Pressemitteilung vom 13.10.2021

Katrin Göring-Eckardt und Dr. Anton Hofreiter: Das Ende des Bundeswehr-Einsatzes darf nicht ein Ende unserer Verantwortung für Afghanistan bedeuten

Zum Großen Zapfenstreich zur Würdigung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr erklären die Fraktionsvorsitzenden Katrin Göring-Eckardt und Dr. Anton Hofreiter:

Heute würdigen wir die deutschen Soldatinnen und Soldaten, die in den letzten zwanzig Jahren in Afghanistan im Einsatz waren. In diesen Tagen sind uns besonders diejenigen vor Augen, die im August 2021 unter schwersten Bedingungen bedrohte Menschen aus Kabul gerettet haben. Anerkennung zollen wir ebenso den Polizist*innen, zivilen Hilfskräften und Mitarbeiter*innen von Entwicklungsorganisationen. Unser Dank gilt auch den afghanischen Ortskräften, die Seite an Seite mit unseren Einsatzkräften gearbeitet haben. Wir müssen alles dafür tun, dass sie und andere bedrohte Menschen weiterhin gerettet werden können.

Der heutige Tag ist auch ein Tag des Innehaltens. Wir gedenken der Menschen, die in Afghanistan ihr Leben gelassen haben. 59 deutsche Soldat*innen sind gefallen, Soldat*innen unserer westlichen Verbündeten sowie tausende Soldat*innen des afghanischen Militärs. Wir gedenken auch der tausenden Zivilist*innen, die diesem Krieg zum Opfer gefallen sind. Unsere Gedanken sind bei ihren Angehörigen. Unser Mitgefühl gilt allen körperlich und psychisch verletzten Menschen, bei denen der Krieg tiefe Wunden hinterlassen hat.

Der Afghanistaneinsatz muss auch aus diesem Grund unabhängig evaluiert werden. Dazu sind wir den Soldatinnen und Soldaten verpflichtet.

Die Ereignisse in Afghanistan verdeutlichen die Verantwortung der Politik, Streitkräfte nur in solche Einsätze zu senden, deren Ziele klar definiert und erreichbar sind. Wir wollen die Beteiligungsrechte des Bundestages stärken, denn sicherheits- und verteidigungspolitische Debatten gehören ins Parlament und damit in die Mitte unserer Gesellschaft. Die Verankerung der Bundeswehr als Parlamentsarmee gehört zu den Grundpfeilern der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Ein militärischer Einsatz kann helfen, Gewalt einzudämmen, nicht aber Frieden selbst schaffen.

Der Einsatz hat auch eine positive Entwicklung in Afghanistan geschaffen. Eine ganze Generation von Afghaninnen und Afghanen ist in einem freieren und gerechteren Land aufgewachsen als ihre Vorfahren. Diese Erfahrung lässt sich nicht auslöschen.

Heute sind die humanitären Bedingungen in Afghanistan allerdings katastrophal. Das Ende des Bundeswehr-Einsatzes darf darum nicht ein Ende der deutschen Verantwortung in Afghanistan bedeuten. Deshalb werden wir uns auch weiterhin für gute humanitäre Hilfe und freien Zugang für Hilfsorganisationen einsetzen, ohne dass die Taliban bei notwendigen Gesprächen politisch aufgewertet werden.