Pressemitteilung vom 01.09.2023

Friedliche Proteste in Syrien unterstützen, der Normalisierung des Regimes entgegenwirken

Zu den andauernden Protesten gegen das Regime in mehreren syrischen Städten erklärt Lamya Kaddor, stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:
 

Seit beinahe zwei Wochen demonstrieren wieder Menschen in Syrien gegen Machthaber Assad, gegen Korruption, Willkür und die katastrophalen Lebensbedingungen im wirtschaftlich ruinierten Land sowie gegen den Einfluss fremder Staaten wie Iran oder Russland. Nachdem die Proteste in der südlichen, mehrheitlich von Drusen bewohnten Stadt as-Suwayda begannen, solidarisierten sich mittlerweile auch Menschen in anderen Städten wie Aleppo und Idlib mit den Protesten. Sie skandieren die Losung der Rebellion von 2011: „Das Volk will den Sturz des Regimes.“ All das zeigt: Viele Menschen in Syrien wollen kein Leben unter dem Diktator Assad, sie wollen Freiheit und Würde.
 

Seit langem ist das syrische Regime um eine Normalisierung seiner Außenbeziehungen und der Situation im Land bemüht. Viele arabische Länder in der Region streben ebenfalls danach, ein neues Kapitel aufzuschlagen und über die Menschenrechtsverletzungen in Syrien hinwegzusehen. Länder wie der Libanon oder Jordanien haben hunderttausende syrische Geflüchtete aufgenommen und forcieren nun deren Rückführung, teilweise gewaltsam. Die Droge Captagon, mit der Assad und seine Entourage die Kriegskasse füllt, überflutet die angrenzenden Länder und sorgt dort für gesellschaftliche Verheerungen. Währenddessen weigert sich das Regime, Humanitäre Hilfe der UN in die betroffenen Gebiete ungehindert weiterzuleiten.
 

Das syrische Regime nutzt diese Hebel bewusst, um Druck aufzubauen und aus seiner Isolation herauszukommen. Anfang Mai hat Syrien seine Wiederaufnahme in die Arabische Liga erwirkt. Außenministerin Annalena Baerbock hat jedoch unlängst klargestellt: Mit dem syrischen Regime darf es angesichts der erschütternden Menschenrechtsverletzungen und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit keine Normalisierung ohne Bedingungen geben. Die arabischen Staaten müssen ihre Forderungen an Assad auch durchsetzen.
 

Auch die Menschen in as-Suwayda und anderen syrischen Städten haben dies erkannt. Sie sehen, dass ihre arabischen Nachbarn Frieden mit einem Diktator schließen, ohne dass dieser zu Zugeständnissen bereit ist. Denn noch immer ist das Schicksal hunderttausender verschleppter Syrier*innen ungeklärt, werden Menschen willkürlich verhaftet, gefoltert und getötet. Unter diesen Bedingungen kehren kaum Geflüchtete ins Land zurück. Geflüchtete Syrer*innen stellen in Deutschland unverändert die zweitgrößte Gruppe von Asylbewerber*innen dar. Gleichzeitig bereichert sich Assad mit seinen verbündeten Milizen und Ländern wie Iran und Russland am Wiederaufbau des Landes, während laut UN-Angaben fast 90% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben. Dass sich nun auch die lange Zeit neutralen Drusen lautstark zu Wort melden, ist daher ein wichtiges Zeichen. Es zeigt, dass Assad entgegen der Normalisierungspropaganda keinen breiten Rückhalt in der Bevölkerung genießt.