Pressemitteilung vom 20.12.2022

Urteil gegen KZ-Sekretärin ist später Meilenstein der NS-Aufarbeitung

Zum heutigen Urteil gegen eine Sekretärin des NS-Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig erklären Helge Limburg, Sprecher für Rechtspolitik, und Marlene Schönberger, stellvertretendes Mitglied im Rechtausschuss:

Das heutige Urteil im Fall der KZ-Sekretärin ist ein juristischer Meilenstein: Dadurch stellt die deutsche Justiz in aller Deutlichkeit klar, dass auch die Handlungen von Hilfspersonen des KZ-Systems strafbar sind. Damit wird der Apparat des NS-Regimes, der viele der menschenverachtenden Verbrechen erst ermöglichte, in den Blick genommen. Jede Schreibkraft, jeder Wachmann trug als kleines Rädchen im System seinen Teil zur Ermordung von Millionen Menschen bei. Dies sichtbar zu machen, ist auch heute noch Aufgabe der deutschen Justiz.

Die Verurteilung ist vor allem für die Überlebenden und Hinterbliebenen als Nebenkläger*innen wichtig. Sie haben zumindest etwas Gerechtigkeit erfahren. Der Prozess erinnert uns daran, welche furchtbaren Gräueltaten in den Konzentrationslagern begangen wurden: Die menschenunwürdigen Bedingungen im Lager, geprägt durch Hunger und Seuchen, sowie Zwangsarbeit und das systematische Morden durch Gaskammern und Genickschussanlagen.

Auch wenn die juristische Aufarbeitung in diesem Fall sehr spät erfolgte, ist sie ein Erfolg für Demokratie und Rechtsstaat. Viel zu viele Täter*innen des Nazi-Regimes konnten nach der Shoah unbehelligt in der Bundesrepublik Karriere machen. Das heutige Urteil verdeutlicht die Unvollständigkeit der strafrechtlichen Aufarbeitung des Nationalsozialismus und dass die strafrechtliche Verfolgung weitergehen muss, solange noch potentielle Täter*innen am Leben sind.