Nicht sicher, nicht willkommen? Islamfeindlichkeit in Deutschland
Veranstaltungsdetails
Über die Veranstaltung
- Anlässlich des Tages gegen Muslimfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus am 01. Juli haben wir uns als bündnisgrüne Bundestagsfraktion in einem gutbesuchten Fachgespräch im Bundestag mit den Zahlen zur Islamfeindlichkeit in Deutschland 2024 befasst und geeignete Maßnahmen dagegen in den Blick genommen.
- Die Islamfeindlichkeit ist auf ein nie gekanntes Niveau gestiegen: Die von CLAIM (Allianz gegen Muslimfeindlichkeit) erhobenen Vorfälle sind im vergangenen Jahr noch einmal um 60% im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Dunkelziffer bleibt hoch.
- Islamfeindlichkeit ist nicht allein ein Problem der Muslim*innen selbst. Es ist ein Problem für unsere Demokratie, wenn das zentrale Freiheit- und Gleichheitsversprechen nicht für alle Mitglieder unserer Gesellschaft eingelöst wird.
Ein Problem für die ganze Gesellschaft
In dem Fachgespräch ist erneut deutlich geworden: Islamfeindlichkeit (bzw. die Feindschaft gegenüber Menschen, die als Muslime gelesen werden) ist in der Mitte der deutschen Gesellschaft angekommen. Für Muslim*innen sind islamfeindliche Vorfälle Alltag. Insbesondere die extreme Rechte befeuert dies erfolgreich, gleichzeitig wirbt sie aber für patriarchale Rollenbilder, die auch in muslimischen Milieus zu finden sind. Aber auch in den Medien werden oft stereotype Bilder des Islams und von Muslim*innen reproduziert. Muslim*innen werden als „Anderen“ markiert und – wiederum besonders im rechtsextremen Spektrum, aber zunehmend bis in bürgerliche Kreise hinein – zum Sicherheitsproblem gemacht. Bedrohungen der Sicherheit von Muslim*innen werden dagegen meist ausgeblendet. Dabei muss es doch um Sicherheit für alle gehen und um die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe.
Die Zahlen sind alarmierend
Gemeinsam mit Rima Hanano, Leitung von CLAIM - Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit; Waqar Tariq, Vorstandsmitglied des Liberal-Islamischer Bund e.V. und Ayten Kılıçarslan, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende vom Sozialdienst muslimischer Frauen e.V. konnten wir die neusten Zahlen von CLAIM zu islamfeindlichen Vorfällen aus dem Jahr 2024 diskutieren Sie belegen eine alarmierende Zunahme von antimuslimischen Vorfällen im vergangenen Jahr: Insgesamt 3080 Übergriffe sind verzeichnet. Das ist ein Anstieg von 60% gegenüber dem Vorjahr. Pro Tag sind das durchschnittlich fast acht Fälle. Nach dem furchtbaren widerlichen Terrorangriff der Hamas vom 07. Oktober 2023 gegen israelische Zivilisten ist in Deutschland parallel zum drastischen Anstieg von Antisemitismus auch die Islamfeindlichkeit auf ein nie gekanntes Niveau gestiegen. Besonders nach mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlägen steigen die Zahlen oft sprunghaft an. Selbst nach dem aus Islam-Hass motivierten Anschlag von Magdeburg stiegen die Zahlen, weil der Täter aufgrund seiner Herkunft als Muslim gelesen wurde. Erschreckend ist auch die gestiegene Brutalität antimuslimischer Vorfälle. Die Zahl der Körperverletzungen stieg zum Beispiel auf 198 Fälle, sogar zwei Tötungsdelikte wurden erfasst. Besonders betroffen sind vor allem Frauen im öffentlichen Raum und Kinder im Bildungsinstitutionen. Das führt zu einer massiven Verunsicherung und Gefährdung muslimischen Lebens in Deutschland. Unter Muslim*innen schwindet Vertrauen in politische Repräsentant*innen massiv. Die Zahlen zeigen: Islamfeindlichkeit ist keine Randerscheinung. Sie bedroht die Sicherheit, die Teilhabe und letztlich unsere Demokratie. Zugleich fehlen aber sowohl die Sensibilisierung und Möglichkeiten in den Behörden, die Vorfälle flächendeckend erheben zu können als auch Anlauf- und Meldestellen, in denen Opfer sich beraten und betreuen lassen können.
Forderungen an Politik und Gesellschaft
Letzteres ist eine der ersten und zentralen Forderungen an die Politik: Sowohl die Erhebung antimuslimischer Vorfälle endlich auskömmlich zu unterstützen als auch Anlaufstellen für Opfer von Islamfeindlichkeit auszubauen. Damit das Problem realistisch erfasst werden kann, braucht es zudem eine eigene Kategorie „Islamfeindlichkeit“ in der Polizeilichen Kriminalstatistik, damit die Vorfälle nicht weiter beispielsweise unter „rechtsextreme Gewalt“ subsummiert und damit unsichtbar gemacht werden. Insgesamt ist eine deutlich bessere Datenlage über Muslim*innen in Deutschland erforderlich und es sollte eine feste Definition für Islamfeindlichkeit für die Behörden verankert werden. Darüber hinaus braucht es eine differenziertere Darstellung muslimischen Lebens in seiner Vielfalt, nicht nur in der Politik, sondern auch in den Medien. Das bedeutet in erster Linie auf Augenhöhe mit Muslim*innen zu sprechen, ihre Anliegen ernst zu nehmen und auf die Tagesordnung zu setzen. Übergeordnetes Ziel muss es sein, das vielfältige muslimische Leben in Deutschland zu fördern, Strukturen aufzubauen und Sichtbarkeit und Teilhabe zu schaffen.
Veranstalter
FB 3-Koordinationsbüro (Freiheit, Demokratie und vielfältige Gesellschaft)
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
TEL 030/227 58900
fachbereich3@gruene-bundestag.de
Programm
Begrüßung
Misbah Khan MdB
Stellv. Fraktionsvorsitzende
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion
Marcel Emmerich MdB
Sprecher für Innenpolitik
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion
Politische Einführung
Lamya Kaddor MdB
Beauftragte für Religionspolitik
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion
Panel: Nicht sicher. Nicht sichtbar. Nicht willkommen? Über Islamfeindlichkeit in Deutschland
Rima Hanano
Leitung
CLAIM - Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit
Waqar Tariq
Vorstandsmitglied
Liberal-Islamischer Bund e.V.
Ayten Kılıçarslan
Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende
Sozialdienst muslimischer Frauen e.V.
Moderation: Lamya Kaddor MdB
Kleines Get-together
Ende der Veranstaltung