Pressemitteilung vom 01.06.2022

Hybride Bedrohungen und Einflussnahmen aus dem Ausland entgegentreten, Rechtssicherheit für Sicherheitsbehörden gewährleisten und zivile Verteidigung sicherstellen

Zur heute beginnenden Konferenz der Innenminister*innen (IMK) in Würzburg erklärt Lamya Kaddor, Sprecherin für Innenpolitik:

Es ist ein gutes Zeichen, dass sich die IMK nun auch intensiv mit der großen Aufgabe des Zivil – und Bevölkerungsschutzes befasst und die hybride Bedrohung sowie Einflussnahmen aus dem Ausland ernst nimmt. Die Wiederaufnahme der AG Hybride Bedrohungen zwischen Bund und Ländern ist deshalb begrüßenswert.

Klar ist für uns, dass wir eine nationale Sicherheitsstrategie brauchen, die einen erweiterten Sicherheitsbegriff zur Grundlage hat und uns auch gegen hybride Angriffe und mögliche Beeinträchtigungen der Kritischen Infrastrukturen (KRITIS) wappnet. Wir Grüne wollen eine strategische Neuausrichtung und zügige Umsetzung der Konzeption „Zivile Verteidigung“, die wir schon im Koalitionsvertrag angelegt haben, und die wir jetzt angesichts der aktuellen Situation in Fragen nationaler Sicherheit noch weiter anpassen müssen.

Für uns ist klar: Auch der Zivil- und Bevölkerungsschutz braucht dringend mehr Geld. Es wäre der Herausforderung angemessen, wenn ein so wichtiges Thema nicht zum Gezerre zwischen dem BMI und den Ländern wird. Es ist ein grüner Verdienst, dass der Sicherheitsbegriff in der Debatte nicht allein auf Militärisches verkürzt, sondern umfassend gefasst wurde. In diesem Sinne haben wir angestrebt, die Cybersicherheit aus dem Sondervermögen zu finanzieren, was aber mit der Union im Bund nicht möglich war. Deshalb ist es nun an uns allen, auf anderem Weg für eine solide finanzielle Grundlage des Zivil- und Bevölkerungsschutzes zu sorgen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat angekündigt, über den Sommer eine Strategie zur Stärkung der Cybersicherheit zu entwickeln; da wird es einen zweistelligen Milliardenbetrag brauchen. Sicherheit kostet nun mal, das weiß die Innenministerin genauso wie ihre Kolleg*innen der Länder.

Die IMK liegt genau richtig, wenn sie feststellt, dass es einen unverändert hohen Handlungsbedarf mit Blick auf den Rechtsextremismus und zunehmender antisemitischer Hetze gibt. Auch Hass und Hetze im Netz und in Messenger-Diensten sowie Straftaten im Zusammenhang mit den Coronaprotesten als ernste Bedrohung anzuerkennen und stärker dagegen vorzugehen, ist richtig und wichtig.

Allerdings muss eines klar sein: Bürgerrechte gelten immer, strafrechtliche Instrumente wie die anlasslose Vorratsdatenspeicherung, die verfassungsrechtlich erwiesenermaßen nicht umsetzbar ist, brauchen wir nicht wieder und wieder aus der Mottenkiste staatlicher Abwehr gegen Verfassungsfeinde herauszuholen. Aus gutem Grund haben wir das „Quick-Freeze“-Verfahren im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Dabei werden Internetprovider erst bei einem Anfangsverdacht aufgefordert, Daten zu einzelnen Teilnehmern für einen bestimmten Zeitraum zu speichern. Das ist der einzig gangbare, weil rechtssichere Weg. Auch für die allgemeine Identifizierungspflicht bei der Nutzung sozialer Netzwerke wissen wir jetzt schon, dass sie mit geltendem Recht schlicht unvereinbar ist. Sicherheitsbehörden brauchen nicht wahllose Instrumente, sondern rechtssichere Verfahren für ihre Arbeit. Die IMK wäre gut beraten, dementsprechende Beschlussvorlagen anzupassen.