Festabend Renate Künast und Cem Özdemir

Im Deutschen Bundestag

Veranstaltungsdetails

19:00 - 23:00 Uhr
Deutscher Bundestag, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus , Veranstaltungsfoyer 1.101 Adele-Schreiber-Krieger-Str. 1 10117 Berlin
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Über die Veranstaltung

Merci & Dankeschön, Cem & Renate

  • Die grüne Bundestagsfraktion hat mit Renate Künast und Cem Özdemir am 20.5.2025 zwei der prägenden grünen Politiker*innen der vergangenen Jahrzehnte aus dem Bundestag verabschiedet.
  • Etwa 120 Weggefährt*innen kamen ins Foyer des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses, darunter ehemalige und aktive Mitarbeiter*innen, Abgeordnete aus dem Bundestag und Europaparlament, Journalist*innen sowie Vertreter*innen von NGOs und der Zivilgesellschaft.
  • Beide, Künast und Özdemir, bleiben grüner Politik erhalten.

Nein, ein wirklicher Abschied ist das heute nicht, betont die grüne Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge, sondern „der Beginn von etwas Neuem“. Schließlich verlässt Cem Özdemir den Bundestag, um Ministerpräsident von Baden-Württemberg zu werden. Einfach, auch das betont Dröge, war es für ihn als Arbeiterkind, dessen Eltern aus der Türkei ins schwäbische Bad Urach eingewandert sind, nie. Bereits mit 15 Jahren tritt Özdemir den Grünen bei, 1994 wird er erster Bundestagsabgeordneter, später auch erster Bundesminister mit türkischen Wurzeln. „Dein Weg war enorm wichtig für Menschen mit Migrationsgeschichte“, so Dröge, „du hast Identität für Deutschland geschaffen“ und vielen Menschen Mut gemacht und Türen geöffnet. 

Dröge lobt Özdemirs Gelassenheit und seinen Humor, sein Redetalent, seinen beharrlichen Einsatz für seine Überzeugungen und seine Fairness in innerparteilichen Auseinandersetzungen. Dann übergibt sie das Wort an den ehemaligen Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert, der in einer launigen Laudatio Özdemirs politische Biografie und die gemeinsame Zeit nachzeichnet. 25 Jahre parlamentarische Arbeit, davon 20 im Bundestag, fünf im Europaparlament, zehn Jahre Parteivorsitzender, einmal Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl, Bundeslandwirtschaftsminister und nach dem Ampel-Aus auch Bundesminister für Bildung und Forschung in Personalunion: eine „bemerkenswerte politische Laufbahn“, so Lammert. 

„Ich habe noch etwas vor: Ich möchte eine Wahl gewinnen!“, stellt Cem Özdemir sofort klar, als er ans Mikrofon tritt. Und er beweist, was für ein blendender Landesvater er für Baden-Württemberg wäre. Heimat und Herkunft, die Themen seines Lebens, stellt er ins Zentrum seiner Rede. Und gesellschaftliche Offenheit, die so überlebenswichtig für seine Eltern war, und von der der junge Cem profitiert hat. Es dürfe nicht vom Zufall oder glücklichen Fügungen abhängen, ob ein Kind seinen Weg gehen könne. „Es darf nicht darum gehen, wo jemand herkommt, sondern ausschließlich darum, wo jemand hinwill“, sagt Özdemir. Dieser Satz beschreibt auch sein Politikverständnis. Es sei immer wichtig, nicht Trennendes zu suchen, sondern das, was uns verbindet. Denn: „Wenn wir in der demokratischen Mitte einander zuhören und über inhaltliche Differenzen hinweg zum Wohle des Landes zusammenfinden, dann werden wir immer die besseren Antworten geben als die Populisten und Nationalisten.“

Auch Renate Künast ist ein Arbeiterkind und – was viele nicht wissen – in Recklinghausen geboren. „Renate ist jemand, die unglaublich liebevoll und zugleich sehr klar sein kann“, so die Co-Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion Britta Haßelmann in ihrer Würdigung. Das seien Eigenschaften des Ruhrgebiets: „Immer ist spürbar, woher du kommst und wer du bist.“ Deshalb falle der Abschied von Renate so schwer. Haßelmann bewundert, mit welcher Haltung, Zugewandtheit, Energie und Leidenschaft Künast stets für die Würde aller Menschen eingetreten sei. Sie ist sich sicher, dass sie dieses Engagements auch außerhalb des Bundestags fortsetzen wird.

Ganz ähnlich sieht es die ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht Prof. Dr. Susanne Baer in ihrer Laudatio. Künast sei eine Politikerin, die Probleme nicht nur kosmetisch überdecken, sondern strukturell lösen wolle, lobt sie. Mit dem „Künast-Beschluss“ des Bundesverfassungsgerichts, der es Opfern von Hate Speech ermöglicht, die Daten von Social-Media-Hetzer*innen zu erhalten, hat sie 2020 sogar deutsche Rechtsgeschichte geschrieben. Wer kann das schon von sich behaupten? Konsequent ökologisch, feministisch, ethisch fundiert verfolgt sie ihre Ziele, immer mit dem Blick für das Ganze. „Worum geht es eigentlich?“, lautet stets die Leitfrage. „RK“, sagt Susanne Baer, stehe für Renate Künast – und damit zugleich für „regelmäßig kritisch, radikal kreativ, richtig klug“.

Als Juristin mit dem „Wissen von in Paragrafen gegossener Macht“ pflichtet Künast ihr bei. Auch sie hatte es nicht leicht. Nach dem Willen des Vaters sollte auf der Hauptschule Endstation ihrer Bildungskarriere sein. Es kommt anders. Der politische Weg führt sie 1985 zunächst ins Berliner Abgeordnetenhaus und 2001 als Verbraucherschutzministerin ins rot-grüne Kabinett. 2005 dann der Einzug in den Bundestag, wo sie gleich den Fraktionsvorsitz übernimmt. Nun, nach 20 Jahren, der Abschied. 

Wie viel Feuer noch in ihr steckt, zeigt Künast, als sie auf die Zeitenwende zu sprechen kommt, die viel mehr sei als nur eine Milliardenhilfe für das Militär. Schließlich verändert sich gerade so vieles in rasantem Tempo: das Klima, die digitale Welt, die Angriffe auf Grundrechte und die Demokratie … „Sollen wir uns dafür entschuldigen, dass wir die Menschenrechte achten und von der Gleichheit aller Menschen ausgehen? Nein!“, ruft sie in den Saal. Wo Grundrechte in Gefahr sind, ist der entschlossene Widerstand von Renate Künast nicht weit. „Ihr werdet noch von mir hören“, verspricht sie den Zuhörenden, die sie mit heftigem Applaus bedenken.

Die Gelegenheit, gleich vor Ort mit ihr und Cem Özdemir bei Fingerfood und kalten Getränken ins Gespräch zu kommen, nehmen viele Gäste dankbar wahr. Es geht auf Mitternacht zu, als die Letzten das Get-together verlassen. Hier sind Künast und Özdemir erstmal fertig. Das Neue beginnt.

Mit dabei aus der Fraktion

Katharina Dröge
 

Fraktionsvorsitzende

Britta Haßelmann
 

Fraktionsvorsitzende