Philip Krämer MdB
19.01.2024

Philip Krämer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Frau Wehrbeauftragte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage in der Ukraine ist ernst. Russische Terrorattacken auf zivile Infrastruktur, auf Zivilistinnen und Zivilisten haben wieder zugenommen. Allein gestern gab es über 100 versuchte Angriffe und damit deutlich mehr als zuletzt. Auch jetzt, in diesem Moment, verstärken russische Bodentruppen ihre Angriffe im Osten und im Süden der Ukraine.

Der Mut der Ukraine ist weiterhin ungebrochen. Ob wir aber diesem Mut gerecht werden, das müssen wir in diesen Tagen unter Beweis stellen. Gelingt es uns, die Ukraine langfristig in die Lage zu versetzen, sich gegen die russische Aggression zu behaupten und diese zurückzuschlagen? Oder wird die ukrainische Staatlichkeit weiter in Gefahr sein?

Der vorliegende Antrag der Unionsfraktion, über den wir heute beraten, ist tatsächlich diskussionswürdig. Er spricht Versäumnisse an, die es in Deutschland gegeben hat und gibt. Und ich kann Teilen durchaus zustimmen, auch wenn wir daran größtenteils bereits arbeiten.

Ich möchte aber mal auf einen Twitterpost Ihres Fraktions- und Parteivorsitzenden Friedrich Merz von gestern kommen – Zitat –:

„Die Ampel setzt regelmäßig Gesetze im Deutschen Bundestag durch, die von einer klaren Mehrheit der Bevölkerung rundheraus abgelehnt werden.“

(Zurufe von der AfD)

Jetzt frage ich mal Sie als Unionsfraktion: Was heißt das denn konkret? Richten wir unsere Solidarität mit Israel und der Ukraine ab jetzt an Mehrheiten in diesem Land aus? Hetzen deshalb Ihre Vorderen in regelmäßigen Abständen gegen ukrainische Flüchtlinge, weil aktuell mit dem Thema Migration anscheinend Mehrheiten in diesem Land erzielt werden können?

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nicht alles in einen Topf werfen!)

Ich glaube, das ist ein Ansatz, der durchaus noch mal überdacht werden muss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD)

– Na ja, dass Sie kein Problem damit haben, wenn die russische Armee möglicherweise auch die Bundeswehr bedroht,

(Zurufe von der AfD)

kann ich durchaus nachvollziehen, weil Ihre Leute ja in Teilen nicht mal mehr die Uniform tragen dürfen und dementsprechend nicht im Verteidigungskampf mit einbezogen werden.

(Zuruf von der AfD: Unvorstellbar!)

Wir als Demokratinnen und Demokraten haben doch die Aufgabe, für die Zeitenwende zu werben und gleichzeitig unsere Gesellschaft zusammenzuhalten. Der Angriff Russlands ist wie der Angriff der Hamas auf Israel ein Angriff auf das Konzept freier, demokratischer Rechtsstaatlichkeit.

Viele Bürgerinnen und Bürger verstehen die Zeitenwende als Nullsummenspiel zwischen Wohlstand in Deutschland und Selbstverteidigung der Ukraine gegen russische Aggression. Auch wenn eine Niederlage der Ukraine noch verheerendere Folgen für unseren Wohlstand hätte, auf die Sorgen der Menschen brauchen wir eine gemeinsame demokratische Antwort.

Wir müssen die Bedarfe der Bundeswehr an Szenarien und möglichen Aufträgen ausrichten und die Beschaffung beschleunigen. Wir müssen in unseren Wahlkreisen und in unseren Parteien auf allen Ebenen dafür werben, die Niederlage der Ukraine zu verhindern. Und wir müssen noch geschlossener mit unseren europäischen Partnern zusammenarbeiten. Wir können uns bei rudimentären Produkten wie Munition keine Verteilungskämpfe und Alleingänge mehr leisten. Hier geht es um unsere gemeinsame Sicherheit.

Entscheidend für die Zeitenwende ist aber, dass wir es schaffen, als Demokratinnen und Demokraten gemeinsam an ihrem Erfolg zu arbeiten. Dazu gehört auch, alte Überzeugungen zu überwinden und die globale Sicherheitskrise als das zu begreifen, was sie ist: existenziell. Ein gemeinsamer Antrag zur Lieferung von Taurus wäre hier ein lohnenswerter Anfang.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Wir sind dabei! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Sofort!)

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Und nun hat das Wort die fraktionslose Abgeordnete Kathrin Vogler.

(Beifall bei fraktionslosen Abgeordneten)