Pressemitteilung vom 02.03.2022

Nukleare Sicherheit bedarf einer Neubewertung

Zur Debatte um den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken in Deutschland erklärt Stefan Wenzel, Sprecher für Umwelt und nukleare Sicherheit:

Vor dem Hintergrund von Putins Angriffskrieg müssen die Sicherheitsanforderungen für nukleare Anlagen in ganz Europa überprüft werden. Ein Angriff in einem kriegerischen Konflikt gehörte bislang nicht zu den möglichen Szenarien. Das Schadenspotential von laufenden Reaktoren und Brennelementen in Nasslagern ist jedoch riesig. Kampfhandlungen in unmittelbarer Nähe von Kraftwerken in der Ukraine, die Drohungen des russischen Staatspräsidenten und verschiedene Cyberangriffe der vergangenen Monate auf kritische Infrastruktur im Westen müssen wir deshalb sehr ernst nehmen, sie sind eine Gefahr.

Ein Weiterbetrieb der drei verbliebenen AKWs in Deutschland, deren Betriebsgenehmigungen Ende des Jahres auslaufen, würde zudem ein technisches Sicherheitsrisiko darstellen. Die Prüfung durch das BMWK hat ergeben, dass die Anlagen auch kurzfristig keinen Beitrag für eine im doppelten Sinn sichere Energieversorgung leisten können. Wenn jetzt zwei Konzerne einen Weiterbetrieb – mit verringerten Sicherheitsanforderungen – anbieten, ist das verantwortungslos.

Wir erwarten, dass neben aktuell zu prüfenden Fragen der Versorgungssicherheit, die europäischen Atomaufsichtsbehörden auch die Sicherheitsanforderungen für nukleare Sicherheit und die Sicherung gegen Einwirkungen Dritter vornehmen. Neben einer schnellen Erstprüfung ist dafür eine gründliche Bedrohungsanalyse erforderlich. In einem zugespitzten Konflikt ist jedes nukleare Kraftwerk und jedes Nasslager mit radioaktiven Abfällen eine strategische Schwäche. Deutschland ist auf die neue Lage besser vorbereitet als viele andere Länder. Ein hohes Maß an Sicherheit gewinnt man aber erst durch die Endlagerung.