Veröffentlicht am
Verfassungsfeind*innen entwaffnen
- Im Koalitionsvertrag haben wir uns das Ziel gesetzt, Verfassungsfeind*innen konsequent zu entwaffnen.
- Im aktuellen Waffenrecht können Rechtsextreme und andere Verfassungsfeind*innen nur „in der Regel“ keine Erlaubnis zum Waffenbesitz bekommen. Sie können dagegen jedoch vorgehen, um ihre Zuverlässigkeit zu belegen. Und die Waffenbehörden müssen jeden Einzelfall prüfen.
- Die grüne Bundestagsfraktion hat daher ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um Wege aufzuzeigen, wie Verfassungsfeind*innen keine Chance auf legalen Waffenbesitz haben.
Die Ampel-Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel gesetzt, Extremist*innen konsequent zu entwaffnen. Die Razzien gegen Angehörige der Reichsbürger- und rechtsextremen Szene im Dezember 2022 haben uns allen nochmal gezeigt, wie wichtig dieses Vorhaben ist. Denn zum Teil waren die Personen legal im Besitz von Schusswaffen. Doch das Problem weist weit darüber hinaus. Laut einer Recherche von Report Mainz besitzen insgesamt knapp 1.000 Extremist*innen eine oder mehrere waffenrechtliche Erlaubnisse. Die Bundesinnenministerin hat nun angekündigt, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem diese Menschen konsequent entwaffnet werden können. Bisher hat sie allerdings keinen Vorschlag gemacht, der dieses Ziel wirklich erreichen kann.
Lücken schließen
Wer in Deutschland legal eine Waffe besitzen will, muss im Sinne des Waffengesetzes zuverlässig sein. Das heißt, es dürfen keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Antragstellende für eine Erlaubnis zum Waffenbesitz diese gegen unsere Rechtsordnung einsetzen. Hierbei muss man zwischen zwei Stufen der Unzuverlässigkeit unterscheiden. Zunächst gibt es die sogenannte absolute Unzuverlässigkeit. Wer etwa in den letzten zehn Jahren wegen eines Verbrechens zu einer Haftstrafe von einem Jahr oder mehr verurteilt wird, der hat keine Chance auf legalen Waffenbesitz. Doch es gibt noch die sogenannte Regel-Unzuverlässigkeit. Hierunter fallen auch Personen, die persönlich verfassungsfeindliche Aktivitäten betreiben oder Mitglieder von verfassungswidrigen Vereinen oder Parteien sind. Sie gelten als „in der Regel“ unzuverlässig. Man ahnt es bereits: keine Regel ohne Ausnahme. Hier können die Antragstellenden also Gründe vorbringen, warum sie trotz verfassungsfeindlicher Einstellungen und Aktivitäten zuverlässig im Sinne des Waffengesetzes sind. Die Waffenbehörden sind dann verpflichtet, jeden Einzelfall zu prüfen. Hier wollen wir eine Neuregelung erreichen, um sicherzustellen, dass Verfassungsfeind*innen und Extremist*innen keine Chance auf legalen Waffenbesitz haben.
Absolut unzuverlässig
Wie kann man besser als heute sicherstellen, dass Verfassungsfeind*innen nicht legal in den Besitz von Schusswaffen kommen? Zur Klärung dieser Frage hat die grüne Bundestagsfraktion ein Rechtsgutachten bei dem renommierten Verfassungsrechtler Prof. Dr. Klaus Ferdinand Gärditz in Auftrag gegeben. Seine Antwort: verfassungsfeindliche Aktivitäten und die Mitgliedschaft in verfassungswidrigen Parteien oder Organisationen rechtfertigen die Annahme der absoluten Unzuverlässigkeit. Wer also als Rechtsextremist*in bekannt ist, muss damit leben, keine legalen Waffen besitzen zu können. Dafür sind diese Personen potenziell zu gefährlich. Und die Waffenbehörden werden damit deutlich entlastet, da sie sich dann nicht mehr mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob vielleicht ein Ausnahmefall vorliegt, der eine Abweichung von der Regel erfordert. Dies erleichtert die Durchsetzung des Waffenrechts sehr. Für eine Umsetzung dieser Empfehlung werden wir uns im nun beginnenden Gesetzgebungsprozess entschlossen einsetzen, denn man darf den Feind*innen der Demokratie unter keinen Umständen legalen Waffenbesitz ermöglichen.
Mit Blick auf die turnusmäßige Überprüfung von Waffenbesitzer*innen empfiehlt das Gutachten, auch dafür eine Anfrage bei den Verfassungsschutzbehörden verpflichtend festzuschreiben. Seit 2020 findet eine solche Anfrage bei allen Anträgen auf Erlaubnis zum Waffenbesitz statt. Wenn die Erlaubnis davor bereits vorlag, wurde eine solche Anfrage durch die Waffenbehörde nicht verpflichtend nachgeholt. Denn bisher ist im Waffengesetz nur eine allgemeine Verpflichtung an die Behörden festgehalten, eine erteilte Erlaubnis zu überprüfen, nicht aber wie diese Überprüfung bei potenziellen Verfassungsfeind*innen auszusehen hat. Diese Lücke wollen wir schließen.
Dokumente zum Download
Weitere Meldungen zum Thema
Der Gesetzentwurf zur Errichtung der Stiftung „Gedenken und Dokumentation NSU-Komplex“ setzt ein politisches Signal für Erinnerung, Aufarbeitung und Verantwortung.
Wir wollen strukturelle Gerechtigkeitslücken im deutschen Steuersystem gezielt schließen. Durch den Abbau von Steuerprivilegien für wenige Reiche schaffen wir Möglichkeiten für Investitionen in Bildung und Infrastruktur.
Es ist ein wichtiges Zeichen, dass Demokratinnen und Demokraten im Parlament des Landes, das die Shoa zu verantworten hat, gegen Antisemitismus zusammenstehen.
Der Schutz kritischer Infrastrukturen gehört zu den Kernaufgaben des Staates und und ist ein zentrales Thema in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik Deutschlands.
Auch wenn wir uns eine sehr viel schnellere Vorlage gewünscht hätten, begrüßen wir, dass das KRITIS-Dachgesetz nun endlich kommt und der physische und digitale Schutz endlich zusammengeführt wird.