Rede von Sara Nanni Sicherheits- und Verteidigungsindustrie

Sara Nanni
22.03.2024

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Gerland, der heute das letzte Mal in Vertretung der Wehrbeauftragten bei uns sein wird! Wir haben, liebe Union, seit dem 5. März 2024 einen Vorschlag zum Thema Rüstungsindustrie aus der Feder einer konservativen Politikerin vorliegen, nämlich der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen – ich weiß nicht, ob Sie das Papier schon mal gesehen haben; ich habe es sonst auch noch mal dabei –; das ist die Strategie für die EU-Verteidigungsindustrie. Da wird davon gesprochen, wie wir es schaffen können, in Europa die Kapazitäten aufzubauen, damit die NATO sich besser ausstatten kann, damit wir die Ukraine gut versorgen können und damit auch andere nationale Bedarfe in Zukunft gut gedeckt werden können. Es wird dort auch sehr genau beschrieben, in welchen geopolitischen Rahmenbedingungen wir uns in Europa befinden.

Ich empfehle wirklich die Lektüre. Es wird auch klar dargestellt, warum diese Herausforderungen für unsere nationalen Armeen industriepolitisch in Europa nur gemeinsam angegangen werden können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Das ist in Ihrem Antrag gar nicht Thema. Ich habe es noch mal durchsucht. Da steht irgendwie im letzten Punkt unter 11.: Ja, ein bisschen Europa machen wir auch noch. – Der Antrag ist ja nicht so alt, wenn ich es richtig sehe; er wurde eine Woche nach der Strategie für die EU-Verteidigungsindustrie der Kommissionspräsidentin veröffentlicht. Da muss man sich schon wundern, dass das kein Thema ist. Ehrlich gesagt, wenn man Ihren Antrag liest, dann denkt man sowieso: Der kommt direkt aus den 90er-Jahren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Was für ein Unsinn!)

– Ja, direkt aus den 90er-Jahren: Verteidigungspolitik ist vor allem Industriepolitik, Verteidigungspolitik ist Arbeitsplatzpolitik, Verteidigungspolitik ist im Zweifel auch Politik für den Wahlkreis. So liest sich das, und ich glaube, das ist keine zeitgemäße Antwort mehr.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Dann haben Sie ihn falsch gelesen!)

Ja, wir brauchen eine starke industrielle Basis, aber eben nicht rein national.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ja, was jetzt?)

Wenn alle 27 Nationen in Europa starke nationale Strategien haben, dann haben wir im schlimmsten Fall irgendwann 27 Systeme in jedem Bereich. Wir haben heute schon eine große Anzahl unterschiedlicher Großwaffensysteme. Das ist nicht effizient. Damit arbeiten wir auch nicht für die Interoperabilität. Und es gibt noch viele andere Gründe, warum das der falsche Weg ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Einen Grund will ich noch benennen. Sie reden ja gerne auch von Rüstungsexporten. Wenn ich verschiedene Nationen habe, die das gleiche Produkt herstellen und es nicht zusammen machen, sondern jeder für sich, dann ist natürlich der Exportdruck total hoch; das sehe ich ja ein. Deswegen schlägt ja Ihre Parteifreundin Ursula von der Leyen in der Kommission vor, dass man in Zukunft nur noch ein großes System hat, ein europäisches, koordiniert – nicht mit allen zusammen, sondern mit denen, die daran arbeiten wollen. Dann sinkt auch der Exportdruck. Dann kauft man nämlich jeweils dieses eine Produkt, und es muss nicht jeder gucken, wie er auf dem Weltmarkt auf seine Margen kommt.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Frau Kollegin.

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich empfehle: Schauen Sie sich die Strategie an! Wir als Grüne werden die Umsetzung der Strategie für die EU-Verteidigungsindustrie der Kommission positiv begleiten.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Sie kommen zum Ende, bitte.

Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Und ich lade Sie dazu ein, uns das gleichzutun.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Der Kollege Alexander Müller hat das Wort für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)