Statement vom 10.10.2023

Katharina Dröge zum Angriff auf Israel, Antisemitismus in Deutschland sowie zu Vertrauen in Politik und Sicherheit

Anlässlich der heutigen Fraktionssitzung der Grünen Bundestagsfraktion nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge zu den Themen Angriff auf Israel, Antisemitismus in Deutschland sowie Vertrauen in Politik und Sicherheit:

Angriff auf Israel:

Ich begrüße Sie zu diesem Statement, und ich würde mit der Situation in Israel beginnen. Es fällt schwer, die richtigen Worte zu finden angesichts des Grauens und der Erschütterung über die Nachrichten, die uns aus Israel erreichen. Die Terrororganisation Hamas hat mit unfassbarer Brutalität einen Krieg gegen Israel begonnen, und zwar in einer Art und Weise, die maximales Leid erzeugen soll, die sich zielgerichtet gegen die Zivilbevölkerung richtet, gegen die Menschen im Land, mit dem Ziel, so viele jüdische Menschen wie möglich zu ermorden, den jüdischen Staat zu vernichten und dabei so viel Zerstörung und Elend zu erzeugen, wie nur irgendwie möglich.

Wir sind zutiefst erschüttert. Wir trauern mit den israelischen Menschen, mit unseren Freundinnen und Freunden. Wir hoffen und bangen mit den Angehörigen derjenigen, die jetzt als Geiseln genommen und verschleppt wurden. Wir stehen in unverbrüchlicher Solidarität mit Israel – das haben wir dem israelischen Botschafter schon zum Ausdruck gebracht und werden das heute im Rahmen unserer Fraktionssitzung auch noch einmal ganz persönlich mit ihm besprechen. Das Existenzrecht Israels ist deutsche Staatsräson. Das gilt immer, und das gilt gerade jetzt in dieser so schweren Zeit. Das heißt, dass wir alles tun werden, um Israel in dieser schwierigen Zeit zu helfen.

Es ist wichtig, dass die deutsche Bundesregierung diese Unterstützung Israel gegenüber angeboten hat und natürlich ganz klar die Außenministerin direkt am ersten Tag zum Ausdruck gebracht hat, dass es das unverbrüchliche völkerrechtliche Recht Israels ist, sich gegen diese Angriffe, gegen diesen Krieg zu verteidigen und das eigene Land und die eigenen Menschen zu unterstützen und zu beschützen. Es wird diese Woche auch eine Diskussion und ein Zeichen der Solidarität im Deutschen Bundestag geben. Der Kanzler hat eine Regierungserklärung angekündigt, und wir als Ampelfraktionen haben gesagt, dass wir gemeinsam einen interfraktionellen Antrag erarbeiten werden. Wir sind aktuell auch mit Oppositionsfraktionen, mit der Union in Gesprächen. Denn die Unterstützung und die Solidarität mit Israel in dieser schwierigen Zeit, die sollte nicht an parteipolitischen Grenzen enden, sondern es braucht jetzt aus unserer Sicht ein gemeinsames, ein klares und ein unmissverständliches Statement des Deutschen Bundestages, dass wir an der Seite Israels stehen.

Antisemitismus in Deutschland:

Zu unserer Verantwortung gehört auch, dass wir den Antisemitismus, der zunimmt im eigenen Land, in jeder Form bekämpfen, in der er uns begegnet. Deswegen werden wir auf der einen Seite über den Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland sprechen. Wir werden das zum Thema machen im Innenausschuss in dieser Woche. Wir werden an Bund und Länder noch einmal herantreten mit der Frage, ob angesichts der verschärften Sicherheitslage, in der sich viele jüdische Einrichtung furchtbarerweise gerade befinden, die Sicherheitsmaßnahmen ausreichen. Und natürlich wissen wir, dass auch schon jetzt Menschen, jüdische Menschen auf den deutschen Straßen Opfer von Angriffen, von antisemitischen Überfällen werden. Und hier braucht es die gesamte Klarheit des deutschen Rechtsstaates, dass diese Angriffe auch verfolgt werden.

Absolut inakzeptabel, absolut erschütternd ist, wenn Menschen auf deutschen Straßen diese furchtbaren Angriffe der Hamas auch noch feiern. Ich bin froh, dass die Polizei hier in Berlin eingeschritten ist bei diesen Veranstaltungen. Und es ist richtig, dass geprüft wird, in welcher Form solche Vereine verboten werden können, durch das Innenministerium. Hier darf es keine Toleranz und keine Zweideutigkeit geben.

Klarheit braucht es auch gegenüber den Unterstützern der Hamas. Und da ist an erster Stelle der Iran zu nennen, ein Land, ein Regime, das Israel von der Landkarte streichen will und das sehr klar die Hamas in ihrer Terroraktivität unterstützt. Deswegen ist es richtig, noch einmal mit mehr Nachdruck zu verfolgen, dass die Revolutionsgarden als Terrororganisation gelistet werden. Das hat unsere Außenministerin Annalena Baerbock auf europäischer Ebene immer wieder vorangebracht und angemahnt, und dafür werden wir noch mit weiterem Nachdruck auf europäischer Ebene werben.

Natürlich gibt es in den letzten Tagen auch vermehrt Nachfragen mit Blick auf die humanitäre Hilfe in den palästinensischen Gebieten. Ich finde es legitim, dass es diese Fragen in dieser Zeit gibt, und ich finde sehr richtig, wie der israelische Botschafter gestern bei einer Gedenkveranstaltung in einer Synagoge gesagt hat: Niemand hat etwas gegen humanitäre Hilfe. Aber natürlich muss geschaut werden, dass diese Gelder auch wirklich für humanitäre Hilfe ausgegeben werden. Deswegen begrüßen wir, dass die Bundesregierung wirklich sehr regelmäßig prüft, wofür diese Gelder ausgegeben werden, aber dass jetzt angesichts dieser Situation noch einmal ganz genau hingeschaut wird, dass die Gelder für humanitäre Hilfe ausgegeben werden.

Vertrauen in Politik und Sicherheit:

Das zweite Thema, über das ich sprechen möchte, ist ein innenpolitisches Thema: Das ist die politische Situation in Deutschland nach den Landtagswahlen. Die größte Besorgnis, die ich habe nach diesen Landtagswahlen, sind die zu hohen Zustimmungswerte für eine rechtsextreme Partei. In beiden Bundesländern hat die AfD viel zu viele Stimmen bei dieser Wahl bekommen. Es ist eine Aufgabe und eine Herausforderung für alle demokratischen Parteien gemeinsam, hierauf funktionierende Antworten zu geben. Das Ringen darum ist schwer. Meiner Wahrnehmung nach gibt es aktuell in dieser Gesellschaft einen Verlust an Vertrauen bei der Frage, ob es genug Sicherheit und Stabilität gibt. Das ist auch nachvollziehbar, weil dieses Land jetzt in sehr krisenhaften Zeiten ist. Wir haben den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erlebt und damit die Bedrohung von Sicherheit in Europa. Wir erleben jetzt den Angriff der Hamas gegen den souveränen demokratischen jüdischen Staat. Wir erleben auf der anderen Seite Krisen, die schon hinter uns liegen und die trotzdem tief das Vertrauen in unserer Gesellschaft erschüttert haben. Ich denke an die globale Pandemie und auch an die Energiekrise, der jetzt eine Wirtschaftskrise folgt.

Deswegen ist es aus meiner Sicht die wichtigste Aufgabe, die wir alle miteinander haben als demokratische Parteien und natürlich insbesondere als Bundesregierung, dieses Vertrauen in Sicherheit und in Stabilität und in Handlungsfähigkeit von Politik, von Regierung und von Gesellschaft zu bestärken. Und es ist ein bisschen die Tragik dieser Bundesregierung, dass es ganz viel gibt, wo wir handeln, wo wir Sicherheit garantieren, wo wir an guten Lösungen arbeiten, aber dass wir das nicht immer ausstrahlen, dass es diese Sicherheit und diese Gemeinsamkeit gibt. Deswegen ist aus meiner Sicht die größte innenpolitische Aufgabe für die nächsten Monate, Mut, Gemeinsamkeit, Zusammenhalt und Entschlossenheit nach vorne zu stellen, denn dieses Land hat allen Grund dafür, auch angesichts vieler Herausforderungen, genau mit dieser Perspektive auf das zu schauen, was vor uns steht.