Stellungnahme zur Reform des Rettungsdienstes: Startschuss für eine umfas-sende Reform der Notfallversorgung
Zur Vorstellung der Neunten Stellungnahme der Regierungskommission zur Reform des Rettungsdienstes erklärt Janosch Dahmen, Sprecher für Gesundheitspolitik:
Wir danken den Expertinnen und Experten der Kommission für diese wichtigen und umfassenden Vorschläge zur Reform des Rettungsdienstes in Deutschland. Die heutige Stellungnahme bildet zusammen mit den Empfehlungen zu Integrierten Leitstellen aus der Vierten Stellungnahme der Regierungskommission eine gute Grundlage für eine umfassende Reform der Notfallversorgung in Deutschland, die wir jetzt als Koalition zügig angehen werden. Dabei wollen wir vor allem die Qualität der Versorgung im Rettungsdienst verbessern und die Chancen der Digitalisierung stärker nutzen. Vor allem müssen bestehende Fehlanreize in der Finanzierung der Notfallversorgung beseitigt werden. Das alles rettet nicht nur den Rettungsdienst, sondern Menschenleben.
Seit vielen Jahren wächst die Belastung in der Notfallversorgung. Es gibt eine unübersichtliche Gleichzeitigkeit von Unter-, Über- und Fehlversorgung: Das kostet inzwischen nicht nur über 8 Milliarden Euro im Jahr, sondern schlimmstenfalls sogar Menschenleben. Organisation und Struktur des Rettungsdienstes gleichen in 300 Rettungsdienstbereichen und den über 200 Notfallleitstellen einem Flickenteppich. Es fehlt an einheitlichen Standards, Schnittstellen und Patientensteuerung. Der Rettungsdienst ist selbst zum Notfall geworden. Ohne eine Reform hält die Notfallrettung mit den notfallmedizinischen und gesellschaftlichen Veränderungen nicht mehr mit.
Ursächlich dafür sind insbesondere Fehlanreize in der Finanzierung der Notfallversorgung. Zurzeit sieht das Gesetz nur vor, dass Transporte von Patienten vom Notfallort in eine Klinik abgerechnet werden. Das führt dazu, dass Patienten, die medizinisch besser bereits zu Hause versorgt werden könnten, unnötiger Weise in ein Krankenhaus gebracht werden. Das ist nicht nur teuer und bindet vielfach Kapazitäten der Notfallversorgung, sondern kann im Einzelfall beispielsweise für ältere Patienten, die aus ihrer gewohnten häuslichen Umgebung herausgeholt werden, sogar gefährlich sein. Oft wäre es medizinisch stattdessen sinnvoller, Notfallpatienten durch spezialisiertes Rettungsdienstpersonal oder per Telemedizin ohne einen Transport ins Krankenhaus zu beraten und zu behandeln. Es ist dringend erforderlich, dass Notfallleitstellen in der Lage sind nicht nur Rettungswagen und Notärzte zu entsenden, sondern auch andere Hilfsangebote wie etwa Notfallpflegeteams, psychiatrische Krisenhilfe oder Telenotfallmedizin einsetzen können. Es ist überfällig, dass wir die Finanzierung an die Notfallmedizin anpassen und nicht umgekehrt.