Klima- und Hochwasserschutz

Überschwemmungen in Deutschland

Viele Ortschaften in Deutschland sind akut von Hochwasser bedroht, große Flächen stehen unter Wasser. Hochwassergefahren sind aber kein Schicksal - wir können etwas gegen sie unternehmen. Wir Grüne im Bundestag engagieren uns seit Jahren für Schutz und Vorsorge. Christoph Reichwein | picture alliance
10.01.2024
  • Viele Ortschaften in Deutschland sind derzeit von Hochwasser bedroht, große Flächen stehen unter Wasser. 
  • Wir können Unwetter und Starkregen nicht verhindern, aber wir können uns auf sie vorbereiten und dadurch und durch konsequenten Klimaschutz potenziellen Schaden begrenzen.
  • Dabei helfen natürlicher Klimaschutz und Klimavorsorge sowie umfangreiche Hochwasser- und Bevölkerungs-Schutzmaßnahmen.

Flüsse treten über die Ufer, aufgeweichte Dämme drohen zu brechen, Stadtteile und ganze Orte sind vom Hochwasser bedroht, hunderte Menschen mussten bereits evakuiert werden.

Wir danken den vielen Einsatzkräften und Freiwilligen, die seit den Weihnachtstagen und über das Jahresende hinaus gegen das Hochwasser kämpfen. Wir können froh sein, dass wir sie und ihr Engagement haben.

Auch nachdem das Wasser zurückgegangen ist, die akuten Hilfsmaßnahmen abgeschlossen und erste Schäden behoben sind und die Menschen in ihr Zuhause zurückkehren können, bleiben Extremwetter-Ereignisse auf unserer Agenda. Klimaanpassung und Hochwasservorsorge müssen bei jeglicher Planung berücksichtigt werden.

Hochwassergefahren sind kein Schicksal – wir können etwas gegen sie unternehmen. Bereits nach dem verheerenden Elbehochwasser 2002 haben Umweltminister Jürgen Trittin und wir Grüne im Bundestag ein ambitioniertes Hochwasserschutzgesetz auf den Weg gebracht. Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik waren aber seinerzeit noch nicht bereit zu weitreichenden Maßnahmen. Seither ist viel passiert und viel in Bewegung. Aber es bleibt immer noch viel zu tun. Konkret unternehmen und fordern wir Folgendes:

Klimaanpassungsgesetz

Am 16. November haben die Ampelfraktionen das Klimaanpassungsgesetz beschlossen. Damit schaffen wir einen verbindlichen Rahmen für Bund und Länder und helfen auch Kommunen, mit neuen Herausforderungen umzugehen. Erstmals verpflichten wir alle Träger öffentlicher Aufgaben dazu, die Auswirkungen der Klimakrise und eine entsprechende Anpassung auf allen Ebenen mitzuberücksichtigen sowie die Versiegelung von Böden zu verringern. Nicht benötigter Beton soll weg, sodass unsere Böden wieder atmen und zu Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise werden können.

Da die Herausforderungen und Gefahren der Klimakrise in Stadt und Land sowie regional sehr unterschiedlich sind, sieht das Gesetz große Gestaltungsspielräume für Länder vor. Während Landwirt*innen Hilfestellungen beim Kampf gegen Dürren benötigen und Menschen an unseren Küsten Schutz vor dem steigenden Meeresspiegel, müssen wir Familien in flutgefährdeten Gebieten zielgerichtet davor bewahren, dass ihre Wohnungen und Keller voll Wasser laufen.

Natürlicher Klimaschutz

Die beste Verbündete für den Hochwasserschutz ist unsere Natur. Gesunde Flussauen wirken wie ein Schutzschild gegen Hochwasser. Umweltministerin Steffi Lemke und die Ampelkoalition haben das milliardenschwere Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) auf den Weg gebracht, um großflächig natürliche Hochwasserbarrieren wie Auen, Wälder oder Moore auszubauen. Das Aktionsprogramm enthält insgesamt 69 Maßnahmen in zehn Handlungsfeldern. Für die Finanzierung stehen bis 2026 insgesamt vier Milliarden Euro zur Verfügung.

Wo Städte direkt ans Wasser heranreichen, brauchen wir zusätzliche Investitionen in technischen Hochwasserschutz, wie Deiche und Rückhaltebecken. In Stadt- und Regionalplanung ist noch wichtiger, Aspekte des Hochwasserschutzes zu berücksichtigen. Weniger Versiegelung und mehr grün sollen unsere Städte und Landschaften zu „Schwämmen“ machen, die Wasser aufnehmen, speichern und bei Trockenheit wieder abgegeben können.

Mit dem von der Bundesregierung angekündigten Natur-Flächen-Gesetz und der am 13. Juli im Europaparlament beschlossenen Verordnung zur Wiederherstellung der Natur stehen zwei weitere Initiativen in den Startlöchern, um der Klimakrise den Kampf anzusagen.

Warnung und Bevölkerungsschutz

Im Ernstfall möchten wir, dass künftig die gesamte Bevölkerung verlässlich, verständlich und rechtzeitig gewarnt und gleichzeitig mit konkreten Anweisungen handlungsfähig gemacht werden kann. In den letzten Jahrzehnten wurde das vernachlässigt.

Eine frühzeitige Warnung ist grundlegender Bestandteil sowohl des Zivilschutzes als auch des Katastrophenschutzes und trägt somit wesentlich zur gesamtgesellschaftlichen Resilienz bei. Nur wenn frühzeitig Informationen zur jeweiligen Gefahrenlage vorliegen, können effektive Abwehrmaßnahmen eingeleitet und Menschen geschützt werden beziehungsweise sich selbst in Sicherheit bringen.

Mit der Einführung von Cellbroadcast im Februar 2023 wurde der Warnmix um eine wichtige digitale Komponente ergänzt. Dennoch bedarf es nach wie vor auch des Ausbaus der Warninfrastruktur durch ausreichend Sirenen.

Ein weiteres Problem des Bevölkerungsschutzes ist, dass Strukturen oftmals nicht ausreichend miteinander vernetzt sind, sodass schnelle und effektive Hilfe aus benachbarten Regionen oder benötigte spezielle Einheiten nicht rechtzeitig vor Ort sein können. Bisher fehlt es an einer schlagkräftigen Koordinierungsstelle, die Einheiten von Bund und Ländern im Ernstfall steuert.

Das als Reaktion auf die Katastrophe im Ahrtal geschaffene Gemeinsame Kompetenzzentrum Bevölkerungsschutz (GeKoB) ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es kann diese Koordinierungsarbeit theoretisch übernehmen. Es bedarf jedoch weitergehender Kompetenzen, um im Ernstfall schnell und effizient reagieren zu können.

Hilfe und Versicherung

Wir Grüne im Bundestag setzen uns außerdem mit Nachdruck für bessere Rahmenbedingungen für freiwillige Helfer*innen im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz ein. Wir wollen die Gleichstellung der ehrenamtlichen Helfer*innen und die Helfer*innen der anerkannten Hilfsorganisationen mit den Einsatzkräften von Technischem Hilfswerk und Feuerwehr erreichen. Dabei geht es um die erforderliche Freistellung von den Verpflichtungen am Arbeitsplatz durch Arbeitgeber*innen, Schadensersatzansprüche und soziale Absicherung.

Gleichzeitig müssen wir uns auch damit auseinandersetzen, wie unsere Gesellschaft die finanziellen Lasten der immer häufiger auftretenden Unwetterschäden in den nächsten Jahrzehnten verteilen will. Ohne Versicherungsschutz droht betroffenen Menschen oft der finanzielle Ruin. Vor der europäischen Deregulierung im Jahre 1994 gab es etwa in Baden-Württemberg eine umfassende Elementarschadenversicherung für den gesamten Gebäudebestand, sodass dort auch heute noch 95 Prozent der Haushalte diese – nun freiwillige – Versicherung halten. Im restlichen Bundesgebiet ist die Abdeckung durch Elementarschadenversicherungen sehr niedrig.

Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, dass wir eine signifikante Steigerung der Versicherungsquote in die Breite nicht gänzlich ohne regulierende Maßnahmen erreichen werden. Deshalb halten wir die gesetzliche Verankerung einer Versicherungspflicht für zielführend. Nur ein rechtssicherer Versicherungsanspruch garantiert Betroffenen die notwendige finanzielle Unterstützung im Schadensfall.

Dabei ist uns wichtig, dass Menschen, die heute in Hochrisikogebieten leben, nicht mit unzumutbar hohen Prämien konfrontiert werden und für diejenigen, die die Kosten nicht stemmen können ein sozialer Ausgleich geschaffen wird. Auch für Mieter*innen sollen keine zusätzlichen Belastungen durch eine Pflichtversicherung entstehen.

Es bleibt noch viel zu tun

In diesen Tagen sehen wir, was guter Hochwasserschutz kann: mehr Platz für Flüsse, Rückhalteflächen, gezielte Flutungen, frühzeitige Warnungen, effektive und schnelle Hilfe. Dieser Weg rettet Menschen und unsere Lebensräume, diesen Weg wollen wir konsequent fortführen.

Hochwasservorsorge und Klimaanpassung müssen künftig bei jeglicher Planung noch stärker berücksichtigt werden. Denn auch bei uns werden Fluten und Überschwemmungen häufiger und heftiger. Und es sind weitere Anstrengungen nötig, damit wir bestmöglich gegen solche Folgen der Klimakrise gewappnet sind.

Die wirksamste Maßnahme ist letztlich ein konsequenter Klimaschutz, der die Auswirkungen der Erderhitzung so gering wie irgend möglich hält.