahren in der Debatte fort, und für die AfD-Fraktion ist der Redner Martin Sichert an der Reihe.

(Beifall bei der AfD)