Statement vom 31.03.2023

Robin Wagener und Boris Mijatović anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Butscha und dem Rückzug russischer Truppen um Kyjiw

Anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Butscha und dem Rückzug russischer Truppen um Kyjiw erklären Robin Wagener, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, und Boris Mijatović, Sprecher für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe:

„Butscha ist zum Symbol der unfassbaren russischen Gräueltaten geworden. Mit seinen Folterkammern, Massengräbern und 458 Toten, darunter 86 Frauen und neun Kinder, führt uns Butscha immer wieder die Brutalität des russischen Angriffs- und Vernichtungskrieges gegen die ukrainische Zivilbevölkerung vor Augen. Von Zeugenberichten, Bildern, Videos und der forensischen Arbeit der Ermittler*innen wissen wir von den unzähligen gezielten Hinrichtungen, Vergewaltigungen, Verstümmelungen und Folter.

Wladimir Putin belohnte diesen Zivilisationsbruch. Im April letzten Jahres verlieh der Kremlchef der 64. motorisierten Infanteriebrigade, die zu den Einheiten gehörte, die in Butscha wüteten, den Ehrentitel einer »Garde«. Die Begründung »Heldentum und Tapferkeit, Entschlossenheit und Mut« ist Hohn und Spott für alle Opfer und Hinterbliebenen von Butscha.

Ein Jahr nach Butscha müssen wir festhalten: Der russische Besatzungsterror hat System und beschränkt sich nicht nur auf die Vororte von Kyjiw. Aus Irpin, Borodjanka, Motyschyn, Trostnianets, Isjum, Cherson und unzähligen Orten, die Russland besetzt hielt und zum Teil noch hält, erreichen uns regelmäßig erschütternde Berichte über systematische Gewalt gegen Zivilist*innen.

Russland hält fast 20 Prozent der Ukraine besetzt. Für Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer bedeutet die russische Besatzung Terror, Hunger, Folter, gezielte Hinrichtungen, Vergewaltigungen, Filtration, Deportation von Kindern, Umerziehung und Zerstörung der ukrainischen Identität.

Genau deshalb ist Butscha für uns auch eine Mahnung und Auftrag, die Täter zur Verantwortung zu bringen. Von den beteiligten Soldaten und Generälen bis zur politischen Führung des Landes – keiner darf straflos davonkommen. Die ersten Strafbefehle des Internationalen Strafgerichtshofes wegen Kriegsverbrechen und insbesondere der Verschleppung und Entführung von ukrainischen Kindern gegen Wladimir Putin und die „Beauftragte für Kinderrechte“ Maria Lwowa-Belova kann dabei nur der Anfang sein.

Unsere Außenministerin Annalena Baerbock hat im Januar deutlich gemacht, dass es eines parallelen Vorgehens bedarf. Bestehende Rechts- und Rechenschaftslücken müssen durch Ausweitung der Befugnisse des Internationalen Strafgerichtshofes und Reform des Römischen Statutes geschlossen werden. Um auch das Urverbrechen der Aggression, den Beginn des Angriffskrieges, zur Anklage zu bringen, befürworten wir die Gründung eines Sondertribunal. Wenn wir Gräueltaten künftig verhindern wollen, müssen sich die Täter*innen für ihren Zivilisationsbruch verantworten.“