30 Jahre Maastricht-Vertrag: Es ist Zeit für eine Reform!
Zur Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags vor 30 Jahren und den Vorschlägen von Klaus Regling, Chef des Euro-Rettungsschirms, zur Reform des Stabilitäts-und Wachstumspakts und des ESM erklären Sven-Christian Kindler, Sprecher für Haushaltspolitik, und Jamila Schäfer, Mitglied im Ausschuss für Europäische Angelegenheiten:
Heute ist ein großartiger europäischer Feiertag. Mit dem 30-jährigen Jubiläum des Maastricht-Vertrages feiern wir eine bedeutende Wegmarke der europäischen Einigung und die Schaffung der Europäischen Union. Die fortschreitende Integration der europäischen Länder ist Kern unseres Wohlstandes und Freiheit der Menschen in Europa.
Vieles wurde in den letzten Jahren geschafft. Die Wirtschafts- und Währungsunion wurde im Maastricht-Vertrag angelegt und der Euro als Europäische Gemeinschaftswährung eingeführt. Die Binnengrenzen wurden abgeschafft und durch die Unionsbürgerschaft können sich EU-Bürger*innen freizügig innerhalb der EU bewegen.
Vieles bleibt aber auch noch zu tun. Die brutale Sparpolitik nach der Finanzkrise hat Europa schwer gespalten und darf sich jetzt nicht wiederholen. Der Maastricht-Vertrag muss daher auch an die neue Zeit angepasst werden. Wir müssen die Wirtschafts- und Währungsunion weiterentwickeln und vollenden. Klaus Regling hat Recht und spricht nur aus, was makroökonomisch offensichtlich ist und in Europa sowieso alle wissen. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt muss reformiert werden und der Euro-Raum braucht eine dauerhafte Fiskalkapazität, um gegen Krisen gewappnet zu sein. Eine Reform der überkomplizierten und nicht mehr zeitgemäßen europäischen Fiskalregeln ist unabdingbar, wenn wir den Wohlstand und den sozial-ökologischen Fortschritt für zukünftige europäische Generationen sichern wollen. Die Schuldentragfähigkeit der EU-Länder nach der Pandemie mit den im Vergleich zu den 1990er Jahren deutlich gesunkenen Zinskosten zeigen eine völlig andere ökonomische Lage, sie muss daher auch politisch neu bewertet werden. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt muss investitionsfreundlich überarbeitet werden, damit er einerseits einfacher und verbindlicher wird und damit andererseits alle EU-Länder nach der Pandemie genug Spielraum haben, um zu investieren, gute Arbeitsplätze zu schaffen und die Erderhitzung zu bekämpfen. Europa darf sich nach Corona nicht kaputtsparen.
Die europäischen Nachbarstaaten haben während der Corona-Pandemie solidarisch zusammengestanden und den historischen EU-Wiederaufbaufonds Next Generation EU auf den Weg gebracht. Diese Investitionsoffensive müssen wir jetzt klug nutzen und zusammen mit unseren europäischen Partnern eine europäische digitale Infrastruktur, ein gemeinsames Eisenbahnnetz, den Ausbau von erneuerbarem Strom und Forschung auf Weltspitzenniveau voranbringen. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen diese europäischen Investitionsimpulse aber ebenso verstetigen. Gemeinsame europäische Anleihen müssen auch zukünftig zum festen Bestandteil einer starken Wirtschafts- und Währungsunion gehören. Das stärkt zugleich die internationale Rolle und das Gewicht des Euros gegenüber dem US-Dollar und ist daher ebenfalls von geostrategischer Bedeutung.