Roadmap Renaturierung
Eine gesunde Natur macht uns weniger anfällig für Hochwasser, Hitzewellen und andere Folgen der Klimakrise. Mit einer Roadmap Renaturierung und Klimaanpassung wollen wir auf dem erfolgreichen Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) aufbauen und Natur wiederherstellen. Dazu gehört die langfristige Sicherung des ANK, Anreize für wiedervernässte Moore und Auen, Vorranggebiete für Naturschutz, die Stärkung des Meeresschutzes und eine gesicherte Finanzierung für Klimaanpassung vor allem in Kommunen.
Die wachsende Klimakrise und das dramatische Artensterben sind die größten Bedrohungen unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Ohne Bäume gibt es keine saubere Luft, ohne Wälder und Wiesen kein reines Grundwasser, ohne gesunde Böden und ohne Bestäuber keine guten Ernten. Diese überlebenswichtigen Naturgüter werden wir nur über stärkere Anstrengungen in der Klima-, Umwelt- und Naturschutzpolitik langfristig sichern. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien und technische Ansätze allein reichen nicht aus, um Klimaziele zu erfüllen und erfolgreiche Klimaanpassung umzusetzen. Wir brauchen intakte Ökosysteme, die den Klimafolgen trotzen und gleichzeitig zum Klimaschutz beitragen. Wiedervernässte Moore, naturnahe Wälder oder renaturierte Auen wie in Lenzen an der Elbe sind nicht nur hervorragende Kohlenstoffspeicher, sondern können zunehmende Extremwetter wie Starkniederschläge und Hochwasser abpuffern. Gleichzeitig sind sie wertvolle Erholungsorte und Lebensräume für viele bedrohte Arten. Bäume sind natürliche Klimaanlagen für Städte und steigern den Aufenthaltswert. Investitionen in naturbasierte Lösungen bei Klimaschutz und Klimaanpassung erzielen so einen vielfachen Nutzen und sichern eine gute Zukunft auch für kommende Generationen.
Was wir erreicht haben
Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) und dem Klimaanpassungsgesetz haben wir Grüne in der Ampelregierung wichtige Weichen gestellt, um solche Win-Win-Lösungen voranzubringen. Das ANK ist mit über 3,5 Milliarden Euro Gesamtvolumen eines der größten Natur- und Klimaprogramme überhaupt hierzulande. Die mehrfache Überzeichnung der Förderrichtlinie für Natürlichen Klimaschutz in Kommunen und die stark wachsende Nachfrage auch in anderen Teilen des ANK durch Unternehmen und Umweltverbände zeigen, dass die Gesellschaft die großen Chancen naturbasierter Lösungen erkannt hat. Das Klimaanpassungsgesetz sorgt flächendeckend dafür, dass Klimarisiken wie absinkendes Grundwasser, Überflutungsrisiken durch Starkregen oder Hitzeinsel-Effekte erkannt und Anpassungsstrategien entwickelt werden. Damit ist die Basis gelegt, um die Klimaanpassung als neue Querschnittsaufgabe der Daseinsvorsorge erfolgreich zu meistern. Auf Bundesebene stärken wir den Naturschutz mit gezielten Artenhilfsprogrammen sowie einem Einschlagstopp in alten Buchenwäldern des Bundes. Wir haben Mindeststandards für die ökologische Gestaltung von PV-Freiflächenanlagen im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verankert und mit der Einführung von zwei neuen Ökoregelungen zugunsten von Weidetierhaltung und Biotopverbünden mehr ökologischer Anreize in der Agrarförderung gesetzt.
Was noch zu tun ist
Das anhaltend dramatische Artensterben und die immer stärker sichtbar werdende Verwundbarkeit für Klimafolgen wie aktuell durch Hochwasser gefährdet unser aller Wohlstand und Lebensqualität. Wir brauchen einen neuen Regulierungs- und Anreizrahmen, der natürlichen Klimaschutz und Naturschutz systematisch und sektorübergreifend in Konkurrenzen mit anderen Interessen und Nutzungsansprüchen stärkt. Gleichzeitig wollen wir betroffene Akteure wie Kommunen und Landwirtinnen und Landwirten als Bündnispartner für diesen ökologischen Wandel gewinnen und Konflikte konstruktiv und fair mit neuen Konzepten lösen, die Ökologie und Ökonomie nachhaltig in Einklang bringen. Dazu wollen wir mit einer Roadmap Renaturierung und Klimaanpassung beitragen.
Was wir in der kommenden Wahlperiode anpacken wollen:
- Erweiterung und Verstetigung des Anktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) über 2028 hinaus: Das ANK ist schon jetzt eine Erfolgsgeschichte, die wir langfristigen verstetigen und fortschreiben wollen, um dem sich schon heute abzeichnenden hohen Bedarf auch über 2028 hinaus gerecht zu werden. Denn jeder Euro rentiert sich hier vielfach. Trockengelegte Moorböden und Torfnutzung sind mit 7,5 Prozent der deutschen Treibhausemissionen ein Treiber der Klimakrise. Um das zu ändern, ist eine jährliche Wiedervernässung von vielen tausend Hektar nötig. Voraussetzung ist eine ökonomisch überzeugende Nutzungsperspektive dieser Flächen, etwa über Paludikulturen (u.a. Rohrkolben, Schilf), PV-Nutzung oder Teilnahme am Kohlenstoffzertifikate-Handel. Um solche Wertschöpfungsmodelle in der Praxis zu etablieren und die Wiedervernässung über bestehende Pilotprojekte hinaus zu realisieren, sind erhebliche öffentliche Förderungen nötig. Landwirt*innen brauchen Planungssicherheit und ökonomisch tragfähige Bewirtschaftungsmodelle, damit sie sich beteiligen. Dies muss sich in einem neuen ausgebauten Schwerpunkt des ANK widerspiegeln.
- Einführung einer Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung: Dringende öffentliche Investitionen in Klimaschutz und Klimaanpassung, drohen bislang an einer mangelnden Finanzierung zu scheitern, da viele Kommunen nicht die nötigen zusätzlichen Mittel dafür aufbringen können. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund geht von einem jährlichen Bedarf von acht Milliarden Euro hierfür aus. Es darf aber nicht sein, dass die Menschen in ärmeren Kommunen mehr Hitze, Hochwassergefahr oder Wassermangelrisiken ausgesetzt sind als in wohlhabenden Gemeinden. Um die flächendeckende Finanzierung sicherzustellen und Planungssicherheit zu schaffen, muss in der kommenden Wahlperiode zusammen mit den Ländern eine grundgesetzkonforme Grundlage im Rahmen einer Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung geschaffen werden. Zur Finanzierung sollen Einsparungen aus dem systematischen sozialverträglichen Abbau klima- und umweltschädlicher Subventionen herangezogen werden. Dafür kann eine Expert*innenkommission Umsetzungsvorschläge erarbeiten.
- Ein breit aufgestelltes Renaturierungsgesetz: Um unser Naturerbe zu retten und die ambitionierten Ziele des Weltnaturabkommens von Montreal und des EU-Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur umzusetzen, ist ein umfassendes Renaturierungsgesetz nötig. Wir dürfen nicht zulassen, dass Rote Listen immer länger werden und bislang heimische Arten nur in noch in Dokus aus der Vergangenheit zu sehen sind. Auch kommende Generationen sollen noch die Chance haben, Kiebitz, Mopsfledermaus und Apollo-Falter mit eigenen Augen zu bewundern. Dafür brauchen wir Flächenzielvorgaben für Naturschutzvorhaben und die Einführung von Naturschutz-Vorranggebieten analog dem Windflächenbedarfsgesetz ebenso wie Beschleunigungsmaßnahmen, die Hürden und Verzögerungen bei der Umsetzung von Naturschutzprojekten abbauen. Um mehr Bäche, Flussläufe und Auen zu renaturieren, braucht es mehr Kompetenzen der Umweltbehörden und eine höhere Gewichtung des Umweltrechts beim Management von Gewässern. Wir setzen uns zudem dafür ein, dass das Umweltrecht bei den Bundeswasserstraßen einen stärkeren Stellenwert bekommt und auch in den laufenden Planungen stärker Berücksichtigung findet. Bundeswasserstraßen müssen als lebendige Ökosysteme anerkannt werden, auch der Naturschutz braucht hier eine gleichberechtigte Zuständigkeit. Nötig sind auch mehr Ressourcen für den Vertragsnaturschutz, um eine naturfreundliche Landwirtschaft in Schutzgebieten und angrenzenden Pufferzonen unter möglichst weitgehendem Düngungs- und Pestizidverzicht attraktiv zu machen.
- Integratives Meeresschutzgesetz: Mit einem integrativen Meeresschutzgesetz wollen wir die Lebensräume in Nord- und Ostsee stabilisieren, die derzeit in zahlreichen Nutzungskonflikten den Kürzeren ziehen. Damit sichern wir gleichzeitig das Meer als Naturraum, Erholungsgebiet und Kohlenstoffspeicher. Unbeschwerter Badeurlaub an Nord- und Ostsee soll weiterhin selbstverständlich bleiben – ohne Sorge vor veralgten Stränden oder ökologisch toten Zonen durch Sauerstoffmangel, weil zu viel Dünger aus den Äckern in unsere Meere gespült wurden. Das erhält auch die langfristige Lebensgrundlage der heimischen Fischerei. Wir wollen dafür den Flächenentwicklungsplan sowie die marine Raumordnung neu aufstellen und stärken. In Entscheidungsprozessen wollen wir den Vertreter*innen von Umwelt und Natur mehr Gewicht verleihen. In Planungen wollen wir den Ökosystemansatz sowie das Vorsorgeprinzip fest verankern.
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