Pressemitteilung vom 09.05.2022

Die syrische Zivilgesellschaft braucht weiterhin unsere Unterstützung

Aus Anlass der Brüssel-VI-Konferenz „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“ ausgerichtet von der Europäischen Union am 9. und 10. Mai erklärt Lamya Kaddor, stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss:

Elf Jahre nach Beginn des friedlichen Aufstands der Syrer*innen gegen ihr unterdrückerisches Regime und dem daraus entstandenen Krieg ist die humanitäre Lage der Menschen vor Ort weiterhin dramatisch. Die Unterstützung der mutigen Zivilgesellschaft in Syrien, die sich unter schwierigsten Bedingungen engagiert und mitunter weiter gegen Diktator Assad protestiert, bleibt essenziell. Das sind diejenigen Menschen, die die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nie aufgegeben haben. Deshalb müssen wir sie auch weiterhin unterstützen, auch jenseits der medialen Aufmerksamkeit. Zugesagtes Geld der internationalen Gemeinschaft muss auch bereitgestellt werden. Die Brüsseler Syrien-Konferenz, an der namhafte Vertreter*innen der syrischen Zivilgesellschaft teilnehmen, bietet erneut die Chance zu zeigen, dass wir trotz des Krieges vor unserer Haustür in Europa das Leid der Syrer*innen nicht vergessen werden.

Eine Normalisierung mit diesem reformunwilligen, brutalen Regime darf es nicht geben. Auch darf die internationale Gemeinschaft die Gräueltaten, die in Syrien seit elf Jahren geschehen, nicht unbeantwortet lassen. Die Verantwortlichen von Kriegsverbrechen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Dies schulden wir den unzähligen Opfern von Gewalt, Folter und Ermordung durch das Assad-Regime. In dem weltweit ersten Prozess um staatlich angeordnete Folter in Syrien hatte das Oberlandesgericht Koblenz Anfang dieses Jahres einen Angeklagten zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein erster wichtiger Schritt, auf den weitere folgen müssen.

Humanitäre Hilfe für Syrer*innen darf nicht durch Erpressung der Veto-Mächte Russland und China im UN-Sicherheitsrat verzerrt, umgelenkt und zum Teil unmöglich gemacht werden. Im Juli dieses Jahres muss über eine neue Cross-Border-Resolution im Sicherheitsrat abgestimmt werden, die essenziell für die Lieferung humanitärer Hilfsgüter über die türkische Grenze in den Norden Syriens ist. Sollte dies scheitern, könnte das neue Fluchtbewegungen in Gang setzen und zum Leid von Millionen Menschen führen.

In Syrien sind mehr als 15 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, 90 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Mehr als 5,5 Millionen Syrer*innen mussten seit Kriegsbeginn aus ihrem Land fliehen, viele davon auch nach Deutschland. Zudem leben 6,7 Millionen Flüchtlinge im eigenen Land, davon alleine 2,5 Millionen Kinder, die vergeblich auf eine Verbesserung ihrer Lebensperspektiven warten. Covid-19 und die massiven Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die Ernährungssicherheit im Nahen Ostens haben die Lage zusätzlich verschlimmert.